Widerstand gegen Polizisten: Amtsgericht Kiel verurteilt Klimaaktivistin vom Theodor-Heuss-Ring

"Ich bin enttäuscht vom Rechtsstaat", machte die 31-jährige K. bereits vor dem letzten Prozesstag klar. Es handele sich um einen politischen Prozess. Sie sei bereits juristisch gegen die Polizei angegangen, weil sie nicht richtig belehrt und zu Unrecht von männlichen Polizisten durchsucht worden war, obwohl sie sich als transsexuelle Frau empfindet. Es sei bezeichnend, dass sie vor Gericht stehe. Doch Richter Sebastian Schwarz erläuterte, dass es weder um diese anschließende Durchsuchung ging – noch um die Frage, ob die Demo zuvor korrekt aufgelöst worden war. Das sei im Nachhinein nicht mehr zu klären, hatte das Amtsgericht bereits einmal pauschal festgestellt. Rund 60 Bußgeldverfahren waren daraufhin eingestellt worden. Gericht überzeugt von absichtlichen Tritten: Jetzt aber stand im Fokus, dass die Angeklagte K. laut Urteil versucht hatte, aus der Polizei-Umstellung zu fliehen. Sie wurde dann von Polizisten gestoppt und zu Boden gebracht. Dagegen hatte sie sich nach Überzeugung von Richter Schwarz mit Fußtritten gewehrt. "Meines Erachtens war es eine Widerstandshandlung", sagte Schwarz. "Ich bin überzeugt, dass es kein Reflex war." K. habe in Kauf genommen, dass sie eine Person traf. Lesen Sie auch: Klima-Aktivistin liefert Gerichts-Show in Kiel Ins Leere liefen damit vorerst alle acht Anträge, die K. und ihre Verteidigerin am dritten und letzten Prozesstag einbrachten. Weder einem Blick ins Polizei-Einsatzbuch noch den Fragen, ob die Demo mit ausreichend Ansagen aufgelöst worden war oder das überhaupt alle Teilnehmer aufgrund der lauten Musik hören konnten, ging Schwarz irgendwie nach: "Zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich", hieß es. Der Richter erläuterte das so: "Es ging darum, ob die Maßnahme, gegen die sie sich gewehrt haben, formal rechtmäßig war." Weil aber zu dem Zeitpunkt alle – vor allem die Polizisten – davon ausgingen, dass die Demo wirklich rechtmäßig zu Ende war, durften sie auch durchgreifen. "Sie müssen damit leben, dass ihre Flucht unterbunden wird", sagte Schwarz, und: "Sie hätten die Identitätsfeststellung über sich ergehen lassen müssen." Lesen Sie auch: Kommentar von Niklas Wieczorek – Gericht zieht klare Grenzen Verurteilte hat kein Vertrauen in Rechtsstaat: Enttäuscht, aber wenig überrascht zeigte sich die Verurteilte. "Ich möchte mich nicht einschüchtern lassen von der polizeilichen Gewalt", hatte sie in ihren Schlussworten angekündigt. Das Intervenieren am symbolträchtigen Theodor-Heuss-Ring sei angemessen und friedlich gewesen. Richter Schwarz begründete im Urteil dagegen: "Wenn Sie aufgefordert werden zu gehen, dürfen Sie auch eine Straße nicht ewig blockieren." Es Polizisten schwer zu machen, sei erlaubt – aber nicht, sich zu wehren. Das ginge erst wieder auf dem juristischen Wege. Diesen wollte die Verurteilte auch weiter gehen und kündigte bereits Rechtsmittel an. Protest gegen das Urteil hatte im Saal eine weitere Klimaaktivistin ausgedrückt, als sie zur Verkündigung sitzen blieb. Sie wurde von Richter Schwarz schließlich herausgebeten. Es blieben die Prozessteilnehmer und Medienvertreter im Saal. Die Turbo-Klima-Kampf-Gruppe (TKKG) hatte zuvor vergeblich zu größerer Solidarität aufgerufen.