So erlebt ein Taxiunternehmen aus Gettorf die Corona-Krise

Seit rund 20 Jahren ist Cenkiz Korkmaz in der Branche tätig, betreibt seit Oktober ein Unternehmen in Gettorf. Der 45-Jährige rechnet mit Einbußen von rund 70 Prozent. Zumindest an diesem Mittag geht es in der Taxizentrale am Gettorfer Bahnhof zu, wie in einem Taubenschlag. „Geben Sie mir bitte mal Ihre Adresse“, fragt Korkmaz den Anrufer, „welcher Name steht denn an der Klingel?“ Dann schickt der Taxiunternehmer einen Fahrer los. Kurz darauf klingelt das Telefon erneut, der nächste Auftrag. Von Krise also keine Spur? „Verhungern müssen wir nicht“, winkt Korkmaz ab. Gleichwohl spricht er von einem Einbruch des Geschäfts in den vergangenen Wochen. Zur Demonstration zeigt der Kronshagener den Tourenplan, der auf seinem Schreibtisch liegt: „Der war sonst voll, jetzt steht da nicht mal die Hälfte drauf.“ „Die kompletten Nachtfahrten sind weg“: Besonders schmerzt ihn der Wegfall der späten Touren: „Nach Mitternacht ist jetzt nichts mehr los.“ Dabei gehörten vor Corona die Fahrten am Freitag und Sonnabend zur Kneipe oder Disco in Kiel und Eckernförde sowie zu privaten Treffen bei Freunden zu den Haupteinnahmequellen. „Die kompletten Nachtfahrten sind weg“, stellt Korkmaz mit Bedauern fest. Was den Betrieb am Laufen halte, seien ausgerechnet Krankentransporte zur Dialyse oder Chemotherapie. Hinzu komme ein Seniorenfahrdienst dienstags und freitags zum Supermarkt oder Arzt, der dem Taxiunternehmer zufolge auch in der Corona-Krise gut genutzt wird. Was konkrete Zahlen angeht, schweigt Korkmaz allerdings. Er hat den Taxi-Betrieb im Herbst übernommen. Korkmaz ist aber schon viel länger im Geschäft. Er war 18 Jahre als angestellter Taxifahrer in Kiel unterwegs. 2018 machte er sich mit einem Auto in der Landeshauptstadt selbstständig. Im Herbst vergangenen Jahres folgte der Wechsel nach Gettorf. Keine Entlassungen bisher: Der Taxiunternehmer hat neun Autos, davon zwei Achtsitzer. Nach seinen Worten sind in dem Betrieb rund 30 Fahrer im Einsatz, darunter Festangestellte, Rentner und Aushilfen. „Ich musste bisher niemanden entlassen“, berichtet er, „die Leute müssen doch ihre Miete bezahlen.“ Ahmed Akbaba (21) kehrt nach einer Tour in die Zentrale zurück. Er studiert Maschinenbau und fährt nebenbei Taxi. „Es ist weniger los“, stellt der Kieler fest. War er vor Corona in einer Sonntagsschicht zwölf Stunden durchweg unterwegs, sei nun nach sechs Stunden die Luft raus. Ihm fällt zudem auf: „Die Leute sind vorsichtiger, tragen fast alle Masken.“ Darauf hat sich Korkmaz in der Corona-Krise eingestellt. Auf Anfrage bekommen die Fahrgäste eine Maske. „Manchmal wird am Telefon danach gefragt“, erzählt der Unternehmer. Auch seinen Taxifahrern stehen Gesichtsbedeckungen zur Verfügung. Zudem haben sie Desinfektionsmittel an Bord. Und im Auto bleibt der Beifahrersitz vorn stets frei – wegen des Abstands. Denn auf eine Trennwand zwischen Fahrgästen und Chauffeur verzichtet der Betrieb. Zudem sind komplett volle Taxis momentan tabu. „Ich mag den Beruf“, betont Korkmaz. Ihm gefalle daran der direkte Kontakt zu den Menschen - die Gespräche mit den Kollegen in den Pausen und im Taxi mit den Fahrgästen. Fahrgäste verzichten auf Unterhaltungen: Doch in der Corona-Krise weht ein anderer Wind, da stellt sich eine gewisse Distanz ein: „Die Leute sind zurückhaltender“, sagt Korkmaz. Oft verzichteten die Fahrgäste jetzt auf Unterhaltungen. Und wenn, dann gehe es häufig um Corona oder den Umgang von Politik und Gesellschaft mit der Krisensituation. „Ich versuche trotzdem, ein Gespräch anzufangen“, sagt Taxifahrer Akbaba. Wenn das nicht klappe, lausche er eben dem Radio. Lesen Sie auch: Corona-Liveblog: So ist die aktuelle Lage in Schleswig-Holstein So viele bestätigte Corona-Fälle gibt es in Schleswig-Holstein Abzocke beim Maskenkauf im Internet Macron dankt Kiel für Hilfe mit Covid-19-Patienten Elternvertreter fordern: Kitas öffnen, Corona-Kindergeld zahlen Kieler Woche 2020: So reagieren die Leser auf die neuen Pläne Handel in Corona-Zeiten: Hier können Sie am Sonntag einkaufen Top-Stars verschieben ihre Shows in Kiel Verstoß gegen Corona-Maßnahmen: Nordfriesen stecken sich beim Grillen an Erster Corona-Ausbruch in Segeberger Pflegeheim Stornierte Reise: Kunden können laut Verbraucherzentrale Rückzahlung verlangen Corona-Frage des Tages: Wie wäscht man im Mietshaus? Hier finden Sie die Antwort Fridays For Future: So wird während der Corona-Pandemie demonstriert Alltagsmasken: Das müssen Sie beachten Diese Strafen sieht der Bußgeldkatalog in SH vor Schutz vor Corona: Diese Desinfektionsmittel wirken Weitere Informationen zum Coronavirus erhalten Sie auf unserer Themenseite.

Einbußen von rund 70 Prozent - So erlebt ein Taxiunternehmen aus Gettorf die Corona-Krise