Exotische Gäste in Strande: Diese bunten Wasservögel überwintern vor Bülk

„Wollen wir Eisenten gucken?“ Ein Freund macht mich heiß auf das Tierchen aus dem Eis. Mich hat bei einem Seminar im Wattenmeer der Zauber der Vogelbeobachtung berührt. Der Freund ist mir weit voraus beim „Birding“ und „auch völliger Anfänger“, beharrt er. Namentlich erwähnt werden will er „lieber nicht“. Also los nach Strande. Ein Ornithologen-Forum im Netz hat die kleinen, eleganten Taucher aus Nordosteuropa und Westsibirien an unseren Küsten gemeldet. Und noch mehr: Eine Pazifiktrauerente, ein Männchen, soll auch hier nach Muscheln tauchen. Und Tordalke wurden an der Eckernförder Bucht gesichtet. Die Eisente schwimmt vor Bülk in Strande gleich vors Spektiv: Kaum ist der Aussichtspunkt an der Bülker Huk erreicht, das Spektiv aufgebaut, schwimmt eine Eisente ins Bild. „Männchen, drei Stück“, höre ich. Mein bloßes Auge erkennt nur helle Punkte in schwappenden Wellen querab der Buhne. Im Fernglas sehe ich ein leicht vergrößertes etwas mit schwarz-weißem Gefieder. „Könnte doch eine Eiderente sein“, denke ich. "Oder ein ganz anderer Wasservogel. " Die Vergrößerung des Fernrohrs auf dem Stativ bringt Gewissheit. Nicht weit von einer Schar großer Eiderenten, die von arktischen Küsten stets im Winter auch zu uns kommen, lässt mich ein viel zierlicherer Meeresvogel staunen, die Eisente. Wie im Vogelführer sieht sie aus! Ein Erpel im Prachtkleid, in das er sich laut Bestimmungsbuch ab Oktober hüllt: weißes Häubchen, hellbraune Kopfseiten, schwarzer Halsfleck, weiße Schulterfedern wie ein gezacktes Tuch über die schwarzen Flügel gebreitet, rosa Schnabelbinde, enorm lange Schwanzfedern. Welche Entendame stünde nicht auf diesen Schick? Pazifische Trauerenten sind vor der Kieler Förde die Ausnahme: Und schon ist er abgetaucht. Seine zwei Kumpel tun es ihm gleich. Eilig platziere ich die Kamera auf dem Spektiv. Es gelingt nur ein leicht unscharfer Schnappschuss ohne die Profiausrüstung für Vogelkundler. Immerhin ein Beweisfoto. Nicht beweisen kann ich den pazifischen Gast, der nach einstündiger Guckerei im eisigen Wind noch kurz vor die stark vergrößernde Linse schwimmt: pechschwarz, leuchtend gelber dicker Schnabelhöcker, mit dem er aus einem Trupp „normaler“ Trauerenten mit wenig Gelb im Schnabel hervorsticht. Zu flink ist er, um sich fotografieren zu lassen. Ein Video von dem Exoten vor Bülk ist aber dem Kieler Andreas Schulz-Benick gelungen. Er hat es bei Youtube ins Netz gestellt. In Mecklenburg-Vorpommern überwintern mehr Eisenten: Was ist so besonders am Auftritt dieser Gäste? Landschaftsökologin Ina Brüning, Geschäftsführerin des Vereins Jordsand mit Sitz in Ahrensburg, erklärt: „Eisenten brüten zum Beispiel in Nordosteuropa und Westsibirien. Geschätzt sind es 1,6 Millionen Vögel. Vor allem in den Bodden und an der Küste Mecklenburgs-Vorpommerns überwintern bis zu 315.000 Exemplare. Direkt an Kieler Außenförde aber sehen wir sie selten.“ Ein noch seltener Gast sei die Pazifiktrauerente. Deren Hauptbrutgebiete liegen hoch im Norden des pazifischen Raums und in Neufundland am Atlantik. Normalerweise wandern diese pazifischen Enten an den amerikanischen Küsten. „Höchst selten tauchen wenige Exemplare im Winter in Europa auf“, weiß Brüning. „Sie schließen sich dann den Trauerenten aus arktischen Regionen Russlands, Skandinaviens, Islands an.“ Verein Jordsand weiß auch von Exoten vor der Schlei: Jordsand-Vogelkunder sichteten auch vor der Schleimündung eine Rarität: eine Prachteiderente. Sie brütet in der arktischen Tundra. Brüning: „In der schwedischen Ostsee überwintern viele. Einzelne Prachteiderenten schließen sich auch mal den anderen Eiderenten an und kommen so zu uns.“ Und was ist mit den Tordalken vor dem Dänischen Wohld? In Deutschland ist Helgoland ihr einziger Brutplatz außerhalb arktischer Regionen. Diese Tiere ziehen im Winter gen Mittelmeer. In Dänemark brütet eine Unterart auf einer Insel bei Bornholm. „Wenn auf dem Zugweg in den Süden auch bei uns gute Nahrung lockt, spart sich der eine oder andere Vogel den Kräfte zehrenden Weg“, vermutet Ina Brüning. Wasservogelarten, die an der Ostsee vor Kiel und Eckernförde exotische Gäste sind, sind teils bedroht. Der Verein Jordsand mit Sitz in Ahrensburg bei Hamburg kürte darum die Eisente zum Seevogel des Jahres 2017. Die einst so häufige kleine Tauchente verzeichnet einen dramatischen Bestandsrückgang. 2002 wurde die Anzahl noch auf 4,6 Millionen Vögel geschätzt, bezogen auf die Brutgebiete von Nordeuropa bis Westsibirien. 2017 waren es laut Jordsand nur noch 1,6 Millionen Tiere. Der Weltbestand halbierte sich in dem Zeitraum von sieben auf 3,5 Millionen Exemplare. Auch in Ostsibirien, Nordamerika, auf Grönland und Island ist die Eisente zu Hause. International ist sie heute ein Vogel auf der Roten Liste der bedrohten Arten. In Russland und Skandinavien wird die Eisente teils noch bejagt. Ihre Nahrung verknappt sich durch Muschelfischerei, Sand- und Kiesabbau. Außerdem verfangen sich Eisenten oft in Stellnetzen. Mehr Nachrichten aus der Region Eckernförde lesen Sie hier.

Strandes exotische Gäste - Diese bunten Wasservögel überwintern vor Bülk