Eckernförder Bucht: Teil des Boknis-Eck-Observatoriums aufgetaucht

220 Kilogramm schwer, so groß wie ein halber Schreibtisch: Am vergangenen Sonnabend zog die Besatzung des Vermessungs- und Forschungsschiffs "Deneb" ein gelbes, eckiges Gestell vom Grund der Eckernförder Bucht an die Oberfläche. Das Gestell ist Teil des Unterwasser-Observatoriums, das vor rund einem halben Jahr auf mysteriöse Art und Weise verschwand. Observatorium verschwand im August 2019: Es war der 21. August 2019: Seit rund drei Jahren belieferte das Unterwasser-Observatorium "Boknis Eck" das Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel mit Umweltdaten aus der Eckernförder Bucht. Doch um 8.15 Uhr an diesem Sommertag hörte das Observatorium plötzlich auf zu senden. "Da hat sich sicher mal wieder eine Verbindung gelockert", dachte Projektleiter Hermann Bange damals. Eine Woche später suchten Forschungstaucher der Universität Kiel nach dem Grund für den Ausfall – und machten eine unschöne Entdeckung. Die beiden rund 770 Kilogramm schweren Gestelle der Messstation waren weg – die Taucher fanden nur ein zerrissenes Kabel. Die Ursache war unklar. Forscher finden Gestell mit Hilfe von Echoloten: Rund ein halbes Jahr lang gab es keine Spur. Doch am vergangenen Freitagabend gelang der "Deneb" der überraschende Fund. Das Schiff des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie war aufgebrochen, um Geomar bei der Suche nach den Gestellen zu unterstützen. Es fuhr eine etwa sechs Kilometer lange Strecke in der Eckernförder Bucht ab. Mit Hilfe eines Echoloten fiel der Besatzung ein sehr verdächtiger Punkt auf – 180 Meter von der ursprünglichen Position des Messgeräts entfernt. Am Sonnabend suchten Taucher an der Stelle – und fanden ein Teil des Observatoriums. Es lag in 20 Metern Tiefe kopfüber auf dem Meeresboden. Mit einem Kran barg die Besatzung der "Deneb" das Gestell, an dem Sensoren befestigt sind, die unter anderem Temperatur, Salzgehalt, Sauerstoff- und Methankonzentrationen messen. Datenlücke ärgert Forscher am Geomar in Kiel: Mit einem blauen Kabel war das Gestell ursprünglich mit einem zweiten Gestell verbunden, welches über ein zweieinhalb Kilometer langes Landanschlusskabel für die Stromversorgung sorgte. Die Datenübertragung erfolgte in Echtzeit. Alle Daten, die vor dem 21. August erhoben wurden, sind also noch da. Doch das mittlerweile halbe Jahr ohne Datenerfassung schmerzt. "Die Datenlücke ist für unsere Forschung sehr ärgerlich", sagt Hermann Bange. Geomar möchte bald Tests durchführen, um die Funktionsfähigkeit des gefundenen Sensorenträgers zu überprüfen. Klar ist: Dem Gestell hat das halbe Jahr kopfüber am Meeresgrund nicht gut getan. Ein Sensor, der unter anderem die Temperatur misst, ist zerstört. Das Gestell ist mit grünen Algen überzogen, Seepocken haben sich an einer Seite festgesetzt. Lesen Sie auch: Dämme in der Nordsee gegen Überflutung? Grund für Verschwinden der Gestelle bleibt rätselhaft: Doch wie konnte es eigentlich passieren, dass die Gestelle von ihrer Position verschwanden? Das Rätsel bleibt auch nach dem Fund ungelöst. Die Taucher fanden an der Fundstelle keine Schleifspuren oder andere Anhaltspunkte, wie das Teil der Messstation dort hingelangte. Seit dem Verschwinden wabern viele Theorien durchs Internet – Aliens haben die Station aber wohl eher nicht entwendet. Für Martin Steen, zuständiger Techniker für "Boknis Eck", erscheint eine Erklärung am wahrscheinlichsten. "Vermutlich hat ein Fischer die Gestelle mit einem Schleppnetz weggerissen und sich dieser danach wieder entledigt." Da das Observatorium in einem Sperrgebiet liegt, hätte der Fischer dort gar nicht fahren dürfen. Gefundenes Messgerät kostete 100.000 Euro. Wo das zweite Gestell ist, weiß Geomar immer noch nicht. Es ist gut doppelt so groß und schwer wie das Sensoren-Gestell. Am Sonnabendnachmittag suchte das Forschungsschiff "Deneb" weiter – ohne Erfolg. "Die Suche wird jetzt eingestellt", sagt Martin Steen. Geomar möchte das Gestell neu bauen und das Unterwasser-Observatorium vermutlich im Frühjahr 2021 wieder in Betrieb nehmen. Die Kosten übernimmt die Versicherung. Insgesamt hat das Observatorium einen Wert von rund 300.000 Euro, das gefundene Gestell kostete etwa ein Drittel davon. Zukünftig soll "Boknis Eck" besser gesichert werden. Der Plan: "Wir platzieren Eisenbahnräder rund um das Observatorium, sodass Fischernetze darüber gelenkt werden", verrät Hermann Bange. Forschung seit 1957: Der Name "Boknis Eck" hat in der Meeresforschung einen guten Klang. Seit 1957 werden in der Eckernförder Bucht jeden Monat Umweltdaten wie Temperatur und Salzgehalt erhoben. Sie lassen Rückschlüsse auf den Zustand des Ökosystems der südwestlichen Ostsee zu. Die Ergebnisse aus "Boknis Eck" sind mit die ältesten, noch aktiven meereswissenschaftlichen Zeitserien weltweit. 2016 wurde die Messstation um ein modernes Unterwasser-Observatorium erweitert, das seine Ergebnisse per Glasfaserkabel an eine Landstation sendet. Lesen Sie auch: Unterwasser-Observatorium in Boknis Eck verschwunden Sorgenkind Ostsee: Wie es um das Binnenmeer steht Mehr Nachrichten aus Schleswig-Holstein lesen Sie hier.

Eckernförder Bucht - Forscher finden Boknis-Eck-Observatorium