Eckernförder Open Airs trotz Corona: Festival-Macher strotzen vor Zuversicht

Mit einem neuen, pandemiegerechten Konzept wollen sie im Mai sogar ein Party-Wochenende für tausende Menschen anbieten. Im Interview sprechen Spinler und Michelmann über ihre Pläne. Ein ausgelassenes Eckernförder Strand-Open-Air mit Silbermond und Max Giesinger im Juli – ist das realistisch? Daniel Spinler: Es gibt mehrere Faktoren, die dafür sprechen. Etwa die Fortschritte beim Corona-Impfstoff. Außerdem gibt es bereits Erfahrungen, auf die wir zurückgreifen können. In Berlin wurden im Sommer zum Beispiel Konzerte mit 5000 Zuschauern veranstaltet – eben mit viel Platz und Abstand. Das ist ja unser großer Vorteil bei der Fläche am Südstrand, dort ist theoretisch Platz für bis zu 25.000 Menschen. Bei den Open Airs hatten wir aber immer nur zwischen 7500 und 10.000 Gäste. Zudem wissen wir, wie wir die Massen entzerren können. Jetzt nutzen wir auch die Zeit, um unsere Mitarbeiter als Fachbeauftragte im Hygieneschutz im Veranstaltungswesen fortzubilden. Sind Sie im Gespräch mit offiziellen Stellen? Spinler: Ja, im Programm Neustart Kultur der Bundesregierung sind wir angehalten, unsere Veranstaltungen mit verschiedenen Auslastungsszenarien zu planen. Also entweder weniger Menschen aufs Gelände zu lassen oder vielleicht die geplante Anzahl bei gleichzeitiger Vergrößerung der Fläche. Wir haben ja den Platz dafür. Wenn es am Ende heißt, dass wir Silbermond und Max Giesinger nur mit 7500 Gästen anbieten können, dann müssen wir beim Kartenverkauf irgendwann einen Cut machen und je nach den gültigen Auflagen reagieren. Da gibt es viele Lösungsmöglichkeiten, zum Beispiel die Veranstaltung auf zwei Tage aufzuteilen. Kalkulieren Sie auch einen Ausfall ein? Spinler: Heute ist noch nicht klar, welche Auflagen wir bekommen. Aber ich bin mir sicher, dass die Open Airs stattfinden. Mit dem richtigen Konzept wird das möglich sein. Sonst müssen wir auch mit Abschrankungen arbeiten, damit nicht zu viele Gäste vor die Bühne strömen. Selbst wenn die Infektionszahlen in einem dreiviertel Jahr noch nicht so sein sollten, wie wir uns das wünschen, wäre es für die Mehrheit sicher auch kein Problem, im Eingangsbereich oder direkt vor der Bühne eine Maske zu tragen. Das wäre für viele Fans sicher immer noch besser, als den Konzertbesuch abzusagen. Aber was im Sommer wirklich sein wird, ist ein Blick in die Glaskugel. Schließen Sie bestimmte Konzepte aus? Spinler: Uninteressant sind Konzerte im Autokino-Stil, das werden wir nicht machen. Auch Gitterboxen, in denen sich zwei Leute aufhalten können, werden wir nicht aufstellen. Damit würde der Open-Air-Charakter baden gehen. Wie ist die Verkaufslage? Spinler: Bis März lief der Kartenvorverkauf hervorragend. Danach gab es einen Einbruch. Als wir unsere Veranstaltungen im April auf 2021 verschieben konnten, haben wir viel Akzeptanz erfahren, weil es weder an uns noch an den Künstlern lag. Ausgehend von der Planung für 2020 sind 75 Prozent der Eintrittskarten verkauft. Wir merken, dass auch die Besucher daran glauben. Kai Michelmann: Gerade das Baltic Open Air lebt von seiner Community, die identifiziert sich mit diesem Festival und ist sehr eingeschworen. Viele Gäste sehen sich als Teil der Veranstaltung und leisten allein damit ihren Support, dass sie auch ein Jahr später auf jeden Fall dabei sind. Aber auch bei den Open Airs in Eckernförde und in Damp gibt es viele Stammgäste. Verlassen Sie sich ausschließlich auf diese bekannte Event-Familie? Michelmann: Nein, wir reagieren