Stodthagen bei Felm: Wiesenschlüsselblumen bringen Vielfalt zurück

Winzig sind die zarten hellgrünen Pflänzchen, die Blätter erinnern an Primeln. „Die Blütezeit ist vorüber. Aber nächstes Jahr sehen wir hoffentlich schon viel Gelb“, sagt Christian Dolnik. Der promovierte Biologe von der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein setzt an diesem Morgen mit zwei jungen Frauen im Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ) und einer Trainee 770 Minipflanzen in kleinen Pulks ins wellige Weideland zwischen Wald und Forsthaus ein. Ein romantisches Bild: Zwischen kleinen Teichen grasen bedächtig junge Galloway-Ochsen. Auf einem der Kleingewässer leuchtet wie tausende weißer Sternchen der Wasserhahnenfuß. Das Quaken der Frösche mischt sich mit Vogelgesang. Standort der Wiesenschlüsselblume in Felm mit Bedacht gewählt: Telie Narciss und Alina Unverricht hocken weiter oben am Hang und stechen sorgfältig kleine runde Löcher im Abstand von etwa 50 Zentimeter in den Boden mit den saftigen Gräsern. Sie setzen jeweils ein Schlüsselblumenpflänzchen ein und drücken die Erde wieder gut an. „Es macht Freude sich vorzustellen, wie es nächstes Jahr hier blüht“, merken die beiden FÖJ-lerinnen an. „Und wir können sogar nachsehen, ob unsere Arbeit erfolgreich war.“ Die zwei kommen aus Nordrhein-Westfalen, wohnen jetzt in Kiel und wollen ab August hier studieren. Sie bleiben der Region also treu. „Wir setzen jeweils eine größere Anzahl von Pflanzen an einen Fleck, damit es mit der Bestäubung im Frühling auf jeden Fall klappt“, erläutert Dolnik. „Wiesenschlüsselblumen haben zweierlei Staubblätter, lang- und kurzgriffelige. Hummeln kriechen also mal tiefer und mal weniger tief in die Blüte, um an den Nektar zu kommen. So bleiben viele Pollen gut verteilt in ihrem Pelz hängen, und am Ende werden alle Blüten bestäubt.“ Die Galloways von Stodthagen schonen die Wiesenschlüsselblumen: Auch der Ort am Hang ist mit Bedacht gewählt. Am Hügel gegenüber ist Trainee Merle Wegner, die ihr Biologiestudium abgeschlossen hat, ebenfalls mit dem Pflanzen beschäftigt. Der Biologe: „Der Wind wird die Samen jeweils ins Tal tragen, sodass sich die Schlüsselblumen über das Areal ausbreiten. Das ist der Plan.“ Gute Erfahrungen hat die Stiftung auf dem Appelwarder. Auf der Insel im Lanker See bei Preetz weiden ebenfalls Rinder. Hier fuhr nie schweres Gerät. Die Tiere werden nach dem Winter mit dem Boot zur Insel gefahren. Die Wiesenschlüsselblume oder Echte Schlüsselblume (Primula veris) ist stark gefährdet. 2016 war sie Blume des Jahres. Sie braucht die halboffene Weidelandschaft und setzt sich selten von allein wieder durch, wenn intensive Landwirtschaft weicht. Im Rahmen des bundesweiten Projekts Blütenmeer 2020 für biologischen Vielfalt (Förderung 2,9 Millionen Euro) baute die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein in Eggebek auch eine Arche-Gärtnerei auf. Aus Samen natürlich vorkommender, aber bedrohter Wiesenblumen wurden neue Pflanzen gezogen. Die Gärtnerei ist jetzt selbständig und hat die Pflänzchen für Stodthagen aus Samen eines Kleinstandorts auf Fehmarn vermehrt. Diese Blütenmeer GmbH sichert Saatgut bedrohter Wildpflanzen von Wiesen, Weiden, Heiden Schleswig-Holsteins. „Sie schonen echte Schlüsselblumen. Die Blätter sind ihnen zu pelzig“, klärt Dolnik auf. „Daher war diese Pflanze früher ständiger Begleiter der halboffenen Weidelandschaften mit Rindern. Pferde würde sie abknabbern.“ Deshalb hat er die Südkoppel von Stodthagen für das Projekt gewählt. „Auf der extensiv beweideten Nordkoppel haben wir auch Exmoore-Pferde, die einen anderen Nutzen für die Natur der ehemaligen Moorflächen mitbringen.“ Stiftung Naturschutz betreut Flächen bei Felm seit 20 Jahren: Seit 2002 gibt es auf den vor 20 Jahren von der Stiftung erworbenen Flächen in Felm wieder eine extensive Beweidung. So bleibt der Bewuchs kurz. Ursprüngliche Wiesenblumen und -gräser können sich wieder durchsetzen – ganz anders als auf gepflügten und stets neu eingesäten Flächen einer Landwirtschaft, in der allein die Effektivität der Futterpflanze zählt. „Damit geht leider auch die Vielfalt der Flora und folgend die der Insekten verloren“, erläutert er. Die Wiesenschlüsselblume hat es in Stodthagen bisher trotzdem nicht allein geschafft. „Zu intensiv war die Nutzung über lange Zeit. Deshalb helfen wir ein bisschen nach.“ Mehr Nachrichten aus der Region Eckernförde lesen Sie hier.

Stodthagen bei Felm - Echte Schlüsselblumen für die Vielfalt