Straßenbau in Kiel: Bund beginnt Vorplanung der Südspange

Ungeachtet der zuletzt aufgeflammten Proteste mit angeketteten Aktivisten im Vieburger Gehölz treibt der Bund die Planung der Autobahn 21 und der Südspange auf Kieler Stadtgebiet voran. Seine Verkehrsgesellschaft Deges hat für den Ausbau der B 404 zur A 21 zwischen Kronsburg und Barkauer Kreuz sowie für den Neubau der vierspurigen B 202 (Südspange) jetzt Ingenieurbüros mit der Erstellung der Vorplanungsunterlagen beauftragt. Dazu gehört eine neue Machbarkeitsstudie, in der das Gebiet rund um die A-21-Trasse weiträumig betrachtet wird. Die Südspange bleibt darin eine mögliche Variante. „Auf der Basis aktueller Daten soll ein vertiefter Variantenvergleich vorgenommen werden“, sagt Deges-Sprecher Christian Merl. „Dabei können auch neue oder abgewandelte Varianten entwickelt werden.“ Die letzte Studie dazu stammt von 2016. A 21 und Südspange sind "vordringlicher Bedarf": „Der Ausbau der B 404 zur A 21 bis zum Barkauer Kreuz ist ein laufendes und fest disponiertes Projekt des Bundesverkehrswegeplans 2030“, betont Merl. Auch „die Südspange ist ein Projekt des vordringlichen Bedarfs“. Beide Straßenbauvorhaben sollen danach bis 2030 realisiert sein. Zum jüngsten Widerstand in Kiel verweist die Deges nur allgemein auf ihre Praxis, schon vor einem förmlichen Genehmigungsverfahren betroffene Kommunen, Bürger und Verbände informell zu beteiligen. „Oft können auf diesem Wege Vorbehalte abgebaut und Planungen an lokale Gegebenheiten angepasst werden“, sagt Merl. „Im förmlichen Planfeststellungsverfahren werden dann die verbleibenden Einwände erörtert, abgewogen und entschieden.“ Lesen Sie auch: Südspange – Das sagt die Kieler Politik Lesen Sie auch: Kommentar von Michael Kluth – Lastenräder reichen nicht Der Ostring II muss warten: Eine Ostuferentlastungsstraße, in Kiel meist Ostring II genannt, gehöre nicht zum Planungsauftrag, sagt Merl. Sie stehe auch nicht im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans 2030, sondern sei „ein Projekt des weiteren Bedarfs ohne Planungsrecht“. Im Klartext: Vor 2030 nimmt die Deges einen Ostring II nicht in Angriff. Auch diese Entlastungsstraße ist ein Projekt des Bundes. Ein Radweg an der Autobahn? Die Stadt Kiel ist an den Verfahren lediglich als „Trägerin öffentlicher Belange“ beteiligt. „Beim Bundesfernstraßenausbaugesetz handelt es sich um ein Gesetz des Deutschen Bundestages“, sagt Stadtsprecherin Kerstin Graupner. Städtische Ziele könnten bei der Planung berücksichtigt werden. „Zum Beispiel ist angestrebt, zusammen mit der A 21 auch eine Premiumradroute in den Kieler Süden zu realisieren.“ Das hat die Kieler Ratsversammlung beschlossen: Wie die Stadt Kiel sich zum Ausbau der B 404 und zur Südspange positioniert, steht in einem Ratsbeschluss vom 8. Juni 2017. Darin begrüßt die Ratsversammlung beide Projekte. „Sie spricht sich für die zügige Planung und Realisierung aus“, heißt es wörtlich. Die Ratsversammlung bittet den Oberbürgermeister, die Planungsbehörde „bestmöglich zu unterstützen, damit dort die erforderlichen Planungsschritte beginnend mit der Vorplanung schnellstmöglich vorangetrieben werden können“. Und weiter: „Eine Fertigstellung beider Projekte deutlich vor dem Laufzeitende des aktuellen Bundesverkehrswegeplans in 2030 ist für die wirtschaftliche und verkehrliche Entwicklung in der Landeshauptstadt Kiel zwingend erforderlich.“ Graupner sagt: „Für die Landeshauptstadt Kiel ist der Beschluss der Ratsversammlung bindend.“ Kooperation hält sich die Sache offen: In ihrem Kooperationsvertrag von 2018 halten die Mehrheitsfraktionen SPD, Grüne und FDP die Haltung zu den beiden Verkehrsprojekten recht offen: „Wir werden das weitere Verfahren konstruktiv unterstützen und insbesondere sicherstellen, dass die betroffenen öffentlichen und privaten Belange umfassend in den Planungs- und Abwägungsprozess einfließen und eine frühzeitige und breite Öffentlichkeitsbeteiligung stattfindet.“ Ulf Kämpfer freut sich über eine Lösung ohne Südspange: Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) sagt: „Niemand kann ausblenden: Der Bund baut gerade vor den Toren der Stadt eine Autobahn – ob wir es gut finden oder nicht. Nun muss fachlich geklärt werden, mit welcher Variante sie an Kiel angeschlossen werden kann. Wenn es einen Weg gibt, die Verkehrsprobleme ohne Südspange zu lösen, bin ich der erste, der sich darüber freut.“ Vielen Menschen sei aber gar nicht bewusst, dass es um ein Projekt des Bundes gehe. „Den Aktivisten kann ich deshalb nur sagen: Hängt euch nicht an die Bäume im Vieburger Gehölz, sondern an die Balustrade der grünen Bundesgeschäftsstelle. Sollte es nächstes Jahr Koalitionsverhandlungen mit ihnen geben, sind die Grünen der richtige Adressat für die Forderungen der Autobahngegner.“ Die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (Deges) ist eine Projektmanagementgesellschaft. Sie wurde am 7. Oktober 1991 gegründet, um die Planung und Baudurchführung der „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“ schneller zu realisieren, als es mit den Straßenbauverwaltungen der Länder möglich gewesen wäre. Ein Beispiel ist die Ostseeautobahn A 20 in Mecklenburg-Vorpommern. Ab Ende der 1990er-Jahre wurden der Gesellschaft zusätzliche Aufgaben übertragen, etwa die Realisierung von Autobahnzubringern sowie weiterer Bundes- und Landesstraßen. Gesellschafter der Deges waren bei der Gründung der Bund und die Rhein-Main-Donau AG mit je 25 Prozent sowie die damals neuen Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen mit je zehn Prozent. 1995 verkaufte die Rhein-Main-Donau AG ihre Beteiligung. Neue Mitgesellschafter wurden 2007 Hamburg, 2008 Schleswig-Holstein, 2009 Bremen, 2010 Hessen sowie 2014 Berlin, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Seitdem sind der Bund mit 29,08 Prozent sowie die zwölf Bundesländer mit je 5,91 Prozent an der Gesellschaft beteiligt. Als Nächstes soll die Deges in die neue Autobahn GmbH des Bundes integriert werden und dort als „Geschäftsbereich Großprojekte“ ihre Projekte fortführen. Weitere Kieler Nachrichten lesen Sie hier