Wasserschaden im Kieler Opernhaus: So schlimm sind die Schäden

Umgeben von den Requisiten wissen der Technische und der Kaufmännische Leiter des Kieler Theaters, Klaus Buchholz und Roland Schneider, längst: Die defekte Sprinkleranlage, durch die binnen einer halben Stunde 15.000 Liter Wasser ausströmten, hat weitaus schlimmeren Schaden angerichtet, als rund 5000 Kostüme zu durchnässen. „Das größte Problem sind die Böden“, sagt Klaus Buchholz. „Dort befinden sich noch rund 5000 Liter Wasser.“ 10.000 Liter konnte die Feuerwehr am Sonntag abpumpen, berichtet der Technische Direktor. Doch die restliche Flüssigkeit aus dem Wassertank ist in den Zwischenböden versickert. Am schlimmsten betroffen sind der Malsaal im dritten und der Ballettsaal im zweiten Stock, die unter dem Damenfundus in der vierten Etage liegen, in dem die Sprinkleranlage auslöste. Aber auch Proberäume sind beschädigt. „Die Auswirkungen sind noch nicht abzusehen“, sagt Buchholz. Die Holzböden in den beiden Räumen bestehen aus mehreren Schichten. Im 200 Quadratmeter großen Ballettsaal hat sich das Wasser durch vier Ebenen seinen Weg gebahnt. Um zu klären, wie groß der Schaden ist, muss der komplette Boden geöffnet werden. Immer wieder bilden sich neue Pfützen: Im Malsaal ist zu erahnen, wie viel Wasser noch in den einzelnen Schichten lagert. Auf dem Holzuntergrund bilden sich neue Pfützen, da die Feuchtigkeit nach oben drückt. Im Übungsraum der Balletttänzer greift Buchholz in ein faustgroßes Loch, das wenige Zentimeter über dem Boden an der Wand entstanden ist. Einige der Spanplatten sind ebenfalls völlig durchnässt und lösen sich auf. In den Seiten der Pyramiden, die als Zierde an der Decke hängen, haben sich Risse gebildet. „Das wird richtig teuer“, befürchtet der Technische Leiter. Wie hoch der Gesamtschaden an dem Gebäude ist, den die Versicherung zahlt, lässt sich erst abschätzen, wenn sämtliche Spezialfirmen den Schwarzen Anbau untersucht haben. Und das kann noch dauern. Denn unter Umständen sind nicht nur die Böden in Mitleidenschaft gezogen. Möglicherweise ist auch die Elektrik betroffen. Wasser stand zehn Zentimeter hoch im Kieler Opernhaus: Klar ist derzeit nur, dass am Sonntag kurz vor 18 Uhr der Kopf eines Sprinklers im vierten Stock brach – mutmaßlich aufgrund von Verschleiß. Der Sprinklerkopf ist 20 Jahre alt. „Nächstes Jahr hätte er ausgetauscht werden müssen“, sagt Buchholz. Innerhalb von rund 30 Minuten war beinahe der komplette 15.000 Liter fassende Löschtank leer. Zehn Zentimeter stand das Wasser zunächst im Damenfundus. Die Höhe lässt sich an Umzugskartons auf dem Boden abmessen. Am Tag danach sind die Spuren in dem Lager für die Kostüme der weiblichen Rollen noch an weiteren Stellen sichtbar. Es gibt noch einige feuchte Flecken. Es müffelt nach Wäsche, die zu lange in der Maschine steckte. Von einigen Kleidern tropft noch immer das Wasser. Erstrettung bei den Kostümen: „Was wir jetzt machen, ist Erstrettung“, sagt Sandra Lengfeld-Storm. Mit zwei Kollegen sortiert die stellvertretende Gewandmeisterin Damen die Kostüme, bringt die nassen Requisiten aus dem vierten Stock bis zur Bühne. Dort hängen blutige Hemden, grelle Shirts und glitzernde Kleider an rund 20 Meter langen Stangen, die normalerweise die Bühnenbilder halten. Immerhin: Durch die Entlüftungsanlage, die auf Vollbetrieb läuft, ist es recht warm. Rund 500 Kleidungsstücke trocknen dort bereits. Doch das ist nur der Anfang. Lengfeld-Storm schätzt, dass über 5000 Kostüme im Damenfundes hängen. Wie viele nass geworden sind, weiterhin getragen werden können oder entsorgt werden müssen, wird die Zeit zeigen. Da durch Corona-Auflagen nur drei Mitarbeiter in dem Fundus arbeiten dürfen, wird es dauern, bis alle Kleidungsstücke überprüft sind. Kein Theaterbetrieb im Kieler Opernhaus bis 28. Februar: „Es ist ein fast glücklicher Umstand, dass es jetzt passiert ist“, sagt Roland Schneider über den Wasserschaden. Denn durch die Corona-Pandemie ist das Theater gezwungen, seinen Betrieb bis 28. Februar einzustellen. Somit müssen keine Vorstellungen abgesagt werden. Der Kaufmännische Direktor übt sich in Optimismus. „Es ist nicht so schlimm wie beim letzten Mal.“ Bereits 2004 gab es im Opernhaus einen Wasserschaden. Damals war allerdings der Altbau mit der Bühne und dem Saal betroffen. Ein halbes Jahr lang konnten keine Aufführungen stattfinden. Da die Sprinkleranlage nun im Anbau auslöste, kann die Bühne weiter genutzt werden und steht Musikern und Tänzern zur Verfügung, die bislang in den nun beschädigten Räumen geprobt haben.