Abriss-Party am ehemaligen „Club 88“ in Neumünster geplant

18 Jahre lang hatte es die winzige Gaststätte an der Kummerfelder Straße im Stadtteil Gadeland gegeben. Nie offiziell bestätigt, aber wohl genau so gewollt: Die Zahl 88 im Namen stand für den achten Buchstaben im Alphabet. Die Gadelander hatten also jahrelang den „Club Heil Hitler“ in ihrer Nachbarschaft. Die Kneipe stand immer wieder im Mittelpunkt von Auseinandersetzungen zwischen Linken und Rechten, zwischen Anhängern und Anwohnern, zwischen Demonstranten und Polizisten. Mehrere Versuche der Stadt, der Betreiberin die Konzession mit juristischen Mitteln zu entziehen, waren nach jahrelangen Rechtsstreitigkeiten gescheitert. Am Neujahrsmorgen war vor dem „Club“ immer als erstes gefegt: Auch mit dem Ordnungsrecht war dem Laden nicht beizukommen: Die Betreiberin und ihre Gäste ließen sich formal nie etwas zuschulden kommen, hielten Vorschriften und Lautstärke-Regeln ein. Am Neujahrsmorgen war vor dem „Club“ immer als erstes die Straße gefegt. Über die Jahre gab es Dutzende von Demonstrationen in Neumünster gegen den „Club“, vereinzelt aber auch für ihn. Zeitweilig fanden dort Konzerte einschlägiger Bands statt, die Anhänger aus ganz Norddeutschland anzogen. Große Polizeieinsätze waren die Folge. Es gab Tumulte, Wasserwerfer, Steine flogen. In der Geschichte des „Clubs 88“ gab es sogar eine Phase, da berichteten amerikanische Zeitungen über die „Nazi-Bar in Neumunster, Northern Germany near Hamburg“. Die Neonazis rühmten ihren Treffpunkt zeitweilig als „National befreite Zone“ – und das genau gegenüber der Grundschule Gadeland. Die Kinder auf dem Schulhof konnten das Treiben auf der anderen Straßenseite beobachten. 2014 war die Kneipe plötzlich zu: Dann verschwand die Kneipe ganz plötzlich Anfang 2014. „ Die Stadt hat das Gewerbe von Amts wegen abgemeldet“, sagte Neumünsters Stadtsprecher Stephan Beitz damals. Per Ende Januar hatte die Mieterin und Betreiberin der Gaststätte plötzlich den Mietvertrag gekündigt und das Objekt geräumt. Die Stadtverwaltung fragte schriftlich nach, was aus der Gaststättenkonzession werden solle. „Als keine Antwort kam, haben wir gehandelt“, sagte Beitz damals. Verein Tolzi: Abriss noch im Jahr 2020: Nach den Informationen des Vereins für Toleranz und Zivilcourage (Tolzi) wird das Gebäude noch in diesem Jahr abgerissen. Der Verein hat beschlossen, eine Abrissparty mit einem Konzert auszurichten. „Wir haben uns vor 20 Jahren mit dem Ziel gegründet, diesen in ganz Norddeutschland bekannten Nazi-Treff dicht zu machen“, sagte der frisch wiedergewählte Vorsitzende Jonny Griese. Er gehörte zusammen mit Angelika Beer zu den Gründungsmitgliedern von Tolzi, beide sind immer noch im Kampf gegen rechte Tendenzen aktiv. Die ehemalige Bundes- und Landtagsabgeordnete Beer wurde auf der Hauptversammlung gerade zur Kassenwartin gewählt. Die Freude ist groß, dass der „Club“ abgerissen wird. Griese: „Dieser Schandfleck muss endlich weg.“ Strom & Wasser spielen auf der Party: Musizieren bei der Abriss-Party werden der Sänger Heinz Ratz und seine Band Strom & Wasser. Sie engagieren sich seit Jahren gegen Rechtsextremismus und für Zivilcourage. Innerhalb der Interkulturellen Wochen von Neumünster (28. September bis 4. Oktober) spielt die Band an geschichtsträchtigem Ort, nämlich in der Grundschule Gadeland, genau gegenüber dem ehemaligen „Club“. Das Konzert findet am Freitag, 2. Oktober, um 20 Uhr statt. Kostenlose Eintrittskarten wird es zu einem späteren Zeitpunkt in der Buchhandlung Krauskopf am Großflecken 32 geben.