"Jeder kann in der Feuerwehr helfen"

Was macht man in einer Feuerwehr so ganz konkret? Vor allem wird man das ganze Jahr über darauf trainiert, in Einsätzen richtig zu reagieren. Im Bereich Brandbekämpfung, aber auch technische Hilfeleistung. Wir werden auf den Fahrzeugen ausgebildet, lernen die Gerätschaften kennen und wie man sie einsetzt. Neben der Grundausbildung gibt es Sonderausbildungen, zum Beispiel zum Atemschutzgeräteträger. Die gehen dann in brennende Häuser, um dort Menschen zu retten oder von innen Brände löschen. Es gibt manchmal auch Taucher bei der Feuerwehr und spezielle Gefahrgutzüge. Es gibt viele Richtungen, in die man sich spezialisieren kann. Welche Ausbildung haben Sie? Ich bin seit drei Jahren Atemschutzgeräteträgerin. Das ist körperlich ein bisschen anstrengend. Aber es macht auch Spaß. Ist es nicht gespenstisch, in Räume zu gehen, in denen man vor Rauch nichts sehen kann? Das habe ich bisher nur zur Übung in einem Brandcontainer erlebt. Da hat man diese Hitze gespürt! Es war beeindruckend zu sehen, wie sich Feuer verhält. Erinnern Sie sich noch an ihren ersten Einsatz? Ja, das war ganz blöd. Das war an einem Tag der Zeitumstellung. Bei uns im Dorf in Bayern gibt es noch eine Sirene, jeden Sonntag um 12.30 Uhr findet dort ein Probealarm statt. An diesem Tag ging sie auch – und genau eine Stunde später noch mal. Genauso unsere Funkmeldeempfänger. Mein Vater war nicht da, mein Bruder auch nicht. Ich habe meine Sachen genommen und bin zum Gerätehaus gerannt. Es war dann gleich ein relativ schwerer Verkehrsunfall. Auf dem Löschfahrzeug dachte ich noch: An was muss ich alles denken? Aber in der Situation klappt man einen Schalter um und funktioniert. Das Erlernte wird einfach abgespielt. Ich wurde einem relativ erfahrenen Kameraden an die Seite gestellt, musste auch erst mal nur den Brandschutz sicherstellen und nicht direkt ans Geschehen ran. Ich wurde auch mehrmals gefragt, ob alles gut ist. Damals war ich 18 Jahre alt. Man hilft Menschen in Not, das ist bestimmt erfüllend – aber Sie erleben in ihrem Ehrenamt auch viel Leid. Unfälle, vielleicht auch Tote. Wie gehen Sie damit um? Es war für mich immer wichtig, darüber zu reden. Wenn ein Einsatz vorbei ist, sitzen wir noch mal zusammen. Reden hilft ungemein. Mein Heimatort liegt an einer stark befahrenen Bundesstraße. Da kracht es im Jahr drei, vier Mal mindestens. Bis ich nach Altenholz gezogen bin, hatte ich noch nie einen Brandeinsatz. Ich wurde immer nur zu Verkehrsunfällen alarmiert. Ja, das ist tragisch. Aber man weiß, man hat sein Möglichstes getan. Das schönste ist immer, wenn man von den Verunglückten hört: Es geht ihnen wieder gut. Dann weiß man, dass man gute Arbeit geleistet hat. Hatten Sie Einsätze, bei denen Ihnen sehr mulmig wurde? Es gab mal einen Verkehrsunfall in Bayern, da wurden wir hauptsächlich zum Sperre der Straße gerufen. Nach einer Stunde Beleidigungen in einer Tour, gezeigten Mittelfingern und Leuten, die mit Tempo 100 auf die Absperrung zugefahren sind, habe ich mich auswechseln lassen. Das war morgens im Berufsverkehr. Die waren alle sehr ungehalten. Sogar Ihre Bachelor-Arbeit hatte mit der Feuerwehr zu tun. Worum ging es da? Ich habe ein Konzept entwickelt für den Erhalt und die Verbesserung der körperlichen Fitness von freiwilligen Feuerwehrleuten. Ein Kernpunkt war, ohne Fitnessgeräte auszukommen. Stattdessen habe ich alles verwendet, was auf einem nach Norm beladenen Löschfahrzeug vorhanden ist. Da kann man zum Beispiel Ausfallschritte mit Schlauchtragekörben als Gewicht machen. Oder Liegestütze mit dem Atemschutzgerät auf dem Rücken. Tun Frauen einer Feuerwehr besonders gut? Ich glaube schon, dass Frauen ein bisschen feinfühliger sind, wenn jemand einen Einsatz nicht ganz so gut verkraftet hat. Aber ansonsten wird man da eigentlich behandelt wie jeder andere auch. Wie sind Sie nach Altenholz gekommen? Ich hatte meinen jetzigen Freund besucht. Da hat er mich gleich mit zu einem Übungsdienst geschleppt. Das hätte ich in Norddeutschland nie erwartet. Ein Vierteljahr später war Laternelaufen, da war ich wieder hier oben. Und es haben mich Leute gegrüßt, die mich einmal gesehen hatten – und entschuldigten sich fast, weil sie mich nicht gleich erkannt