Theodor-Heuss-Ring in Kiel: Ab Sonnabend gibt es wieder freie Fahrt

Zuvor gibt es zwischen Freitagabend, 21 Uhr, bis Sonnabendmorgen, 5 Uhr, zwar noch eine Vollsperrung, damit die Baustellen geräumt werden können. Die Zeit des täglichen Staus in Richtung Eckernförde wäre dann aber beendet. „Das hat Nerven gekostet“, sagt Oberbürgermeister Ulf Kämpfer. „Man hat gemerkt, wie wichtig diese Hauptschlagader ist.“ Auch der „Überflieger“ ist ab dem Wochenende wieder geöffnet, bei dem sich die Stadt ein neues System überlegt hat. Künftig soll eine „Zuflussregelungsanlage“, die mit einer klassischen Ampelanlage vergleichbar ist, beim Einfädeln von der B 404 aus Richtung Süden auf die B 76 helfen. Nach einer einwöchigen Testphase, die Montag beginnt, möchte die Stadt das System endgültig aktiv schalten. Der Theodor-Heuss-Ring ist im Bereich des Barkauer Kreuzes mit häufig mehr als 100.000 Fahrzeugen innerhalb von 24 Stunden der meistgenutzte Straßenabschnitt in Kiel. Ab Mitte Februar beginnen die Bauarbeiten in Richtung Plön: Die Freude über die freie Fahrt wird jedoch nur wenige Wochen dauern. „Voraussichtlich ab Mitte Februar 2021 wird es wieder zu Einschränkungen für den Verkehr kommen“, teilte die Stadt gestern mit. Der Grund ist sehr einfach: Die Instandsetzungsarbeiten, die in den vergangenen Monaten den Verkehr in Richtung Eckernförde behindert haben, werden dann in die Gegenrichtung fortgesetzt. Auch dort geht es dann um Korrosionsschutzarbeiten an den Stützwänden des 1967 fertiggestellten Waldwiesenkreisels sowie die Erneuerung von Geländern. „Das war immer klar und auch so kommuniziert“, sagt Tiefbauamtsleiter Peter Bender. Diese Baumaßnahme ist bis Ende Oktober 2021 angesetzt. In der Folge muss dann noch der Überflieger Richtung B 404 saniert werden. Auch dafür verspricht Kämpfer: „Wir werden gucken, dass wir es sehr effizient gestalten und transparent kommunizieren.“ Lesen Sie auch: Umwelthilfe: Luftfilter auf Radwegen sind rechtswidrig Groß ist die Hoffnung der Stadt, dass die deutlich verbesserte Luftqualität im zu Ende gehenden Jahr nicht nur durch die Dauerbaustelle zu erklären ist: „Das wird sich jetzt natürlich auswirken“, räumt Kämpfer ein. Aber die städtischen Berechnungen basierten auf einem Theodor-Heuss-Ring ohne Baustelle. Der Beweis steht nun in den nächsten Wochen an. Neben den vielfach diskutierten Luftabsauganlagen, die seit Oktober laufen, wurden im gesamten Abschnitt zwischen Lübscher Baum und Hamburger Chaussee die Oberflächen des Gehwegs und des Radwegs mit „fotokatalytischem Pflaster“ ausgestattet. Das Tiefbauamt spricht von einer „Zuflussregelungsanlage“ (ZRA). Der Laie wird die Dinger schlicht „Ampel“ nennen. Schließlich zeigen sie in den vertrauten Farben Rot, Gelb, und Grün, ob Autos weiterfahren dürfen oder halten müssen. Je zwei sind ab nächster Woche an der Einfahrt und der Ausfahrt des „Überfliegers“ in Betrieb, zunächst im Rahmen eines einwöchigen Tests. „Ziel ist es, Stop-and-go-Wellen auf der Hauptfahrbahn zu verhindern und das Einfädeln von Zubringer B 404 ohne Störungen zu ermöglichen“, heißt es in einer Mitteilung der Stadt. Die Steuerung erfolgt auf Basis von Echtzeitdaten. Die Anlage soll also nur aktiviert werden, wenn es das Verkehrsaufkommen erfordert, das künftig im Abschnitt des Barkauer Kreuzes über Induktionsschleifen in der Hauptfahrbahn ermittelt wird. Das klingt nicht nur smart, es ermöglicht auch eine Förderung vom Bund, weil es vom „Förderprogramm Digitale Verkehrssysteme“ unterstützt werden kann. Mit dem Einsatz der neuen Ampeln wird der letzte Schritt in einer langen Reihe von Veränderungen gegangen, die in diesem Jahr zur Verbesserung der Luftqualität eingeleitet worden sind. Das Tempolimit wurde von 70 auf 50 Kilometer pro Stunde gesenkt. Mehrere Zu- und Abfahrten im Bereich des besonders belasteten Straßenabschnitts sind inzwischen gesperrt. Und auch die Streckenführung von Lkw, die im Kieler Hafen die Fähren verlassen, wurde so geändert, dass der Theodor-Heuss-Ring entlastet wird. Auch ein spezieller Anstrich soll Stickoxidbelastung senken: Außerdem hat das Tiefbauamt eine 80 Zentimeter hohe Betonschutzwand errichtet, die Fußgänger und Radfahrer schützen soll. Auch hier gibt es diesen speziellen Anstrich. „Unter Einwirkung von Sonnenstrahlen aktiviert das Titandioxid in der Oberfläche Sauerstoff in der Umgebungsluft“, heißt es in einer Erklärung der Stadt. Wenn die Abgase auf die Oberfläche treffen, beginnt die chemische Reaktion zwischen Stickoxid und dem aktivierten Sauerstoff. Es entsteht Nitrat, das bei Regen ausgewaschen wird. Lesen Sie auch: Stadt Kiel fördert Lärmschutzfenster Im Oktober, dem ersten Monat mit Luftfilteranlagen, lag die Stickoxidbelastung nur noch bei knapp 20 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Zum Vergleich: Im Oktober 2019 betrug der Wert 45,5 Mikrogramm und lag damit deutlich über der magischen 40-Mikrogramm-Grenze, die mit dem neuen Luftreinhalteplan auf Dauer unterschritten werden muss. „Wir sind über Plan“, ist sich Kämpfer bereits sicher: „Wir sehen, dass die Luftfilter tatsächlich funktionieren.“ Etwas mehr als 600.000 Euro kosten die sechs Absauganlagen. Rund die Hälfte der Summe wird vom Land gefördert. Die Stadt rechnet mit jährlichen Wartungskosten in Höhe von 30.000 Euro. Aber natürlich gehört zur Gesamtbewertung des Jahres 2020 auch ein Corona-Effekt, der zu weniger Autoverkehr geführt hat. Mit den freien Fahrbahnen müssen sich auch Zugfahrer aus Richtung Preetz auf eine Veränderung einstellen: Das zusätzliche Zugpaar, das in den vergangenen Monaten auf der Strecke nach Kiel eingesetzt worden war, entfällt nach Abschluss der Bauarbeiten am 30. November.