Bundesbeste Auszubildene: Die Top-Hauswirtschafterin kommt aus Gettorf

Ein gepflegtes Häuschen ganz nah an ihrer alten Schule, der Isarnwohld-Schule Gettorf. Hier wohnt Christin mit ihren Eltern, zumindest am Wochenende und in den Ferien oder bei Distanzunterricht. Die andere Zeit verbringt sie jetzt an der Fachschule für Hauswirtschaft in Hanerau-Hademarschen mit Internat. Die Vollzeitfortbildung zur Hauswirtschaftsleiterin nach der dreijährigen Lehre kann sie im Norden nur dort machen. Die junge Frau öffnet strahlend die Tür. Die Freude über den glänzenden Abschluss ist unübersehbar. "Ein echtes Weihnachtsgeschenk", sagt sie. Die Eltern, Ute und Manfred Voth, nicken. "Das ist superschön, auch für uns", sagt der Vater. Christin selbst hätte nie damit gerechnet. Für die Gettorferin war die professionelle Hauswirtschaft eine Entdeckung: Genauso wenig hatte sie auf dem Zettel, dass nach der Bundes-Auszeichnung durch die der Industrie- und Handelskammern, die aufgrund der Corona-Pandemie nicht im festlichen Rahmen stattfinden konnte, noch eine Überraschung kurz vor Weihnachten eintreffen würde: eine zweite transparente Skulptur mit Urkunde, die sie auch zur landesbesten Hauswirtschafterin erklärt. Als könnte sie alles noch nicht fassen, betrachtet sie die Trophäen ein wenig verstohlen. Hätte ihr Vater nicht der Redaktion gegenüber geplaudert, hätte sie kein Aufhebens darum gemacht. Warum so bescheiden? "Ich hatte nach meinem Schulabschluss, der die Berufsreife bescheinigt und früher Hauptschulabschluss hieß, keinen Plan", gibt sie freimütig zu. "Ausbildung ja. Aber was?“ Die Familie beriet. Christins viel ältere Schwester hatte sich zuvor in Hamburg zur hauswirtschaftlichen Betriebsleiterin ausbilden lassen. Vielfalt des Berufs Hauswirtschafterin fasziniert Christin Voth: "Ich hatte gar keine Ahnung, was das genau ist. Es interessierte mich damals nicht", erzählt sie weiter. "Damit ich überhaupt etwas mache, entschied ich mich für ein Orientierungsjahr in dem Bereich im Regionalen Berufsbildungszentrum (RBZ) Kiel." Volltreffer! Schnell war sie Feuer und Flamme für die Vielfalt und das solide Hintergrundwissen, das eine Hauswirtschafterin braucht. "Davon hatte ich keine Vorstellung gehabt." Da ging es ihr nicht anders als Freundinnen und Freunden, die sie nach Ausbildungsbeginn erstaunt ansahen. Christin: "Hauswirtschaft, ist das Hausfrau sein als Beruf? Das haben sie mich gefragt. Da musste ich lachen. So hatte ich ja vorher gedacht." Was umfasst das Spektrum? "Wäsche richtig behandeln, professionelle Reinigung von Räumen, Hygiene, Warenwirtschaft und Organisation einer Großküche, einer Kantine, eines Internats, Grundkenntnisse über ländliche Betriebe, Führen eines Hofladens, Einblicke in Gastronomie und Hotellerie, in den Garten- und Landschaftsbau", zählt sie auf. „Alles ist spannend.“ Ausbildung in Hauswirtschaft in Vollzeit am RBZ Kiel: Sie bewarb sich um den Ausbildungsplatz und wurde gleich angenommen im RBZ Kiel am Königsweg. "An zwei Tagen der Woche hatte ich Berufsschule. Die übrige Zeit lernen Azubis hier wie in einem externen Betrieb", berichtet sie. "Es gibt eine Großküche, die Grundschulen und der RBZ-Kindergarten täglich mit Essen versorgt." Das Entdecken neuer Bereiche bescherte Christin ungeahnten Elan. "Es macht so viel Spaß, Zusammenhänge zu verstehen. Zu begreifen, wie alles funktioniert, wenn die Logistik stimmt." Bald war ihr klar, "dass Großküche mein Ding ist und ich einen Betrieb leiten möchte". "Der Entschluss, sich an der Fachschule weiter zu qualifizieren, fiel Christin ganz leicht", bestätigen die Eltern. Sie sind stolz auf ihre Tochter. Lesen Sie auch: 161 freie Ausbildungsplätze in Kiel Deutschlands beste Austzubildende aus Gettorf wirbt für ihren Beruf: Ein Jahr wird Christin in Hanerau-Hademaschen mit 29 anderen Frauen aus verwandten Berufen und einem Mann aus dem Hotelfach "den Laden schmeißen", um auch Leitung von der Pike auf zu lernen. "Die Fachschule wird komplett von der Schülerschaft bewirtschaftet", klärt sie auf. "Wir nehmen alles in die Hand, von der Reinigung bis zum Wareneinkauf." Das ist eine Herausforderung, denn die Zahl der Azubis geht zurück. "Von 60, die unterrichtet werden könnten, sind nur 31 geblieben", weiß sie. "So verteilen sich Tätigkeiten neben der eigentlichen Ausbildung auf weniger Schultern." Dennoch würde sie sich wieder so entscheiden. “ Ich werbe jetzt für den Beruf. Einfach mal reinschnuppern und staunen“, ist ihr Tipp für alle, die wie sie damals keinen Plan haben.