Telekom baut in Kiel aus: Glasfaser für 60 Prozent der Haushalte

„Die ehrgeizigen Investitionspläne der Deutschen Telekom für Kiel sind ein starkes Signal. Der Zugang zur digitalen Zukunft wird damit vor die Türen und in die Häuser der Stadt gelegt“, sagte Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD). In Kiel ist die Versorgung mit schnellem Internet insgesamt zwar gut. „Für die meisten ist das, was es gibt noch ausreichend. Mit der Betonung auf dem Wörtchen noch“, so Kämpfer. Bei dem absehbar steigenden Bedarf an Übertragungsgeschwindigkeiten werde sich das aber schnell ändern. 2000 Haushalte gelten als unterversorgt: In Kiel liegen vor allem Kupfer- und Koaxialkabel. Laut Breitbandatlas des Bundesministeriums für digitale Infrastruktur wären in der Landeshauptstadt für 90 Prozent der Haushalte sogenannte Gigabit-Anschlüsse mit 1000 Megabit pro Sekunde im Download verfügbar. Als unterversorgt gelten nur 2000 über das Stadtgebiet verteilte Haushalte, die bislang mit weniger als 30 Mbit/s auskommen müssen. Die Corona-Pandemie, in der viele Menschen plötzlich im Home-Office saßen und Kinder digital beschult wurden, hat die Nachfrage nach schnellem Internet noch einmal befeuert. „Mit der Digitalisierung wächst der Datenverkehr ständig auch im privaten Umfeld. Deswegen gehört ein leistungsstarker Glasfaseranschluss jetzt und für die kommenden Generationen in jedes Haus, in jede Wohnung und Gewerbeeinheit“, sagt Hagen Rickmann, Geschäftsführer Geschäftskunden bei der Telekom Deutschland. Kämpfer: Noch weit entfernt von flächendeckender Versorgung: Bisher seien zwar beispielsweise die Kieler Schulen oder der Wissenschaftspark bereits an das schnelle Netz angebunden. Die Zahl der Privathaushalte in Kiel, die mit Glasfaser versorgt sind, liegen laut dem Oberbürgermeister aber im einstelligen Bereich. Ein Blick in den Breitbandatlas verrät, dass in Mettenhof, der Wik, Neumühlen-Dietrichsdorf und Wellingdorf die Dichte an FTTB/H-Anschlüsse besonders hoch ist. Die Abkürzungen stehen für Fibre to the building und Fibre to the home – also Kabel, die bis ins Gebäude oder die Wohnung reichen. Auch in Elmschenhagen, Holtenau und Suchsdorf sind einige Haushalte schon damit ausgestattet. „Von einer flächendeckenden Versorgung sind wir weit entfernt“, so Kämpfer. „Ich bin sehr froh, dass unsere intensiven Gespräche mit Investoren nun Früchte tragen.“ Investorenkonferenz weckte am Markt Interesse: Ein Gutachten aus dem Jahr 2019 hatte ergeben, dass die Landeshauptstadt für eine flächendeckende Versorgung einen Betrag in zweistelliger Millionenhöhe hätte in die Hand nehmen müssen. Geld, das Kämpfer nicht in der Kasse hatte. Im vergangenen Herbst führte die Stadt deshalb nach Beratung mit dem Breitband Kompetenzzentrum des Landes eine Investorenkonferenz durch. „Das hat den Markt richtig aufgeweckt“, so der Oberbürgermeister. Am Ende blieb eine handvoll ernsthafter Interessenten übrig. Mit der Telekom konnte sich die Landeshauptstadt zuerst einigen. Sie wolle nun in drei Wellen bis zu 60 Prozent der Haushalte in Kiel mit Glasfaser abdecken. „Das Tolle ist, dass die Telekom stadtteilweise vorgehen will und nicht nur gestückelt in einzelnen Straßenzüge Glasfaser verlegen will“, so Kämpfer. Im Frühjahr soll es am Südfriedhof, in Brunswik und am Exerzierplatz mit 100 Kilometer Kabel losgehen. In der zweiten Etappe sollen 2022 unter anderem Wellingdorf, Elmschenhagen und Ellerbek dran sein. „Uns war es wichtig, dass das Ostufer nicht vergessen wird.“ Wenn das Ausbauprojekt erfolgreich läuft, will die Telekom weitere Stadtteile in Angriff nehmen. Lesen Sie auch: Kommentar von Anne Holbach – Glasfaser sollte für alle verfügbar sein Andere Telekommunikationsfirmen sollen nachziehen: Technologieminister Bernd Buchholz (FDP) gratulierte der Stadt zu diesem wichtigen Schritt, sie sei nun gut gerüstet für die Zukunft. „Das ist ein tolles Signal und sollte Ansporn sein für alle Städte im Land, sich ebenso für den Glasfaserausbau einzusetzen.“ Zugleich appellierte Buchholz an die Telekom, endlich Mitglied im Bündnis für Glasfaserausbau zu werden. Für ihn sei bei der Architektur des digitalen Netzes von zentraler Bedeutung, dass es nichts und niemanden benachteilige, sagte Frank Hornschu, DGB-Chef der Kiel Region. „Die demokratische Mitbestimmung und Mitgestaltung beispielsweise durch die Ortsbeiräte und Ratsversammlung dürfen in keinem Fall eingeschränkt werden.“ Das Netz müsse den Menschen und der Gemeinwohlorientierung ohne Einschränkung dienen. „Wir stoßen damit in Kiel das Tor auf für eine neue Infrastruktur“, so Kämpfer. Er geht davon aus, dass bald andere Telekommunikationsanbieter nachziehen. „Wir versuchen die Investoren miteinander zu vernetzen, so dass sie kooperieren und sich nicht kannibalisieren.“ Die Telekom habe versichert, dass ihre Wettbewerber später auch die Infrastruktur nutzen können. Es gebe weitere Unternehmen, die konkrete Ausbauplanungen für Kiel haben, unter anderem das skandinavische Unternehmen Global Connect. Die Firma betreibt schon länger in Kiel für Geschäftskunden ein Glasfasernetz und will nun auch Privatkunden erreichen.