Stadt kauft MFG-5-Gelände: Kiel hat große Pläne in Holtenau

Nicht weniger als das „Kiel des 21. Jahrhunderts“ schwebt dem Oberbürgermeister Ulf Kämpfer vor, wenn er vom ehemaligen MFG-5-Gelände in Holtenau-Ost spricht. Es ist ein Sahnestück der Stadtentwicklung: direkt an der Förde, mit Blick auf die Ostsee, 70 Hektar groß, mit 26 Hektar Wald, einem beachtlichen Baumbestand und 19 denkmalgeschützten Gebäuden. Den Zugriff auf das ehemalige Militärgebiet hat Kiel sich am Dienstag verschafft. Die Stadt hat das „Sanierungsgebiet Holtenau-Ost“ nach anderthalbjährigen Verhandlungen für 30 Millionen Euro gekauft. Verkäufer ist der Bund, genauer die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima). Raymund Karg, der Leiter der Bima-Hauptstelle Verkauf in Rostock, und Kämpfer haben ihre Unterschriften unter den Kaufvertrag gesetzt. Die Tinte ist trocken. Jetzt startet der städtebauliche Wettbewerb: Schon Anfang 2021 soll nach Kämpfers Angaben der städtebauliche Wettbewerb für den neuen Stadtteil starten. 15 ausgewählte Planungsbüros werden beteiligt. Die Vorgabe: ein nachhaltiges, klimaneutrales und innovatives Konzept für ein Mischgebiet mit 1800 Wohneinheiten, Gewerbe, Dienstleistungen, Kitas, Sport- und Freizeiteinrichtungen, Tourismus sowie Naherholung, angebunden an den öffentlichen Personennahverkehr einschließlich Fährverbindung in den Innenstadt. Ende 2021 soll das Konzept stehen. In der ersten Hälfte des Jahrzehnts soll das 70 Hektar große Areal entwickelt werden, in der zweiten Hälfte der Hochbau entstehen. In zehn Jahren sollen laut Kämpfer die ersten Wohnungen und Gewerbeflächen bezogen werden. Anbindung an die B 503: Holtenau-Ost soll die Stadtteile Holtenau und Pries-Friedrichsort vernetzen. Zur verkehrlichen Entlastung umliegender Stadtteile ist eine Anbindung an die B503 geplant. Über die Flächen des ehemaligen MFG-5-Geländes hinaus bezieht Holtenau-Ost den bisherigen Außenstandort Kiel des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes (WSA) Ostsee, den sogenannten Tonnenhof, mit ein. Der WSA-Standort wird von der Holtenauer Reede in den Plüschowhafen verlegt und im Anschluss ebenfalls von der Stadt erworben. Lesen Sie auch: So teuer wird das MFG-5-Gelände für Kiel „Sieben Jahre nach dem Abzug des Marinefliegergeschwaders 5 aus Schleswig-Holstein eröffnet sich die Chance, erneut Geschichte zu schreiben – ein Stück Zukunftsgeschichte Kiels“, jubiliert Kämpfer. Den Kaufpreis muss Kiel nicht allein stemmen. Im Rahmen der Städtebauförderung unterstützen Bund und Land mit je zehn bis zwölf Millionen Euro. Der Anteil der Stadt beträgt rund 7,5 Millionen Euro. Das sagt die Innenministerin: Die schleswig-holsteinische Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack hebt den Wohnungsbau hervor: „Besonders freut es mich, dass 1800 Wohneinheiten entstehen, davon 30 Prozent im sozial gebundenen Wohnungsbau.“ Das werde „ein spürbarer Beitrag sein, um die Wohnsituation in Kiel zu entspannen.“ Die Ministerin verteidigt einen der größten Städtebauzuschüsse, die das Land je geleistet hat, mit den Worten: „Das ist ein positiver Drive für ganz Schleswig-Holstein. Unsere Landeshauptstadt strahlt in das ganze Land hinaus.“ Das sagt die Stadtbaurätin: Das Projekt ist ganz nach dem Geschmack von Doris Grondke. Die Stadtbaurätin frohlockt: „Holtenau-Ost soll sich durch Innovation in der Architektur und dem öffentlichen Raum, durch seine Unverwechselbarkeit und eine hohe Lebensqualität auszeichnen.“ Das sagt die Bima: Auch der Verkäufer ist glücklich. Die Bima verstehe sich als Partner der Kommunen, sagt deren Konversionsvorstand Paul Fietz. „Wenn es gelingt, dass ehemals militärisch genutzte Areale einen neuen, zivilen Zweck erfüllen und zusätzlich ein Beitrag zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum geleistet wird, dann ist das ein Erfolg für alle Beteiligten“, so Fietz. Schattenseite Altlastensanierung: Die Schattenseite des MFG-5-Deals spricht keiner der Beteiligten von sich aus an: die Altlasten. Der Sanierungsbedarf im Boden ist noch nicht vollständig ermittelt. Neun Gutachten lägen der Stadt dazu bisher vor, sagt Kämpfer. „Wir wissen viel, wir wissen noch nicht alles.“ Bima-Mann Fietz findet: „Die Altlastenfrage darf uns nicht handlungsunfähig machen.“ Klar ist, dass die Bima bis zur Höhe des Kaufpreises 90 Prozent der Sanierungskosten trägt.