#SHbleibtstark: Der Höker Neuwittenbek ist die Nachbarschaftszentrale

Claudia Laparose blättert im Ordner. Hinter ihr türmt sich das Büchertausch-Regal für Kunden, rechts steht das Gemüseregal, davor Bierkisten. „Ah, diese Bestellung habe ich gesucht“, sagt sie erleichtert. Rasch trägt sie zwei kleine Päckchen Fleisch vom Schlachter in Osdorf, dazu zwei Becher Fleisch- und Eiersalat, Brötchen vom Gettorfer und körniges Biobrot vom Schinkeler Bäcker zusammen. „Fehlt noch das richtige Gemüse“, ergänzt sie. „Der Lieferwagen des Großhändlers müsste jede Minute kommen.“ Gründonnerstag in der Corona-Krise beim Lebensmittelhandel in Neuwittenbek. Direkt am Feuerwehrgerätehaus ist der Dorfladen untergebracht. Vor drei Jahren übernahm Laparose, die hauptberuflich bei der Tourismusagentur Schleswig-Holstein arbeitet, den Höker von Begründerin Maret Bruhn. Die wollte sich nach 20 Jahren aus dem Laden weitgehend zurückziehen. Unter #SHbleibtstark bündeln wir Initiativen und Hilfsangebote aus der Region, unterteilt in drei Kategorien: Hier finden Sie Hilfe und Unterstützung in der Corona-Krise So können Sie anderen in der Corona-Krise helfen Hier finden Unternehmen, Selbstständige und Arbeitnehmer Hilfe Die Themenseite zu #SHbleibtstark finden Sie hier. Die Nachbarschaftshilfe Neuwittenbek war sofort das: In dem kleinen Geschäft gibt es fast alles in kleiner Auswahl, was man täglich in der Küche braucht: Aufschnitt, Käse, Fleisch, Backwaren, Milchprodukte, Eier, Obst und Gemüse überwiegend aus der Region, Naschis, Säfte, Reis, Nudeln, Müsli und sogar Wein und Bier. Vieles ist ökologisch erzeugt. Als die Corona-Gefahr gen Norden rollte, stand sofort fest: Laparoses Höker wird Nachbarschaftszentrale. Hier sollten Lebensmittelbestellungen von Menschen mit erhöhtem Krankheitsrisiko einlaufen, hier sollen ehrenamtliche Helfer die Waren abholen und im ganzen Dorf und den umliegenden Haushalten austragen. Bürgermeisterin Waltraud Meier (SPD) hatte gleich einen Brief aufgesetzt und eigenhändig in alle Briefkästen gesteckt. „Das kommt an“, sagt die Höker-Inhaberin. „Die Leute bedanken sich herzlich. Und inzwischen sind wir hier ein kleiner Umschlagplatz.“ Höker Neuwittenbek ist Umschlagplatz der gegenseitigen Hilfe in Corona-Zeiten: Das lässt sie lächeln, wenn sie in Latexhandschuhen hinter einem Plastikschutz, der sie und die sonst frei zugängliche „Gemüseabteilung“ vom Rest des Geschäfts trennt, bestellte Ware packt. Und das obwohl der geschätzte Klönschnack bei einer Tasse Kaffee mit Kunden am Tisch oder auf der Terrasse jetzt flachfällt. Hört man sich um in anderen Gemeinden im Dänischen Wohld, so werden etliche der ausgeklügelten Unterstützungssysteme für Senioren und Risikogruppen erst spärlich angenommen, gemessen an der jeweiligen Einwohnerzahl. Ehrenamtler, Kirche, Gemeinden, Politik und Amtsverwaltung, die das gemeindliche Netzwerk gleich unterstützte, nehmen an, dass direkte Hilfe der Wohnungsnachbarn oder Familien umso besser greifen. Nicht alle Senioren lassen sich unterstützen in der Corona-Krise: Aber sie beobachten auch, dass Angesprochene immer noch lieber allein auf Einkaufstour sind, um Anschluss zu behalten. Das faktische Infektionsrisiko hat für viele wenig Gewicht. Und auch in der 1250-Einwohner-Gemeinde Neuwittenbek sind jetzt nicht alle Senioren zu Kunden geworden, die sich zu Hause bedienen lassen. Laparose: „Doch 15 feste Lieferungen pro Woche, Tendenz steigend, und eine erheblich Zahl derer, die Nachbarn oder Familienangehörige zum Abholen bestellter Ware schicken, machen mich zuversichtlich. So hoffe ich, dass der Schutz der für das Coronavirus Anfälligeren zumindest hier greift.“ Am Hintereingang taucht jetzt Evelyn Kaliebe, Vorsitzende des DRK-Ortsvereins, mit dem Fahrrad auf. Die gerade fertig gepackte Bestellung bringt sie zur Kundin. „Die Verständigung der Ehrenamtler, wer wann was abholt und wohin liefert, klappt per Whatsapp-Gruppe“, berichtet sie. „So laufen uns gegenseitig nicht über den Weg. Frau Laparose plant das prima.“ Chefin des Dorfladens macht den Job aus Freude an der Sache: Wie kann man all das neben seinem eigentlichen Beruf schaffen? Was motiviert Claudia Laparose? Die Höker-Chefin lächelt. „Einigermaßen leben kann von diesem Laden leider keiner, wenn er nicht alle Tage von morgens bis abends allein hinterm Verkaufstresen steht. Ich habe sechs Mitarbeiterinnen im Minijob eingestellt und bin selbst nur an bestimmten Tagen ein paar Stunden hier. Am Ende des Monats geht alles plusminus Null auf, weil wir ein tolles Team sind. Mir macht das einfach Freude. Ein Höker hält das Dorf und seine Mitte lebendig. Einen finanziellen Gewinn erzielen wir aber nicht.“ Weil sie in der vergangenen Tagen festgestellt hat, dass auch die Zahl der übrigen Kunden aus dem Dorf jetzt wächst, hegt sie eine stille Hoffnung. „Vielleicht“, sagt sie, „erkennen nun mehr Menschen in Neuwittenbek, dass man Dorfläden unbedingt erhalten sollte, und werden Dauerkunden.“ Lesen Sie auch: Corona-Liveblog: So ist die aktuelle Lage in Schleswig-Holstein Diese Bäckereien haben Ostern geöffnet Pflegekräfte aus dem Osten: Gibt es nach Ostern eine Betreuungslücke in SH? So viele bestätigte Corona-Fälle gibt es in Schleswig-Holstein So kommt die tägliche Corona-Statistik zusammen Land Schleswig-Holstein korrigiert Angben zu privaten Treffen zu Ostern Ministerpräsident Daniel Günther ruft zu Einhaltung der Corona-Regeln zu Ostern auf Diese Strafen sieht der Bußgeldkatalog in SH vor Bußgeldkatalog: Familie und Freunde treffen - was ist noch erlaubt? 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