Zehn Jahre „Tatort“ aus Kiel

Am 29. Dezember ermittelt der Kieler „Tatort“-Kommissar in seinem 22. Fall. „Borowski und der Engel“ heißt die Episode. Und auch wenn der Titel anderes vermuten ließe: Mit Weihnachten hat diese Folge rein gar nichts zu tun. Die Episode spielt mitten im Sommer und ist mehr verworrenes Psychodrama als klassischer Krimi. „Schwere Kost, glücklicherweise gespickt mit dem klassischen Borowski-Humor“, urteilte einer der 400 Premierenbesucher treffend, die am Mittwochabend im Kieler Metro vor allen anderen auf der großen Leinwand mitverfolgen durften, wie Altenpflegerin Sabrian Dobisch (dargestellt von Lavinia Wilson) einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht, die Autofahrerin Doris Ackermann (Leslie Malton) zu Unrecht des Mordes bezichtigt und sich von der Öffentlichkeit zu Unrecht als Heldin feiern lässt. Anfangs fallen Borwoski und Assistentin Sarah Brandt (Sibel Kekilli) auch auf das kranke Spiel herein. Nur: Borowski wäre nicht Borowski, wenn er in seiner kauzig-trockenen Art nicht doch noch Licht ins Dunkel bringen würde. „Ach, Borowski ist einfach klasse“, schwärmte dann auch NDR-Intendant Lutz Marmor. Die spröde und intelligente Art der Figur und ihres Schauspieler, „gepaart mit der besonderen Atmosphäre Kiels und den hervorragenden Drehbüchern“, sind für ihn die wichtigsten Zutaten für den Erfolg des nördlichen „Tatorts“, der regelmäßig mehr als neun Millionen TV-Zuschauer vor den Fernseher lockt. Eine Bewertung, die sich durchaus mit der des Premierenpublikums deckt. „Der Kieler ,Tatort’ besticht durch seine unverwechselbare Machart, es sind nicht die großen Knalleffekte, die die Borowski-Krimis ausmachen“, sagt Ralph Schröder. Der 40-Jährige outete sich als „richtiger Fan“, bezeichnete die Krimi-Serie als ein Stück TV-Kultur. „So lange ich mich erinnern kann, wurde bei uns zu Hause am Sonntag ,Tatort’ geguckt“, sagt Schröder. Zwar lebt er selbst erst seit zwei Jahren an der Förde – „den Kieler ,Tatort’ mochte ich aber schon immer.“ Für Josephine Funke spielt vor allem die Kulisse der Borowski-Folgen eine große Rolle: „Es ist toll, wenn man die Gegend, in der man lebt, wiedererkennt“, sagt die 21-Jährige. Ihre Freundin Lisa-Marie Münning pflichtet bei: „Axel Milberg gefällt mir als Ermittler auch deutlich besser als Till Schweiger.“ Ein Vergleich, den NDR-Intendant Marmor übrigens gar nicht gern zu hören scheint: „Bitte fragen Sie mich nicht, welchen ,Tatort’ ich am liebsten mag.“ Die wichtigste Frage des Premierenabends, vor und nach dem Film, bei Schnittchen und Sekt war übrigens die Sorge vieler Fans, wie lange Borowski eigentlich noch im TV-Dienst bleibe. Im realen Kriminalisten-Leben wäre er langsam, aber sicher im besten Pensionsalter. Eine Frage, die Milberg selbst beantwortete. „An Ruhestand ist für Klaus Borowski nicht zu denken.“ Ganz im Gegenteil: „Wir haben eine Reihe von Geschichten, die wir bis über 2014 hinaus entwickeln. Ich verspreche allen, es bleibt spannend, humorvoll und unvorhersehbar.“

Zehn Jahre „Tatort“ aus Kiel - Borowski will nicht in den Ruhestand