Geduld der Gastronomen wegen Öffnungsverbots in der Corona-Krise am Ende

Georg Bauer steht auf der Terrasse seines Bistros Das Kaiser in Strande. Blauer Himmel, Sonnenschein, aber keine Gäste sitzen an den Tischen. "Damit leben wir nun schon seit fünf, sechs Wochen", sagt er. Ohne Corona-Krise würde das Geschäft jetzt brummen. Und das sei auch nötig, denn während der Saison werden die Rücklagen gebildet, die über die umsatzschwache Zeit im Winter gebraucht werden. "Das dicke Ende kommt zum Ende des Jahres", sagt Bauer. "Es geht ums nackte Überleben", fügt er hinzu. Gastronomen wollen mehr Eigenverantwortung beim Infektionsschutz: Deshalb erscheine es ihm widersprüchlich, wenn der Einzelhandel öffnen dürfe, die Gastronomie aber nicht. In den großen Einkaufszentren zum Beispiel gebe es zwar Zutrittsbeschränkungen in den einzelnen Geschäften. "Aber im Foyer, auf der Rolltreppe oder im Aufzug kann der Mindestabstand oft nicht eingehalten werden." Gleichzeitig ist Georg Bauer überzeugt, dass er in seinem Lokal alle Auflagen berücksichtigen könnte, die nötig sind, damit sich das Coronavirus nicht weiter verbreitet. "Als mündige Bürger wissen wir die Situation einzuschätzen." Damit spricht der Wirt die Eigenverantwortung an, die bereits Henning Rohweder als Betreiber des Hochseilgartens Altenhof in einem Appell an Ministerpräsident Daniel Günther gefordert hatte. Die Unternehmer könnten selbst abschätzen, ob sie Hygieneregeln einhalten können oder nicht, schrieb Rohweder dem Regierungschef vor einer Woche. Hygienekonzept für die Bewirtung liegt vor: Georg Bauer hat längst ein Konzept ausgearbeitet. Darin sieht er nur die Hälfte der Tische im Lokal und auf der Terrasse vor, die mit einer Zwei-Meter-Distanz aufgestellt werden. Die Bestellung erfolgt mit Abstand, das Personal trägt Maske und Handschuhe, sieht sein Szenario zudem vor. Die Gäste holen sich das Essen selbst, das auf einem Extra-Tisch bereitgestellt wird. Vor jedem neuen Kunden werden die Plätze desinfiziert. Bezahlt wird am Tresen mit Spuckschutz. "Die Zutrittskontrolle unterliegt uns", beschreibt Bauer. Er habe tiefstes Verständnis für den Infektionsschutz. "Ich würde einen Teufel tun und die Situation herausfordern, sodass zu viele Gäste gleichzeitig kommen." Niemand wolle eine Lockerung, auf die eine zweite Schließung der Gaststätten folge. Aber der Gastronom stellt auch klar: "Das hält keiner zwei Monate lang durch." Umsatzverlust lasse sich nicht wieder aufholen: So sieht es auch Heiner Beckemeyer vom Hotel Acqua in Strande. "Wenn sich jemand mit Hygiene auskennt, dann die Gastronomie und Hotellerie", sagt er. Dennoch dürfe niemand öffnen. "Das stößt mir und vielen anderen auf", so Beckemeyer. Denn der Umsatzverlust lasse sich nicht wieder aufholen. Schon gar nicht, weil das Kurzarbeitergeld zwar genehmigt, aber noch nicht angekommen sei. "Wir schießen das Geld vor", sagt er. Mit jedem weiteren Tag mit Öffnungsverbot steige die Gefahr von Pleiten, ist Beckemeyer sich sicher. Davon seien auch die Mitarbeiter betroffen, die nur zwei Drittel ihres Lohns ohne Trinkgeld zur Verfügung haben. "Wir müssen das Geschäft zumindest in kleinem Rahmen wieder anfahren", sagt der Chef des 19-Betten-Hauses mit Restaurant. Von Lockerungen ist keine Rede: Doch von Lockerungen in dieser Branche ist in der Politik kaum die Rede, das weiß auch Frank Dreves, Vorsitzender des Ortverbandes Eckernförder Bucht im Hotel- und Gaststättenverband Dehoga mit rund 60 Mitgliedsbetrieben. Das sorge bei vielen Gastronomen für Existenzängste, berichtet er. "Die Betriebe bereiten sich zwar vor, wissen aber nicht, für welchen Zeitpunkt. Das ist sehr unbefriedigend", so Dreves, der das Landidyll Sönderby betreibt. Er plädiert für ein konkretes Datum und klare Auflagen, mit dem er und seine Berufskollegen planen können. Die Kreativität hat die Gastronomen jedoch auch in der Krise nicht verlassen. Manche bieten etwa ganze Grillpakete zum Mitnehmen an. Die jüngste Idee des Österreichers Georg Bauer vom "Kaiser" sind Kaiserschmarrn-Wertpapiere. Wenn alles vorbei sei, stehe ein Fest mit allen 'Aktionären' an, so Bauer. Kennen Sie schon die Post aus dem Newsroom? Den kostenfreien Newsletter der Kieler Nachrichten versenden wir Mo-Fr ab 17 Uhr. Hier können Sie sich für unser Mailing anmelden. Sie interessieren sich für Holstein Kiel? Dann melden Sie sich hier für den Newsletter " Holstein Kiel - Die Woche " kostenfrei an. Versand: jeden Freitag, 11.30 Uhr. 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