Standortmanagerin Ulrike Münzberg-Niemann: Sie arbeitet an Gettorfs Zukunft

Seit 2017 sind Sie Referentin für Standortmarketing und Wirtschaftsförderung in Gettorf. 2020 hat man Ihren Vertrag verlängert. Ihre Stelle bewährt sich also. Ulrike Münzberg-Niemann: Das ist ein Vertrauensbeweis, über den ich mich sehr freue. Von Beginn an hatte ich Zuspruch von Politik und Gewerbetreibenden sowie Vereinen und Verbänden. Das ist sehr schön. Welche Aufgaben haben Sie konkret? Ziel ist die Stärkung des Wirtschaftsstandorts. Zum einen ist das Unterstützung der Unternehmen vor Ort, außerdem geht es um die Ansiedlung neuer Unternehmen. Ich kümmere mich um Unternehmen, halte Kontakt. Zweitens habe ich den Wohn- und Lebensstandort Gettorf im Blick. Die Grundbedingungen können Sie nicht selbst verändern. Diese Weichen stellt die Politik, in dem sie zum Beispiel ein Gewerbegebiet ausweist. Sind Sie also das Bindeglied zwischen Wirtschaft und Politik? Ja, ich halte die Kontakte und berichte in den Gremien über das, was ich erfahre und was man tun könnte. Ich bin in engem Austausch mit dem Handels- und Gewerbeverein. Ich gebe in meinem Bereich Impulse, Ideen und erarbeite Konzepte. Gettorf fördert junge Unternehmer finanziell: Sie hatten 2020 vorgeschlagen, Jungunternehmer und Existenzgründer zu fördern. Ist das so eine Initiative? Ja. Die Politik hat in der Folge eine Unternehmensförderrichtlinie beschlossen. Dafür sind erst einmal für ein Jahr 10.000 Euro bereitgestellt, von denen Unternehmensgründungen bezuschusst werden können. Anträge dürfen seit Jahresbeginn 2021 gestellt werden. Ein wichtiger Bestandteil meiner Aufgabe ist ja auch die Belebung des Ortskern, in dem es immer wieder Leerstände gibt. Förderung können nun vor allem Kleinst- und Kleinunternehmen sowie Start-Up-Unternehmen bekommen, die vorzugsweise im Ortskern, beispielsweise einen Laden eröffnen wollen. Gibt es Förderanträge? Wir hatten schon im Jahr 2020 Anfragen, aber darüber konnten wir zu dem Zeitpunkt noch gar nicht entscheiden. Ich rechne in Kürze mit ersten Anträgen. Wie kommt eine Standortmanagerin zu ihren Vorschlägen, abgesehen von Gesprächen vor Ort? Oft entsteht etwas im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Orten. Gettorf ist beispielsweise Mitglied im Bundesverband City- und Stadtmarketing. So bin ich auf eine Kommune in Niedersachsen gestoßen, die diese Förderung praktiziert. Ich habe mich mit der dortigen Standortmanagerin unterhalten, eine auf Gettorf zugeschnittene Richtlinie erarbeitet und in die Ausschüsse eingebracht. Ulrike Münzberg-Niemann ist studierte Geografin. Die 47-Jährige ist bei der Gemeinde Gettorf als Referentin für Standortmarketing und Wirtschaftsförderung, kurz Standortmanagerin, angestellt. Davor war sie bei der Stadt Neumünster im Bereich Regionalentwicklung tätig. In Gettorf hat sie ihr Büro im Coworking-Space Gettwork. Hier ist sie Ansprechpartnerin für Zeitmieter der Büroarbeitsplätze, Besprechungs- und Konferenzräume. Münzberg-Niemann wohnt mit ihrer Familie in Kiel. „Gettorf würde mir auch als Wohnort gut gefallen“, sagt sie. „Vielleicht ergibt sich Chance.