Fischer aus Strande sauer: Wer zerschneidet unsere Netze?

"Wer tut so etwas?", fragt der Fischer, der betroffen ist. Er ist fassungslos. Seinen Namen möchte er nicht preisgeben. Er ist Rentner, hat sein Leben lang beruflich gefischt. Mit seinem kleinen Kutter fährt er immer noch gern "auf Fang". Aber der ist sehr klein, im Vergleich zu dem der beiden aktiven Berufsfischer aus dem Hafen der Gemeinde ist er sogar verschwindend winzig. Und selbst die jungen Profis gehören zu den sehr Kleinen der Ostsee-Küstenfischer. Das jüngste Opfer der Netze-Zerstörer beteuert, "dass ich sogar die meisten Fische aus der Reuse immer wieder freilasse". Alle 24 Stunden kontrolliere er die Reuse. Für den Bedarf der Familie hole immer nur ein paar Aale heraus. Tiere können sich in beschädigten Fischernetzen vor Strande verheddern: Anonym bleiben möchte der 72-Jährige trotzdem. "Man weiß nicht, was die Täter noch so im Schild führen", sagt er. "Ich habe ein bisschen Angst vor denen. Ich habe ja auch einen Kutter und so weiter." Und genau deshalb wollen auch die meisten seiner Kollegen aus dem kleinen Fischerverein nicht ihre Namen preisgeben. "Das geht hier seit Jahren so", bestätigen sie alle. "Etliche von uns waren schon mal betroffen. Doch ermittelt wird nie einer, der an die Netze geht." Wie immer sitzt die Seniorenriege - einige fuhren früher beruflich auf Fischfang - auch an diesem Vormittag zum Klönschack auf der Bank am Hafen zusammen, tauscht Neuigkeiten aus. Die zerstörte Aalreuse ist Thema. "Manchmal", erzählt einer, "wird auch einfach eine Reuse durchgeschnitten. Dann treibt ein Stück Netz so durchs Wasser. Darin können sich auch Wasservögel verheddern und verenden elend. Wenn das selbst ernannte Tierschützer sein sollten, die Aale befreien wollen, dann haben sie keine Ahnung, was sie anrichten. Außerdem: Kleinräumiger und umweltverträglicher als wir kann man doch dar nicht fischen." Strander Fischer mussten ihre Reusen nach Übergriffen schon oft flicken: Das Fangnetz, das zuletzt in vier Meter Wassertiefe aufgeschnitten wurde, liegt vorn auf dem Rasen. Mehrere Abteilungen der verjüngenden Reuse weisen lange Schnitte auf. An Stellen, die der betroffene Fischer nach derlei Erfahrungen schon einmal geflickt hat, zeichnen sich andersfarbig die Nähte ab. "Das können nur Radikale sein, die tauchen", vermutet einer. "Wer soll sonst sowas machen?" "Gemein und dumm ist das. Egal, wer es war", bekräftigt Wilhelm Wietzorke. Er äußert sich als einziger aus der Runde namentlich, "denn mir kann ja keiner was". Er ist Feriengast in Strande, wo er einmal im Jahr Zeit mit seiner Ehefrau verbringt. Auch er ist Rentner und immer noch gern mit Fischerboot auf Törn. An der Nordsee bei Wilhelmshaven ist er zu Hause. "Bei uns bekäme so einer, wenn man ihn kriegt, 'ne Hafenrundfahrt ohne Boot", setzt er hinzu. "Solche Typen gehören bestraft. Die wissen gar nicht, dass sie uns Kleinen großen Schaden zufügen. Die Großfischerei, mit der wir auch unser Problem haben, die uns nicht mag, die Raubbau im Meer betreibt, lacht sich doch kaputt." Lesen Sie auch: Kommentar von Cornelia Müller – Das ist kriminell Fischerverein Strande bestätigt etliche Schäden an Fischernetzen und Reusen: Wer was genau beabsichtigt und deshalb in krimineller Manier Netze beschädigt, "ist bisher aber nur Mutmaßung", sagt Uwe Pettke, Vorsitzender des Fischervereins Strande. Pettke ist Biologe, hat lange an Kieler Schulen unterrichtet. Das Fischen im Nebenerwerb war Jahrzehnte lang seine private Leidenschaft. Jetzt aber hat er keinen Kutter mehr, fährt nicht mehr raus auf die Strander Bucht. "Zwischen Strande und Kiel-Schilksee gab es in den vergangenen Jahren häufig Probleme mit Schäden an den Netzen", bestätigt er. Stellnetze der Kollegen weiter draußen vor Bülk seien weniger betroffen. Auch er hegt den Verdacht, dass Tierschutz ein Beweggrund sein könnte. "Ich habe da mal, unbeabsichtigt, Personen entsprechend reden hören. Aber es könnte auch sein, dass Leute den Fang einfach klauen wollen." "Sieben Mal haben wir Fälle der Polizei angezeigt. Aber Täter zu ermitteln, die nachts heimlich kommen, ist ganz schwierig. Man kann ja nicht auf dem Wasser vor dem Netz auf der Lauer liegen", sagt er. "Vor ein, zwei Jahren hat man uns direkt gefragt, ob es Probleme gibt, weil es wohl in der Eckernförder Bucht etliche Fälle gab." Polizei bestätigte auch Fälle in der Eckernförder Bucht: Die Wasserschutzpolizei in Kappeln, die auch für Eckernförde zuständig ist, bestätigt, das es im Jahr 2019 Fälle gab. "Es gab etliche mutwillige Netzschäden vor der Küste", heißt es aus dem Revier. "Dahinter steckten möglicherweise auch Streitigkeiten zwischen Nebenerwerbsfischern und Anglern." Gleichwohl habe man keinen Fall aufklären können. An der Kieler Förde sind nach Angaben der Wasserschutzpolizei Kiel aktuell keine Probleme bekannt. Fangdiebstähle meldeten in der Vergangenheit auch Berufsfischer im Binnenland, zum Beispiel im Bereich Nord-Oststee-Kanal und Borgstedter See. Dort beklagte ein Fischwirt zusätzlich zum Verlust der Fische mehrere Tausend Euro Schaden an den Reusen. In Hamburg wurden wiederholt Nebenerwerbsfischer Opfer. 2016 stahlen Fischdiebe gleich reihenweise Reusen aus der Elbe. Mehr Nachrichten aus der Region Eckernförde lesen Sie hier.