Unmut über Parken: Stadt Kiel verteilt nun gelbe Karten

„Es wird immer schlimmer.“ Eine 86 Jahre alte Dame schiebt auf der Lensahner Straße mit ihrem Einkaufsroller in Richtung Rewe-Markt und steht plötzlich vor einem Transporter, der auf dem Gehweg kaum 50 Zentimeter Platz lässt. Die Rentnerin muss auf die Fahrbahn ausweichen. Und hoffen, dass die Autofahrer Verständnis für ihre missliche Lage zeigen. „Mir ist das Vorgehen unverständlich“, äußert sich hingegen ein Anwohner, der dieser Tage einen gelben Zettel an seinem Auto fand. „Gelbe Karte“ steht darauf, und „Glück gehabt“, heißt es. Freundlich und in lockerem Tonfall macht das städtische Ordnungsamt darauf aufmerksam, dass das Auto falsch, weil teilweise auf dem Gehweg geparkt gewesen sei. Diesmal drücke man noch ein Auge zu, bei der nächsten Kontrolle gehe es jedoch ans Portemonnaie. Anwohner fühlen sich unschuldig: Der Anwohner aus Gaarden-Süd fühlt sich jedoch unschuldig und betont: „Seit zwanzig Jahren gab es keinerlei Probleme mit den parkenden Autos, und nun wird ohne vorherige Information Strafe angedroht? Die Straßen im Wohngebiet sind sehr schmal. Es ist unmöglich, dass alle Fahrzeuge auf der Straße parken und den Gehweg frei lassen. Es wäre auch dann unmöglich, wenn auf der Straße nur einseitig geparkt würde. Selbst dann kämen die Fahrzeuge der Müllabfuhr und der Feuerwehr nicht an den parkenden Autos vorbei.“ Lesen Sie auch: Straßenverkehrsordnung: Neue Regeln auf den Straßen von Kiel Ganz ähnlich sieht es ein Mann, der um die Ecke in der Ascheberger Straße zu Hause ist. „In meinen Augen ist das Abzockerei“, schimpft er und berichtet, dass es in dem Quartier zwischen Ostring und Bielenbergstraße seit eh und je sehr eng hergeht. Vor 40 Jahren schon habe die Stadt versucht, mit ausgewiesenen Flächen für versetztes Parken das Chaos in den Griff zu bekommen. Vergeblich. Also plädiert der Rentner für eine Art Regelverletzung mit Rücksichtnahme. Wer auf dem Gehweg parkt, sodass für Rollstühle und Kinderwagen genug Platz bleibt und zugleich größere Autos auf der Straße vorankommen, macht aus seiner Sicht alles richtig. Beschwerden: Autofahrer nehmen keine Rücksicht: Schlecht nur, dass im Rathaus zuletzt immer wieder Klagen über einen Mangel an genau solcher Rücksichtnahme ankamen. Den Fußgängern auch noch das letzte bisschen Platz nehmen, Sehbehinderte durch Parken in Kurven lebensgefährlichen Situationen aussetzen, nicht zugelassene Autos komplett auf dem Bürgersteig abstellen, all das gibt es in dem Viertel Tag für Tag zu sehen. Man komme beim besten Willen nicht umhin, die Überwachung in diesem Bereich zu verstärken, wirbt die Pressestelle der Stadt um Verständnis und weist im selben Atemzug Abzocke-Vorwürfe zurück. Zunächst mache man ja – im Gegenteil – die Falschparker auf die Rechtslage und bevorstehende Kontrollen aufmerksam. Erst danach müsse dort „im Falle des unerlaubten Gehwegparkens mit Verwarnungen und Verfahren gerechnet werden“. Und mehr noch: Wer es gar zu heftig übertreibt, dessen Auto könnte bald auch am Abschlepphaken baumeln, lautet die Mahnung aus dem Rathaus. Kennen Sie schon die Post aus dem Newsroom? Den kostenfreien Newsletter der Kieler Nachrichten versenden wir Mo-Fr ab 17 Uhr. Hier können Sie sich für unser Mailing anmelden. Sie interessieren sich für Holstein Kiel? Dann melden Sie sich hier für den Newsletter " Holstein Kiel - Die Woche " kostenfrei an. Versand: jeden Freitag, 11.30 Uhr. Gelbe Karten bald im ganzen Stadtgebiet? Die seit Anfang Mai vom Bürger- und Ordnungsamt probeweise eingesetzte gelbe Karte soll laut Verwaltung künftig womöglich im ganzen Stadtgebiet „als Information und Hinweis“ dienen. Bisher wurden derlei Ansprachen auf den roten Knöllchen notiert, was aber immer wieder missverständlich rüberkam, sodass sich Betroffene fragten, ob sie denn nun ein Verwarngeld zu zahlen hätten. Moritz Koitka, SPD-Ratsherr und als Bewohner der Eutiner Straße auch persönlich betroffen, ist über die Kartenaktion trotzdem nicht glücklich. „Der Parkdruck ist einfach sehr hoch“, befindet er und fordert, die Anwohner mit diesem Problem nicht im Regen stehen zu lassen. Statt mit Strafen zu drohen, sei vielmehr ein Konzept nötig, um beispielsweise über Einbahnstraßenregelungen mit teilweise erlaubtem Gehwegparken die Situation an sich zu entspannen. Weitere Nachrichten aus Kiel finden Sie hier.

Unmut - Rüde Parksitten in Kiel: Stadt verteilt nun gelbe Karten