Abwasser in Osdorf wird billiger, doch Politiker zweifeln daran

Die Botschaft verkündeten Bürgermeister Helge Kohrt (SPD) und der Finanzausschussvorsitzende Wolfgang Radke (CDU) in der letzten Gemeindevertretungen des Jahres, die unter Corona-Auflagen öffentlich stattfinden durfte. Gleichwohl: Zuschauer gab es in der großen Turnhalle keine. So wurden die Bedenken von Gemeindevertreter Jochen Ivers (WgO), den die errechnete Gebührensenkung ungläubig staunen ließ, nur im internen Kreis diskutiert. "Ich kann nicht glauben, dass die Rechnung stimmt", stellte er in den Raum. "Zu Recht sollten anstehende Änderungen an Gebühren vor der endgültigen Entscheidung durch die Gemeindevertretung normalerweise im Finanzausschuss geprüft werden. Das war ja jetzt unter Corona-Bedingungen alles etwas anders. Ich möchte nicht, dass wir die Gebühren jetzt ändern." Ivers befürchtete, der neue Gebührensatz werde einer Prüfung möglicherweise nicht standhalten. Abwasser in Osdorf wird billiger: Zwei Gemeindevertreter hinterfragen Gebührensenkung: "Dann müssen wir die Gebührensätze erneut ändern. Selbst wenn es stimmen sollte, dass Kosten und Gebühren sich decken, kann auch das ein Jahr später wieder anders sein", gab er zu bedenken. "Es ergibt keinen Sinn, ständig die Satzung zu ändern. Das versteht doch keiner. Erst wenn sich ein längerfristiger Trend der Kostenminimierung abzeichnet, ist eine Senkung aus meiner Sicht sinnvoll." Auch Rolf Ohlsen, ebenfalls WgO, lehnte "einen Schlingerkurs ab" und wollte der Vorlage zunächst nicht zustimmen. Zum Vergleich: Im laufenden Jahr 2020 zahlen Bürger in Osdorf und den angeschlossenen Ortsteilen 35 Cent mehr für den Kubikmeter Schmutzwasser - Abwasser aus Küchen, Toiletten, Badezimmern, das ins Kanalnetz zum großen Klärwerk in Gettorf fließt. Die Regenwasserentsorgung vom Grundstück kostet heute noch 13 Cent mehr. Dabei wird die Grundstücksgröße zugrunde gelegt. Im Vorjahr 2019 betrug der Preis 37 Cent pro Quadratmeter. Fürs Abwasser fiel damals jedoch deutlich weniger als 2021 an, nämlich 3,22 Euro je Kubikmeter. Abwassergebühren müssen die Kosten decken: Die Menge Schmutzwasser entspricht der Menge Trinkwasser, das Haushalte und Unternehmen verbrauchen. Durchschnittlich sind das in Deutschland pro Person 123 Liter am Tag. Ein Zwei-Personen-Haushalt produziert im Schnitt 90 Kubikmeter Abwasser im Jahr. Eine vierköpfige Familie leitet nach Durchschnittsberechnungen 186 Kubikmeter Schmutzwasser ein. Sie muss nach der neuen Gebühr im kommenden Jahr 65,10 Euro weniger als 2020 fürs Abwasser bezahlen. 186 Kubikmeter zu entsorgen, kostet in Osdorf im kommenden Jahr 686,34 Euro. Radke räumte ein, er habe sich auch über die neu errechneten Gebühren, die das Amt den Kommunalpolitikern zur Sitzung vorgelegt hatte, gewundert, "weil ja selten Kosten geringer werden". Er vertraue aber darauf, dass die Rechnung wie in jedem Jahr korrekt und gewissenhaft erstellt worden sei. "Und wir müssen Änderungen an den Gebühren meiner Ansicht nach tatsächlich direkt weitergeben." Lesen Sie auch: Abwassergebühren im Norden Genau das unterstrich Amtsdirektor Matthias Meins. "Das Kommunalabgabengesetz sieht vor, dass Gebühren nach den real anfallenden Kosten berechnet werden. Wenn Sie die Senkung nicht weitergeben, bekommen Sie als Gemeinde große Probleme. Das Kostenüberschreitungsverbot verhindert, dass höhere Gebühren verlangt werden als der kostendeckende Satz. Andersherum müssen Gebühren wiederum die tatsächlichen Kosten decken, sodass die Gemeinde auch nicht weniger kassieren darf." So heißt es im Paragrafen zwei des Kommunalabgabengesetzes Schleswig Holstein: "Benutzungsgebühren sollen so bemessen werden, dass sie die erforderlichen Kosten der laufenden Verwaltung und Unterhaltung der öffentlichen Einrichtung decken. Die Kosten sind nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermitteln." Betriebskosten im Klärwerk Gettorf sind niedriger: Warum Abwasserentsorgung in Osdorf auf einmal günstiger wird, obwohl die meisten Gemeinden die Gebührenschraube eher anziehen? Radke: "Ich vermute, dass die hohen Investitionen in das Klärwerk Gettorf, wo auch unser Abwasser verarbeitet wird, jetzt positiv auf uns durchschlagen. Uns wurde ja in Aussicht gestellt, dass die Betriebskosten nach der Modernisierung sinken. Dazu kommt dann, was bei uns an Kosten für die Leitungen entstanden ist." Gemeinsam mit allen Gemeindevertretern einigten sich Evers und Ohlsen darauf, gleich zu Beginn des Jahres nähere Erläuterungen einzufordern von der durch das Amt beauftragten Abrechnungsfirma. Der Beschluss, den Bürgern Kosten zu ersparen, konnte deshalb einstimmig fallen.