Ein Jahr Lockdown: Für einige bereits der zweiten Geburtstag ohne Gäste

„Normalerweise feiere ich mit 15 bis 20 Gästen, Familie und Freunde kommen“, erzählt Anke Hingst aus Kosel. Auf die gewohnte Runde musste sie allerdings schon im vergangenen Jahr zu ihrem 58. Geburtstag am 28. März verzichten. Am 11. März 2020 stufte die Weltgesundheitsorganisation den Ausbruch des Coronavirus als Pandemie ein, am 22. März einigten sich Bund und Länder auf ein Kontaktverbot. Lockdown: Verunsicherung schlimmer als das Ausbleiben der Gäste: Hingst feiert eigentlich immer an dem Tag, an dem sie auch Geburtstag hat. Die Tradition: Sie kocht frisch, holt Stühle vom Dachboden herunter, Familie und Freunde kommen zum Abendessen und gemütlichen Zusammensitzen. Im letzten Jahr: Alles abgesagt. „Der Lockdown war so frisch, das war schon ungewöhnlich“, sagt sie. Auf Überraschungsbesuche hätten alle verzichtet, nicht einmal ihre Mutter sei zum Gratulieren gekommen. „Es war in Ordnung, dass sich alle an die Regeln gehalten haben“, erzählt Hingst. „Ich wurde viel angerufen.“ Schlimmer als keine Gäste zu haben, sei die Verunsicherung gewesen, wie nahe man nun jemandem kommen könne. Bleibt es beim Lockdown, wird auch ihr 59. Geburtstag in sehr kleiner Runde stattfinden: In nun, ein Jahr später? Da wurden bislang die Kontaktregelungen auf fünf Personen aus zwei Haushalten erweitert, wieder am 22. März wollen Ministerpräsidenten und Bundeskanzlerin Angela Merkel weitere Schritte in der Krise definieren. Bleibt es beim Lockdown, wird auch ihr 59. Geburtstag in sehr kleiner Runde stattfinden. „Ich kann mir vorstellen, dass meine Mutter und meine Schwiegereltern zeitversetzt zu uns kommen“, sagt Hingst. Eine große Feier, selbst wenn wenige Tage zuvor weitreichende Lockerungen beschlossen werden sollten, plane sie nicht. Und: „Ich will bestimmt keinen Terminkalender führen, der eine kommt um 10 Uhr, die andere um 12 Uhr.“ Auch mit Maske einzuladen sei für sie keine Option. „Zu Hause ist der einzige Ort, wo man sie nicht tragen muss – mit Maske zu feiern fände ich komisch“, sagt sie. Die Geburtstage sind für Christoph Kirchgäßner eine der wenigen Möglichkeiten im Jahr, mit Freunden zusammenzukommen: Auch für Christoph Kirchgäßner stand im vergangenen Jahr ein großer Tag an: Er wurde 40 Jahre alt. Zum runden Geburtstag im Mai hatte er 70 Freunde und Verwandte eingeladen, in der Siegfriedwerft in Eckerförde sollten sich die Gäste treffen. „Ich feiere meine runden und halbrunden Geburtstage immer in Eckernförde – das ist eine der wenigen Möglichkeiten im Jahr, mit meinen Freunden zusammenzukommen“, sagt er. Der Lockdown und die geschlossenen Restaurants zwangen ihn jedoch zur Absage der Party. Die große Party sollte im Juli nachgeholt werden. Doch auch die ist abgesagt: So fand dieser runde Geburtstag nur mit seiner Frau, seinem Sohn und den Schwiegereltern statt, viele Freunde riefen per Videoanruf an. Die große Party sollte im Juli dieses Jahres nachgeholt werden. Doch auch die hat er frühzeitig abgesagt. „Das ist mir extrem schwer gefallen“, sagt Kirchgäßner. „Einige Freunde sehe ich nur einmal im Jahr.“ Für ihn und seine Gäste sei die Feier ein Lichtblick in der jetzigen Zeit gewesen. Auch für die Siegfriedwerft habe er sich gewünscht, dass die Feier hätte stattfinden können. Lesen Sie auch: Corona-Liveblog. So ist die aktuelle Lage in Schleswig-Holstein Besonders weh tue die Absage Kirchgäßner dabei nicht wegen ausfallender Geschenke. „Je älter man wird, desto mehr zehrt man von Erinnerungen“, sagt er – sowohl er als Gastgeber, als auch seine Freunde. „Weißt du noch, als wir meinen 40. gefeiert haben?“ Das könne er jetzt nicht sagen. Mit einem neuen Termin wolle Kirchgäßner nun warten, bis wieder Normalität einkehrt, vielleicht falle die große Feier auch aus und er feiere den 44. als Schnapszahl und den 45. wieder groß. Lesen Sie auch: Jetzt ist Parken in Eckernförde teurer Und Anke Hingst? Sie wird nächstes Jahr 60. Und hofft, dass ihr nicht noch ein dritter Lockdown einen Strich durch die Rechnung macht.