Verkehrspolitik in Kiel: IHK ermahnt Oberbürgermeister Ulf Kämpfer

Den aktuellen Verkehrsmaßnahmen in Kiel fehle der rote Faden, teilt die IHK mit und zählt die umstrittenen Verkehrsprojekte der vergangenen Wochen auf: Grasweg, Königsweg, Bebelplatz, Knooper Weg, Kiellinie, Feldstraße. "Der Eindruck vieler Unternehmerinnen und Unternehmer ist: Hier wird experimentiert, ohne die Auswirkungen auf die Gesamtsituation zu bedenken", sagt IHK-Präsident Klaus-Hinrich Vater. "Konflikte, wie wir sie derzeit an vielen Stellen der Stadt erleben, sind da programmiert.“ Kiel: Wo die Anlieger auf den Barrikaden sind: Am Königsweg und am Knooper Weg in der Innenstadt, am Grasweg in Ravensberg und am Bebelplatz in Elmschenhagen hatte die Stadt zuletzt Geschäftsleute gegen sich aufgebracht. Mit zum Teil gravierenden Verkehrseinschränkungen und Baustellen sahen sie sich vor vollendete Tatsachen gestellt. Anlieger der Kiellinie und der Feldstraße hatten sogar eine Bürgerinitiative gegründet, um eine von der Stadt geplante Sperrung der nördlichen Kiellinie für den Autoverkehr zu verhindern. Erst danach war der Oberbürgermeister zurückgerudert und hatte versprochen, auch eine Variante mit Autoverkehr zu prüfen. IHK zu Kiel fordert ideologiefreies Konzept: Zwar erfahre die Mobilitäts- und Verkehrswende aus der Wirtschaft großen Zuspruch, versichert Vater. "Was zum Gelingen aber noch fehlt, ist ein realistisch umsetzbares, zukunftsfähiges und ideologiefreies Verkehrs- und Verkehrsinfrastrukturkonzept – und zwar für Auto, Bahn, Bus, für Lieferverkehre und alle anderen Mobilitätsformen", so der IHK-Präsident. Aus Sicht der IHK sei "eine Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplans dringend geboten", fordert Vater, "um den Weg in eine weitsichtige und zuverlässige Verkehrsplanung zu beschreiten". Der Verkehrsentwicklungsplan von 2008 bildet mit dem Green City Plan und dem Masterplan Mobilität die Grundlage der städtischen Verkehrsplanung. Seit 2008 hätten sich das Mobilitätsverhalten der Menschen und die Anforderungen der Wirtschaft deutlich verändert, sagt Vater. "Deshalb ist eine Gesamtfortschreibung notwendig.“ Die Teilfortschreibung von Dezember 2019 allein für den Öffentlichen Personennahverkehr verfehle das Ziel, so Vater. "Der City-Verkehr der Zukunft braucht einen intelligenten Verkehrsmix." "Wer das Auto verbannt, verbannt die Wirtschaft": Wörtlich fügt Vater hinzu: "Eine Verbannung des Autos aus der Innenstadt ist eine Verbannung der Wirtschaft aus der Innenstadt." Das gelte für alle Bereiche, in denen die Erreichbarkeit eingeschränkt wird. Der IHK-Präsident fordert eine "große Anstrengung" von der Stadt: "Der aktuelle Plan läuft bis Ende 2020. Seine Überarbeitung wird dauern, weil Ämter, Politik, Träger öffentlicher Belange und Bürgerinnen und Bürger beteiligt werden müssen und auch sollen." Aus Gesprächen mit Gewerbetreibenden wisse die IHK, dass die Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruktur als notwendig empfunden werde. "Doch bei der Kommunikation gibt es noch viel Luft nach oben", so die IHK. " Unternehmerinnen und Unternehmer fühlen sich häufig vor vollendete Tatsachen gestellt. " IHK will bei der Kommunikation nachhelfen: Die IHK macht der Verwaltung und der Selbstverwaltung ein Angebot. "Damit die Interessen der Wirtschaft in Mobilitätsfragen besser berücksichtigt werden können, bietet die IHK Politik und Verwaltung eine intensivere Zusammenarbeit und die Erarbeitung eines gemeinsamen Kommunikationskonzepts an", formuliert Vater. Die IHK sei immerhin "Sprachrohr für die Belange der Gewerbetreibenden und Ansprechpartnerin in der Bewertung der Auswirkungen geplanter Maßnahmen auf die gewerbliche Wirtschaft". Vor allem aber müsse "konsequent das Gespräch vor Ort gesucht werden und Beteiligung stattfinden", fordert Vater, "um bei Veränderungen der Infrastruktur Lösungen für Verkehrsteilnehmer und Anrainer zu finden". Es gibt auch positive Beispiele: Es gebe durchaus positive Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit, sagt Vater. Sie zeigten, dass Kooperation allen Vorteile bringt: „Beim zukünftigen Anschluss der Edisonstraße an die A21 haben Landeshauptstadt und IHK gemeinsam informiert und eine Lösung für die Unternehmen eingefordert“, so Vater. Ein weiteres Beispiel sei das Gewerbegebiet Stormarnstraße, das die Stadt kurzzeitig zum Theodor-Heuss-Ring hin abgeriegelt hatte. In Gesprächen zwischen Unternehmen und Stadt sei dann "ein gegenseitiges Verständnis" erzielt worden. Vater appelliert an die Verwaltung und ihren Chef: "Die IHK kann, auch gemeinsam mit dem Unternehmensverband Kiel, als Vermittlerin zwischen Wirtschaft, Verwaltung und Politik bei der Umsetzung der Mobilitätswende unterstützen – bitte nutzen Sie diese Expertise!"