Studentenjob: Merle Dölle hat den richtigen Riecher

Kellnern, verkaufen und babysitten – typische Studentenjobs gibt es wie Sand am Meer. Doch es gibt auch andere Beispiele: Ich werde dafür bezahlt, was für andere selbstverständlich ist. Ich verdiene mein Geld mit dem Riechen. Als Geruchsprüfer der Firma Olfasense beurteile ich verschiedene Gerüche, mal aus der Landwirtschaft, mal aus der Industrie. Man muss den richtigen Riecher haben: Der Geruchssinn ist einer von fünf Sinnen, mit denen wir unsere Umgebung wahrnehmen. Er warnt uns vor verdorbenen Lebensmitteln, vor Giftstoffen und Feuer. Aber er hilft uns auch bei der Partnerwahl – und oft beweisen wir bei Entscheidungen „den richtigen Riecher“. Auch bei Olfasense geht man immer der Nase nach. Das Unternehmen ist spezialisiert auf die Messung von geruchlichen Eigenschaften von Produkten und Materialien, aber auch auf Umweltgerüche aus Industrie, Entsorgungsunternehmen und Landwirtschaft. Deos, Körperpflegeprodukte und Kunststoffe sowie Emissionen aus Tierhaltung, Biogasanlagen und der Abfallentsorgung werden genauer unter die Nase genommen. Hier geht es vor allem um Materialtests, aber auch darum, Produkte zu optimieren. Allein für diese Verbesserungen werden pro Jahr 300 Projekte für 120 Kunden organisiert. Olfasense führt jedoch auch Ringversuche zur Überprüfung fremder Untersuchungsergebnisse durch und verkauft eigene Instrumente. Wie gut funktioniert das Deo? Neben 30 festangestellten Mitarbeitern machen Aushilfen, zum Beispiel Studenten, die als Prüfer oder Proband arbeiten, einen wichtigen Teil der Projekte aus. Während Prüfer ihre Nase benutzen, um Gerüche wahrzunehmen und zu bewerten, stellen Probanden ihre Achseln als Testareal zu Verfügung, um die Wirksamkeit von Deos zu testen. Ich bin seit fast einem Jahr bei Olfasense als Prüfer tätig. Die menschliche Nase ist bislang die einzige Möglichkeit, um Gerüche zu messen. Ich habe bereits an verschiedenen Messungen teilgenommen: an Achseln fremder Menschen gerochen, freiwillig an Windeln oder Inkontinenzproben geschnuppert oder stundenlang meine Nase ins „Olfi“ gesteckt. Das Olfaktometer ist ein eigens von Olfasense entwickeltes Gerät, mit dem man Geruchsschwellen und -intensitäten bestimmen kann. Hartes Training für die Nase: Zu meinen Aufgaben gehören aber auch das Beschreiben der Hedonik, also wie angenehm oder unangenehm ein Geruch ist, sowie die Beschreibung des Geruchscharakters. Oft ist es allerdings gar nicht so einfach, einen bestimmten Geruch zuzuordnen oder gar das passende Adjektiv dafür zu finden. Um das zu trainieren, wird einmal im Monat ein „Intensitätstraining“ angeboten. So wie Sportler ihre Muskeln trainieren, müssen auch Prüfer ihre Nase ständig sensibilisieren und für ihre Aufgaben schulen. Und genauso, wie Pausen beim Sport wichtig sind, ist es als Prüfer immer wichtig, die Nase während einer Messung mit Kaffee oder der eigenen Kleidung zu neutralisieren, damit sie sich nicht zu sehr an den zu messenden Stoff gewöhnt und die Messergebnisse ungenau werden. Durchschnittsnasen sind gefragt: Bevor ich als Geruchsprüfer loslegen konnte, musste erst einmal getestet werden, ob ich überhaupt geeignet bin für den Job. Hier geht es nämlich nicht darum, besonders gut riechen zu können. Eine „Durchschnittsnase“ ist gefragt, eine, die mit dem Großteil der Bevölkerung übereinstimmt. Das ist wichtig, um Messergebnisse repräsentativ und vergleichbar zu machen. Riechen kann zwar jeder, das heißt allerdings nicht, dass der Job als Prüfer ein Kinderspiel ist. Es erfordert einiges an Konzentration, um zum Beispiel kleinste Unterschiede in der Luft wahrnehmen zu können. Oft kommt es vor, dass ich einen Geruch kenne, aber mir fehlen die passenden Worte, um ihn zu beschreiben. Da die Gerüche häufig unangenehm sind, sollte man auch nicht zu zimperlich sein. Manchmal ist man stundenlang damit konfrontiert. Eine Messung kann mehrere Stunden oder auch mal ein paar Tage dauern. Erkältung? Unerwünscht! Aber ich kann mir meine Arbeitszeit frei einteilen – und mir aussuchen, an welchen Messungen ich teilnehme. Dadurch lässt es sich gut mit meinem Studium vereinen. Allerdings führt die kleinste Erkältung dazu, dass ich nicht arbeiten kann. Wenn ich von meiner Arbeit erzähle, reagieren die Menschen oft erstaunt und neugierig zugleich. Ein sicheres Gesprächsthema hat man auf jeden Fall. Es ist ein abwechslungsreicher und spannender Nebenjob, für den man auf jeden Fall den richtigen Riecher braucht. Merle Dölle gehört zu den Autoren auf dem KN-Collegeblog. Dort berichten Studenten über Studium, Freizeit und Trends auf dem Campus. Mehr unter collegeblog.kn-online.de Von Merle Dölle

Studentenjob - Ich habe den richtigen Riecher