Gastro-Azubis im Lockdown: Kochen auf Sparflamme

In der Küche des Yachthotels und Restaurants Acqua in Strande schneidet Ema Burokaite mit einem Messer Cocktailtomaten für den Außer-Haus-Verkauf. Sie ist eine von acht Auszubildenden des Hotels. Gegenüber hackt ihr Azubi-Kollege Mateusz Walnüsse für einen Rote-Bete-Salat mit Feta und Basilikum. Von regem Treiben ist keine Spur. "Das fehlt mir, ich brauche den Stress und dass um mich herum viel los ist", sagt die 26-jährige Burokaite. Seit Monaten sind die Stühle im Gastraum hochgestellt und der Betrieb heruntergefahren. Nur eine kleine Karte mit Speisen zum Mitnehmen gibt es und ein paar Geschäftsreisende übernachten im Hotel. Ausbildung im Lockdown: Viel Theorie, kaum Praxis: "Die Dienstreisen bringen ein klein wenig Normalität", sagt Peter Klaua, Auszubildender zum Hotelfachmann im Acqua Strande. Er sitzt an der Rezeption, nimmt telefonische Essensbestellungen auf, kümmert sich um Zimmerbuchungen für den Sommer. "Die Arbeit am Gast fällt ansonsten komplett weg." Der 21-Jährige ist im dritten Lehrjahr, im April beginnen die ersten Abschlussprüfungen. "Ich habe jetzt mehr Zeit, theoretische Inhalte zu vertiefen, aber die praktische Übung fehlt einfach", sagt er. Klaua wisse jetzt zum Beispiel viel über Weinanbaugebiete und welcher Wein zu welchem Gericht passt, "aber nicht, wie ich den Wein am Gast gut serviere", erklärt der Auszubildende. Die Praxis lebe von der Routine, die es im Moment einfach nicht gebe. Bereit für seine Prüfungen fühle er sich trotzdem. Seine Berufsschullehrerinnen und -lehrer seien jederzeit für Fragen ansprechbar. Was fehlt, ist die tägliche Erfahrung: Routine ist das, woran es auch Stefanie Beckemeyer zufolge am meisten mangelt. "Hand in Hand zu arbeiten, fehlt einfach völlig", sagt die Inhaberin des Hotels Acqua in Strande. Keine Organisation im Service, keine Absprachen mit der Küche, wenig Warenbestellung. "Es ist einfach schwer, wenn einem durch die fehlende tägliche Erfahrung der Sinn für die Abläufe in der Gastronomie fehlt." Die Azubis werden im Moment überall eingesetzt, wenn auch nur vier Stunden pro Tag: in der Küche, im Service, an der Rezeption und auf den Zimmern. So arbeiteten sie auch eigenverantwortlicher, sagt Beckemeyer. Doch nicht alle Auszubildenden gingen in gleicher Weise damit um. "Die einen nehmen es wahr, aus der Situation mehr für sich herauszuholen, die anderen eben nicht", sagt die Hotelinhaberin. Einige Azubis hätten es als unfair empfunden, zur Arbeit kommen zu müssen, während die Festangestellten in Kurzarbeit seien. Zu Hause mal eine Serviette brechen: Für Eigenverantwortlichkeit plädiert auch Michael Stöcken, Ausbildungswart des Dehoga-Kreisverbandes Rendsburg-Eckernförde. "Ein engagierter Azubi kann auch zu Hause kochen oder den Tisch eindecken, mal eine Serviette brechen", sagt er. "Warum nicht mal eine Nudel selbst machen oder ein Schnitzel panieren?" Anschließend könnten Azubis mit ihren Ausbilderinnen und Ausbildern darüber sprechen. "Die beste Ausrede ist: Mein Chef hat mir das nicht gezeigt", sagt Stöcken. "Einfach ausprobieren, eine Ausbildung ist auch dazu da, Fehler zu machen." Lesen Sie auch: Dehoga-Chef fordert: "Regelungen hier können gelockert werden" Bremsen die Bedingungen die Lust auf das Arbeiten in der Gastronomie? Im Hotel Acqua scheint es nicht so: Gekündigt hat aufgrund der Pandemie keiner beziehungsweise keine der Auszubildenden. Auch im gesamten IHK-Bezirk Kiel, zu dem Strande gehört, haben wenige Azubis ihre Ausbildung in der Gastronomie abgebrochen. Von 254 neu abgeschlossenen Verträgen im Jahr 2020 seien 43 vorzeitig gelöst worden, erklärt ein IHK-Sprecher. Die Quote von 17 Prozent sei außerdem niedriger als die Quote über alle Berufe hinweg. Dort seien 25 Prozent der neuen Ausbildungsverträge aufgelöst worden. Auch Hotelfach-Azubi Klaua lässt sich den Spaß am Beruf vom Lockdown nicht verderben: "Ich habe Vorfreude, dass es hoffentlich bald wieder losgeht und ich die Theorie in der Praxis anwenden kann."