Vorschlag der Stadt Kiel: Autofreie Kiellinie spaltet die Kieler

Die autofreie nördliche Kiellinie ist nur eine Teilidee für den Gestaltungswettbewerb der Kiellinie. Doch er ist sicherlich der umstrittenste. Daher hat die Verwaltung am 10. September zum Gespräch in den Schwedenkai geladen, für das Anmeldungen wegen Corona Pflicht sind. Die ersten Stimmen kommen auch ungefragt. Lesen Sie auch: Stadt setzt auf Kiellinie ohne Autos So aus der Ratsopposition: "Nach Jahren der Verzögerung bei der Sanierung der Kiellinie ist der Vorschlag der Stadtverwaltung zur autofreien Kiellinie Aktionismus", sagt der CDU-Ratsherr für Düsternbrook, Florian Weigel. "Was soll der geplante Wettbewerb, wenn Oberbürgermeister und Baudezernentin die Ergebnisse vorher festlegen?" Für eine Sperrung gebe es kein Verkehrskonzept. Verwaltung will Verkehrskonzept vorlegen: Das kündigt die Verwaltung für den 10. September an: Es gebe umfangreiche Vorbereitungen, so Baudezernentin Doris Grondke, die eine "aus verkehrlicher Sicht beste Lösung" verspricht. Sie räumt aber auch ein: "Irgendwer ist immer betroffen." Das befürchtet beispielsweise Thorsten Drewes, Anwohner der Feldstraße: "Ich bin überrascht, wie weit die Planungen zur dauerhaften Sperrung der nördlichen Kiellinie tatsächlich gediehen sind." Im Verkehrsentwicklungsplan 2008 der Stadt sei die Feldstraße zwischen Esmarch- und Waitzstraße als besonders lärmbelastet markiert. Nun werde etwas angestrebt, dass etliche Anwohner noch mehr belastet. Er erwarte detaillierte Zahlen und zeigt sich verwundert, dass der Ortsbeirat vor einer solchen Maßnahme bisher nicht eingebunden wurde. Auch der Vorsitzende des Gremiums für Ravensberg, Brunswik und Düsternbrook, Benjamin Walczak (SPD), räumt ein: "Wir als Ortsbeirat wussten nicht, dass solch ein Verfahren gewählt wird." Er empfinde das Diskussionsangebot aber als fair: "Ich finde den Ablauf so ehrlicher, aber auch mutiger und riskanter." Die Verwaltung habe ihre Position klar gemacht – nun komme es auf die Lösungen an, um die Wohngebiete nicht zu belasten. Das zu klären, werde eine "spannende Frage" – wie auch die Radsicherheit an der Hebbelschule oder die der Einsatzfahrten an der Kiellinie. Zustimmung aus anderen Fraktionen: Zustimmung für den autofreien Vorschlag kommt von Max Dregelies (SPD und Vorsitzender im Fahrradforum): "Ich unterstütze das Vorhaben. Wichtig ist, dass wir Maßnahmen ergreifen, um keine zusätzliche Belastung für die Nebenstraßen zu erzeugen. Daher mehr Investitionen in Fuß- und Radverkehr und ÖPNV." Zustimmung auch vom SSW: In den Erprobungen sei deutlich geworden, dass eine autofreie Kiellinie mehr Lebensqualität und Nutzen bringt als der Kfz-Verkehr, so Susanna Swoboda. Andreas Halle (Die Fraktion) kommentiert: "Kiel hat sich den obszönen Luxus geleistet, seine Toplage dem Autoverkehr zu widmen." Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) sagt: "Es geht bei dem Konzept auch um ein Zukunftsbild und die Frage: In welcher Stadt wollen wir leben?" Die Erfahrungen hätten die Verwaltung bestätigt. "Wir wollen allerdings mit den Anwohnern ins Gespräch kommen – alle sollen sich darauf freuen, niemand soll sich davon überfahren fühlen." Zu einer schnellen Umsetzung wird es ohnehin nicht kommen: Dezernentin Grondke zufolge ist die Auslobung des Wettbewerbs zwar vorbereitet. Nach den Diskussionen soll sie aber zunächst im November im Beirat für Stadtgestaltung besprochen werden, dann sei die Auslobung für etwa vier Monate Wettbewerb im zweiten Quartal 2021 zu erwarten. Weitere Nachrichten aus Kiel finden Sie hier.