mit einem neuen Konzept auf die Pandemie. Das ist die „Camp-Parade 2021“, die am 22. und 23. Mai in Busdorf stattfindet. Die Veranstaltung ist unter allen Umständen möglich, niemand muss Sorge haben, dass sie ausfällt. Die Gäste können sich frei entfalten, und das trotz Auflagen – diesen Spagat haben wir geschafft. Wie geht das? Michelmann: Indem die Gäste campen. Wir stellen auf unserem Baltic-Open-Air-Gelände Parzellen zur Verfügung, auf dem sie mit bis zu fünf sowie bis zu zehn Teilnehmern – je nach aktueller Anzahl zulässiger Haushalte – ein Zelt aufstellen oder ein Wohnmobil parken können. In diesem Bereich feiern sie und die Musik, die Getränkeverkäufer, die Go-Go-Tänzer etc. kommen – wie etwa bei der Loveparade – per Truck auf vorgezeichneten Wegen an ihnen vorbei. Die Gäste werden in ihren Parzellen den ganzen Tag über unterhalten. Welche Musik ist zu hören? Michelmann: Wir schaffen drei einzelne Bereiche: Einen mit Rock, einen mit Schlagern und einen mit Electronic Dance Music. Die Gäste wählen sich einfach ihre Richtung aus. Zum Teil gibt es Live-Musik, etwa im Rock-Bereich, zum Teil sorgen Profi-DJs für Stimmung. Lesen Sie auch: Weihnachten und Corona - Tickets als Geschenkidee nicht gefragt. Alles bereits behördlich abgestimmt? Spinler: Ja, mit dem Konzept können wir die Hygienemaßnahmen einhalten, die derzeit schon gelten. Pro Bereich sind jeweils bis zu 750 Gäste möglich, alle getrennt auf ihren Parzellen. Falls das Interesse größer ist, lassen sich die Flächen ausweiten. Nur im Fall eines Lockdowns mit Campingverbot müssten wir die Veranstaltung auf später verlegen. Davon gehen wir aber nicht aus. Michelmann: Die Corona-Situation im Sommer 2021 wird wohl nicht dramatischer als ein Jahr zuvor. Im schlechtesten Fall wird sie ähnlich, und unter diesen Bedingungen wäre die Camp-Parade möglich gewesen. Die aktuellen Entwicklungen mit Impfungen und Tests spielen uns aber in die Karten. Wir wollen uns nicht der Lethargie hingeben, in die die Veranstaltungsbranche allmählich verfällt. Viele Kollegen sehen keine Perspektive mehr, haben keinen Plan B. Wir können uns aber nicht zurücklehnen und anderen die Schuld für die Lage geben. Dazu brauchen wir das Vertrauen der Gäste, die die Tickets kaufen sollen. Deshalb haben wir dieses neue Konzept auf die Beine gestellt. Der gelernte Rettungsassistent und spätere Fachmann der Sicherheitsbranche Daniel Spinler (42) betreibt von Fleckeby aus das Unternehmen Baltic Eventmanagement und veranstaltet damit seit 2010 Konzerte und Festivals. Durch die Bekanntschaft zu Dieter Bohlen holte er 2012 die „Deutschland sucht den Superstar“-Show an den Südstrand von Eckernförde. In den Jahren danach traten dort unter seiner Ägide Größen auf wie Pur, Jan Delay, Rae Garvey und Die Fantastischen Vier. Bei der Musiker-Akquisition ist ihm seit 2015 der selbstständige Agent Kai Michelmann (46) aus Schmalfeld behilflich. Beide hatten auch für die Veranstaltungen 2020 zusammengearbeitet. Doch wegen Corona wurden die fünf Open Airs auf 2021 verschoben. Den Auftakt bildet nun „Rock am Strand“ in Eckernförde mit The Boss Hoss am 3. Juli. Einen Tag später treten an gleicher Stelle Silbermond und Max Giesinger beim Strand-Open-Air auf. Am 6. August folgen der „Küstenschlager“ mit Ben Zucker und Vanessa Mai sowie „Pop am Strand“ (7. August) unter anderem mit Wincent Weiß in Damp. Zum Abschluss gibt es das „Baltic Open Air“ vom 18. bis 21. August in Busdorf – unter anderem mit Fury in the Slaughterhouse. Eintrittskarten gibt es unter www.kn-tickets.de.