Wegen Corona: Eckernförder Getränkehersteller Behn meldet Kurzarbeit an

Viel wird in diesen Tagen über die Gaststätten berichtet, die durch die Schließung seit dem 18. März in wirtschaftliche Not geraten. „Weniger bekannt sind die Strukturen dahinter, die ebenso betroffen sind“, sagt Waldemar Behn, der gemeinsam mit seinem Bruder Rüdiger das Unternehmen führt. Die Traditionsfirma Behn, die in das 128. Jahr ihres Bestehens geht, gilt in Eckernförde als ein wirtschaftlicher Fels in der Brandung. Breit aufgestellt mit Produktion und Getränkegroßhandel, ein solides Familienunternehmen in vierter Generation. Kennen Sie schon die Post aus dem Newsroom? Den kostenfreien Newsletter der Kieler Nachrichten versenden wir Mo-Fr ab 17 Uhr. Hier können Sie sich für unser Mailing anmelden. Sie interessieren sich für Holstein Kiel? Dann melden Sie sich hier für den Newsletter " Holstein Kiel - Die Woche " kostenfrei an. Versand: jeden Freitag, 11.30 Uhr. Dramatische Umsatzsituation: Doch dann kamen Corona und die Folgen. „Die Umsatzsituation ist dramatisch“, beschreiben die Behns die aktuelle Lage. Beispiel: Der Getränkegroßhandel, der neben den großen Marken wie Kleiner Feigling oder Küstennebel immer ein bisschen im Hintergrund steht. Kaum bekannt ist, dass er fast 800 Gastronomiebetriebe zwischen Neumünster und Flensburg versorgt. Dazu kommen Lebensmittel- und Getränkemärkte, Kliniken, Tankstellen und große Veranstaltungen. Kurzarbeit angemeldet: In allen Bereichen ging der Absatz seit den Corona-Beschränkungen zurück. Am härtesten trifft es den Gastronomiesektor, der allein 80 Prozent ausmacht. „Dass die Betriebe geschlossen haben, ist ein Riesenproblem“, sagt Waldemar Behn. Der Getränke-Umsatz, der 65 Prozent des Gesamtumsatzes beträgt, ging hier auf Null. In der Folge versucht Behn, die Kosten zu reduzieren, meldete das Unternehmen erstmals in seiner Geschichte Kurzarbeit an. Die Firma Behn wurde 1892 von Waldemar Behn als Bierlieferant für die Arbeiter beim Bau des Nord-Ostsee-Kanals gegründet. Der Getränkegroßhandel mit 90 Mitarbeitern und Standorten in Eckernförde und Flensburg gehört heute zu den Großen im Norden Schleswig-Holsteins. Er versorgt unter anderem 800 Betriebe aus der Gastronomie. Dazu kommt eine Beteiligung an der Firma Getränke-Möller auf Sylt mit 120 Gastronomie-Kunden. Im Produktionsbereich des Unternehmens sind 150 Mitarbeiter beschäftigt. Kleiner Feigling, Küstennebel, Dooleys und Danzka Wodka gehören zu den bekannten Marken. Der Vertrieb läuft deutschlandweit und in über 90 Länder der Welt. Produziert wird in Eckernförde. Geführt wird das Unternehmen in vierter Generation von den Brüdern Waldemar und Rüdiger Behn. Ohne Tourismus bricht Absatz ein: Betroffen ist aber auch die Produktion. Sie musste auf 35 bis 40 Prozent heruntergefahren werden. „Der Kleine Feigling hängt von Feiern und Veranstaltungen ab, der Küstennebel oder Fischergeist vom jetzt fehlenden Tourismus“, umreißt Rüdiger Behn die Situation. Die Absatzverluste bewegen sich bei 50 Prozent. Auch der Duty-Free-Handel leidet insbesondere unter den Einschränkungen des Flugverkehrs. „Das trifft uns weltweit“, so Behn. Er erwartet nur eine langsame Erholung. Bleiben der Lebensmittelhandel, der Getränkefachhandel und die Märkte, die etwa 40 Prozent des Gesamtumsatzes ausmachen. Forderung nach Perspektiven: Ein Rettungsanker für das Unternehmen ist derzeit die Stundung der Branntweinsteuer durch den Staat. Sie beträgt für Behn eine Million Euro monatlich, wird aber nur für drei Monate gestundet. „Das ist keine Dauerlösung“, sind sich die Inhaber sicher. „Wir verlieren jeden Tag Geld.“ Wie lange die Getränkefirma das durchhalten kann, ist noch unklar. Der Appell der Behns an die Politik: Die Wirtschaft in der Corona-Krise wieder zu öffnen und dafür ein klares Regelwerk für den Infektionsschutz vorzugeben. Ohne Perspektiven, so befürchten die Eckernförder Unternehmer, steuere Deutschland auf eine der größten Wirtschaftskrisen zu mit unkalkulierbaren Spätfolgen für alle. Desinfektionsmittel als Alternative: Ob nach Corona die Firma Behn dann noch die gleiche sein wird, wie jetzt, ist offen. „Doch wir werden alles dafür tun, zu überleben“, betont Waldemar Behn. Das Unternehmen habe in seiner über hundertjährigen Geschichte so manche Krise überstanden. Kreativ wollen die Behns weiterhin bleiben. Die Herstellung von derzeit gefragten Desinfektionsmitteln wäre technisch sofort möglich, scheitert momentan aber noch an behördlichen Auflagen. Aktuell wird deshalb eine Kooperation mit einem Betrieb aus dem pharmazeutischen oder chemischen Bereich angestrebt. Dann könnte Behn in Zukunft nicht nur Schnaps, sondern auch Desinfektionsmittel produzieren. Corona-Liveblog: So ist die aktuelle Lage in Schleswig-Holstein So viele bestätigte Corona-Fälle gibt es in Schleswig-Holstein Abzocke beim Maskenkauf im Internet Datenschutz-Kritik an Corona-Karte des Kreises Rendsburg-Eckernförde Kieler Woche 2020: Planungen mit vielen Fragezeichen Corona-Krise: Wie Möbelhäuser um Kunden kämpfen Karl-May-Spiele fallen aus: Viele Schüler und Studenten ohne Job Spielplätze öffnen: wie soll das gehen? Sig Sauer: Ärger um Beschussstelle in Eckernförde In Corona-Zeiten: Gartenkonzerte sorgen in Seniorenheimen für Abwechslung Stornierte Reise: Kunden können laut Verbraucherzentrale Rückzahlung verlangen Corona-Frage des Tages: Wie wäscht man im Mietshaus? 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Erstmals Kurzarbeit - Corona bringt Behn in schwere See