“ Was ist förderfähig? Das reicht von der Website-Gestaltung bis zum Mietkostenzuschuss. Die Richtlinie kann man im Internet auf der Gettorf-Seite einsehen. Dazu kann ich nur ermuntern. Weihnachtsmarkt Gettorf fördert lokale Wirtschaft indirekt: Sie haben auch Veranstaltungen gemanagt oder ein neues Konzept dafür aufgelegt. Da ist der Gettorfer Weihnachtsmarkt. Ist das indirekte Wirtschaftsförderung? Hier geht es wieder um die Belebung des Ortskerns und die Steigerung der Lebensqualität. So ein Markt strahlt aus, wenn viele hingehen und sich wohlfühlen. Mancher entdeckt dabei Gettorf neu. Im ersten Jahr war der Aufwand hoch. Die Gemeinde hat investiert. Wir konnten dann hübsche einheitliche Buden mieten, um die Fußgängerzone gemütlich herzurichten. Das kam an. Dabei haben wir 2018 Erfahrungen gesammelt fürs nächste Jahr, in dem wir nachgebessert haben. Leider ruhte er 2020 aufgrund der Corona-Lage. Auch das Rapsblütenfest des Handels- und Gewerbevereins musste ausfallen. Mit dem kommunalen Coworking-Space Gettwork hat Gettorf Neuland in Schleswig-Holstein betreten. Dort haben Sie Ihr Büro, dort sind Sie auch die Managerin. Wie kam es dazu, dass Gettorf den Mut dazu fand? Im Mai/Juni 2018 stand in Gettorf vier Wochen lang der mobile Coworking-Space der Heinrich-Böll-Stiftung. Wir waren die erste Station in der Kiel-Region. Das Projekt sollte ausloten, wie Coworking im ländlichen Raum funktioniert. Der Container weckte großes Interesse. Danach haben wir Bilanz gezogen, was es der Gemeinde gebracht hat. Es kam die Diskussion in den politischen Gremien in Gang. Gemeinsam mit einigen Kommunalpolitikern, der Coworkland-Genossenschaft und Dataport habe ich die Idee dann weiter vorangetrieben. So haben wir später zusammen ein Konzept ausgearbeitet und umgesetzt. Lesen Sie auch: So schön arbeitet man bei Gettwork Wie kann Gettorf von seinem heutigen Coworking-Space profitieren? Wir steigern Lebensqualität, indem man wohnortnah arbeiten kann. Pendeln würde dadurch vermindert. Wir können denen, die mobil arbeiten, einen Platz geben, an dem sie sich mit anderen innovativen Köpfen austauschen. So ein Space kann Geschäftsideen – oft im IT-Bereich – befördern und Existenzgründern helfen, sich für Gettorf zu entscheiden. Unseren Konferenzraum mit moderner digitaler Videotechnik können auch örtliche Unternehmen nutzen. Wir bieten dazu Raum für Veranstaltungen und Beratungsangebote. Standortmanagerin hat Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Blick: Wird das trotz Corona genutzt? Der Besprechungsraum wird aktuell zum Beispiel für Kundengespräche gebucht. Da wir ein gutes Hygienekonzept haben, wird auch ein Teil der Mietarbeitsplätze momentan genutzt. Mancher gönnt sich hier auch eine Abwechslung zum Homeoffice. Sie hatten Glück, dass sich ein Standort mit viel Platz am Ortskern fand. Der ist ideal. Wir sind gegenüber vom Bahnhof und schnell mit dem Zug zu erreichen. Das passt zum Klimaschutz, den Gettorf lokal fördern will. Und es ist ein großer Vorteil, dass Dataport für Mitarbeiter einen Raum dauerhaft gebucht hat. Dataport hat uns auch bei der digitalen Ausstattung unterstützt. Was ist Ihr Wunsch für Gettorf? Dass wir den Ortskern auch gestalterisch noch attraktiver machen. Dass Politik, Handel, Gewerbe und alle anderen Akteure Gettorf noch nachhaltiger gestalten, wir mit der Elektromobilität und der Digitalisierung vorankommen, eine Mobilitätsstation am Bahnhof bekommen. Ich kann mir auch eine Band-Night in den Geschäften vorstellen. So etwas gibt es beispielsweise in Lütjenburg. Ich denke, dass wir die Aktion Strandfrühstück der Eckernförder Bucht um eine Picknickmeile Gettorf bereichern könnten. Und ich wünsche mir, dass die Gettorfer in Gettorf kaufen. Wenn die Geschäfte nicht überleben, schadet das dem Ortskern.