Stadtbahn in Kiel: Jetzt geht es an die Trassenplanung

Das Planungsbüro Rambøll hat seinen deutschen Hauptsitz in Hamburg. Das Stadtbahnkompetenzzentrum sitzt in Karlsruhe. Dessen Leiter Nils Jänig hat neben seiner Expertise einen weiteren unschätzbaren Vorzug: Er ist Kieler. Der 51-Jährige stammt aus Düsternbrook und hat 1988 an der Kieler Gelehrtenschule sein Abitur gemacht. Er kennt hier jede Straße. Immer wenn der Diplom-Ingenieur jetzt dienstlich in seine Heimatstadt zurückkehrt, übernachtet er in seinem Elternhaus. Rambøll hat sich gegen drei andere ausgewählte Planungsbüros durchgesetzt: Rambøll hat sich in der europaweiten Ausschreibung der Trassenstudie am Schluss gegen drei andere ausgewählte Planungsbüros durchgesetzt. Auf der Referenzliste stehen Projekte wie die Straßenbahn in Kiels dänischer Partnerstadt Aarhus und in Odense, der Bahnring 3 in Kopenhagen und der Straßenbahnring von Helsinki, die Stadtregionalbahn Nürnberg-Erlangen sowie die Stadtbahnen in Jerusalem und Tel Aviv. Im Klartext: Die wissen, was sie tun. Als lokalen Partner hat Rambøll zudem das Kieler Büro Merkel Ingenieur Consult gewonnen. Lesen Sie auch: Gutachter empfehlen eine Tram für Kiel Das Kernnetz der Stadtbahn soll rund 35 Kilometer lang werden. Zwei Jahre soll die Trassenplanung in Kiel dauern. Dann kann die Kieler Ratsversammlung Ende 2022 zweierlei entscheiden: die Trassenführung und das Verkehrssystem. Dahinter verbirgt sich die Frage, ob es eine schienengebundene Straßenbahn oder ein Busrapidtransportsystem (BRT) ohne Schienen wird. Klar ist, dass die Fahrzeuge ungestört von anderen Verkehrsteilnehmern auf eigener Trasse durch Kiel fahren werden. Noch ist offen, ob das System auf Schienen fährt oder nicht: Trassenplaner Jänig versichert, dass er vorbehaltlos und ergebnisoffen beide Systemvarianten prüft. Der Vorzug des BRT liege darin, dass es billiger und schneller zu bauen sei. Jänig weiß aber auch: „Das BRT hat sich in Europa nicht durchgesetzt.“ Außer Turku in Finnland und Nantes in Frankreich fallen ihm keine Beispiele ein. In Deutschland gibt es BRT bislang gar nicht. Der Vorzug einer schienengeführten Straßenbahn liege darin, so Jänig, dass laut Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz bislang allein Schienenbahnen vom Bund gefördert werden. Hier setzt der Kieler Oberbürgermeister Ulf Kämpfer an und rechnet vor: „70 Prozent Förderung von Bund, vielleicht 20 Prozent Förderung vom Land – das wäre für Kiel günstiger, als weiter in Busse zu investieren.“ Kämpfer irritiert auch nicht, dass in Wiesbaden gerade eine Stadtbahn an einem Bürgerentscheid gescheitert ist. In der hessischen Landeshauptstadt stimmten am 1. November 62,1 Prozent der Wähler gegen den Bau einer Citybahn. Die Wahlbeteiligung lag bei 46,2 Prozent. Die Straßenbahnlinie sollte das Stauproblem in der Innenstadt lösen und Wiesbaden mit Mainz, Bad Schwalbach und Taunusstein verbinden. Hauptargumente dagegen waren die Kosten und der Verlust von Parkplätzen. In diesen Korridoren sollen die Trassen verlaufen Die Trassenstudie für eine Stadtbahn in Kiel fußt auf einer Grundlagenstudie, in der die mögliche Nachfrage nach einer Stadtbahn untersucht worden war. Danach hat ein hochwertiges ÖPNV-System vor allem auf drei Korridoren in Stadtteilen mit vielen Bewohnern und Beschäftigten Potenzial. Die Achsen führen von Dietrichsdorf über den Hauptbahnhof in die Wik, von der Fachhochschule am Ostufer über den Hauptbahnhof zur Universität und weiter nach Suchsdorf sowie von Elmschenhagen über den Hauptbahnhof nach Mettenhof. Mögliche Weiterführungen in den Kieler Süden und Norden sollen in der Trassenstudie mitgedacht werden. Stadtbahnteam verspricht: Die Bürger werden mitgenommen: Der Kieler Oberbürgermeister verweist darauf, dass die Citybahn in Wiesbaden stets ein parteipolitischer Zankapfel gewesen sei, während in Kiel alle Parteien sich zur Stadtbahn bekennen. Außerdem sei in Wiesbaden eine breite Bürgerbeteiligung versäumt worden. Sie ist nach Überzeugung des Projektteams in Kiel gewährleistet. Kämpfer freue sich, dass beispielsweise die Geschäftsleute an der Holtenauer Straße im Prinzip mit im Boot seien. Experte Jänig bestätigt, dass zweierlei überlebenswichtig sei: „Die Bürger offen mitnehmen, das Projekt entschlossen vorantreiben.“ Hinterzimmerpolitik und Projektpausen seien Gift. In Kiel sieht der Zeitplan dies vor: Nach der Trassen- und Systementscheidung Ende 2022 sollen 2023 die Genehmigungs- und Detailplanung sowie 2027 der Bau beginnen. 2030 soll wieder eine Stadtbahn durch Kiel fahren – zum ersten Mal seit dem 4. Mai 1985, als die Linie 4 als letzte Linie eingestellt wurde. Lesen Sie auch: Stadtbahn oder Schnellbus? Wo und wie? Der Kieler Projektleiter Christoph Karius spricht von einem „engen Zeitplan“. Er treibt im Büro des Oberbürgermeisters die Stadtbahn voran. Welche Bedeutung dem Vorhaben dort beigemessen wird, belegt eine Beförderung: Karius leitet jetzt eine vierköpfige Stabsstelle, zu der außer ihm die Stadtplaner Torben Groß und Holger Wesselmann sowie für Bürgerbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit die Journalistin Anne Steinmetz gehören.

Stadtbahn in Kiel: Trassenplanung startet - Aarhus-Erfahrung soll helfen