haben. Das ist schon sehr herzlich. Ab da war das Eis gebrochen. Wie hatten Sie Ihren Freund kennengelernt? Über eine Feuerwehrbegegnung? Ja, bei einem Verkehrsunfall. Er hat in Hof in Bayern seine Berufsausbildung bei der Bundeswehr gemacht. Damit er sich nicht so einsam fühlt, trat er dort als Zweitmitglied in die Stadtfeuerwehr ein. Ich war dort in der Dorfwehr. Es gab einen Verkehrsunfall auf der Bundesstraße. Ein Betrunkener war in den Gegenverkehr gefahren. Und da sah ich ihn, dachte: Hm, da ist ein Neuer, wer ist das denn? Ich habe über Facebook Kontakt aufgenommen. Wir haben uns geschrieben, getroffen. Und ab da war’s eigentlich so: Das passt! Für Frauen ist es in der Wehr aber körperlich schwieriger? Stimmt. Wir hatten hier vor dem Shutdown noch einen Ausbildungssamstag zur technischen Hilfeleistung. Wenn es dann darum geht, das Dach von einem Auto abzunehmen, muss ich mit meinen 1,60 Meter die Rettungsschere auf Kinnhöhe halten. Da sagen die Arme halt irgendwann nein. Das Teil wiegt um die 20 Kilo. Aber fehlende Kraft muss kein Nachteil sein. Wenn man weiß, was man kann und wo die körperlichen Grenzen sind, dann setzt man sich eben nicht auf den Platz im Auto, auf dem man so schwere Geräte bedienen muss. Ich habe auch Höhenangst und werde deshalb im Einsatzfall nie auf eine Drehleiter gehen. Aber Fitness ist schon wichtig – Feuerwehr ist eher was für Sportliche? Ja – und wenn nicht, dann werden sie hier sportlich (lacht). Haben Sie jetzt schon Einsätze mit der Altenholzer Wehr erlebt? Einige. Ich war sogar schon bei zwei Feuern dabei – mehr als ich in Hof in der ganzen Zeit hatte! Einmal mussten wir einen Papiercontainer löschen, einmal einen Wohnanhänger. Wie würde Sie Frauen motivieren, es mal zu probieren in der Feuerwehr? Es ist die sinnvollste und coolste Freizeitbeschäftigung! Es gibt hier einen großen Zusammenhalt. So ein Gefühl erlebt man selten. Habe ich zumindest in keinem anderen Sportverein erlebt. Man braucht keine Angst zu haben: Selbst wenn man zu schwach ist, einen Spreizer zu heben, kann man immer noch die Straße sperren. Das muss ja auch jemand machen. Wieviel Zeit verbringt man mit der Feuerwehr? Wir haben alle zwei Wochen donnerstags und jeden ersten Montag im Monat Übungsdienst. Je nach Art kann das auch mal drei Stunden dauern. Und es gibt Sonderveranstaltungen, Feste – und die Einsätze. Man verbringt hier schon einige Zeit. Als ich hierhergezogen bin und mich von meiner Heimatwehr verabschiedet habe, tat das fast ein bisschen mehr weh als der Abschied von der Familie. Mir wäre das Tragen der Uniform in der Wehr etwas fremd. Wie fühlen Sie sich damit? Kommt drauf an: In den Einsatzklamotten fühlt man sich megawohl. In der Uniform fühlt man sich schon ... schick. Was mich hier oben besonders gefreut hat, waren die Schulterklappen, die gibt es in Bayern leider nicht. Muss man die Einsatzklamotten eigentlich selber waschen? Nein, das geht gar nicht. Wenn die kontaminiert sind, werden sie direkt von der Einsatzstelle mitgenommen und mit einer speziellen Industrie-Waschmaschine gewaschen. Zur Person Katja Hofmann ist Oberfeuerwehrfrau und stammt aus dem fränkischen Hof in Nordbayern. Sie studierte Gesundheitsmanagement, unter anderem in Dresden. Durch den Altenholzer Ortswehrführer Rainer Kersten fand sie im Norden eine Stelle bei der Feuerwehr-Unfallkasse. Demnächst absolviert die 25-Jährige eine Weiterbildung, um danach den Arbeitsschutz für freiwillige Feuerwehren sicherzustellen. Dazu gehören allgemeine Präventionsmaßnahmen ebenso wie das Begutachten von Gerätehäusern. Sie macht damit quasi ihr Hobby zum Beruf. Zu ihren Hobbys gehört Kraftsport im Fitnessstudio mit Hantel- und Freihanteltraining. Ortswehr Altenholz Die Ortswehr Altenholz hat nach Angaben von Wehrführer Rainer Kersten derzeit 55 aktive Mitglieder, darunter elf Frauen. Hinzu kommen drei männliche Mitglieder anderer Feuerwehren, die in Altenholz arbeiten und bei Einsätzen unterstützen. In der Verwaltungsabteilung, die sich um Versorgung, Logistik und EDV-Unterstützung kümmert, engagieren sich zwei Frauen und ein Mann. In der Jugendfeuerwehr sind neun von 27 Mitgliedern Mädchen.

Altenholz - Feuerwehrfrau Katja Hofmann findet, jeder kann in Wehr helfen