Corona-Auflagen: Keine Anschlussprüfung für Förderschüler in Neumünster

Die Abitur-Prüfungen haben begonnen, und der Vorbereitungsunterricht für den ersten und den mittleren Schulabschluss ist gestartet. Förderschüler gucken in die Röhre. Trotz Inklusion werden sie in diesem Jahr keine Abschlussprüfungen machen und nehmen folglich auch nicht am Vorbereitungsunterricht teil. „Hat sich irgendjemand im Ministerium Gedanken gemacht?“: „Hat sich irgendjemand im Ministerium Gedanken gemacht, was mit den Förderschülern an den Gesamtschulen passieren soll?“, fragt Peter Kasperczyk. Sein Sohn Dominik hat eine anerkannte Lernbehinderung und besucht seit fünf Jahren eine Integrationsklasse (I-Klasse) an der Gemeinschaftsschule Faldera. Eigentlich stünden auch für ihn nun die Prüfungen für den Förderabschluss an. Doch anstatt sich weiter – wie seine Mitschüler für ESA – in der Schule auf seine Prüfung vorzubereiten, bearbeitet Dominik nun offene Aufgaben aus den Arbeitsbüchern des laufenden Schuljahres für Deutsch, Englisch und Mathe alleine zu Hause. Seine Lehrerin hat ihm die Aufgaben per Mail geschickt. „Dominik hat die Vorbereitungen mit viel Elan bearbeitet“: „Anfangs hieß es, Dominiks Abschlussprüfungen fänden zeitgleich mit den Prüfungen zum ersten allgemeinen Bildungsabschluss (ESA) statt“, berichtet Peter Kasperczyk. Zur Vorbereitung wurden seinem Sohn vor den Osterferien Prüfungsarbeiten aus den letzten Jahren zugeschickt. „Dominik hat sie mit viel Elan bearbeitet“, sagt sein Vater. Dass das Bildungsministerium die Prüfungstermine für den ersten allgemeinen Schulabschluss vom 5. bis zum 14. Mai bereits vor den Osterferien bekannt gab, die Förderschüler aber mit keiner Silbe erwähnt wurden, machte ihn stutzig. Laut Zeugnisverordnung (ZVO) des Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 18. Juni 2018 erhalten Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf unabhängig von der besuchten Schulart ein Abschlusszeugnis, wenn sie nach Erfüllung der Schulpflicht die Ziele ihres Förderplanes erreicht und die von der obersten Schulaufsicht empfohlenen Kriterien erfüllt haben. In der Vergangenheit boten Gemeinschaftsschulen fakultativ Abschlussprüfungen für Förderschüler an, deren schulische Leistungen nicht den Anforderungskriterien zum Erlangen des ersten allgemeinen Schulabschlüsse entsprachen. Mit der Corona-Pandemie hat sich die Situation geändert. Für sämtliche Schüler, die nicht an Abschlussprüfungen teilnehmen müssen, gilt momentan das Betretungsverbot. „Förderschüler erhalten auch ohne Prüfung ein Abschlusszeugnis. Ihnen entstehen keine Nachteile“, heißt es vonseiten der Schulbehörde. „Nein, die Förderschüler brauchen keine Prüfung machen“: „Am 17. April, drei Schultage bevor der Vorbereitungsunterricht in der Schule beginnen sollte, kam dann nach mehrfacher Nachfrage meinerseits mittags die Mitteilung: ‚Nein, die Förderschüler brauchen keine Prüfung machen, sie bekommen auch so ein Abschlusszeugnis“, erzählt Peter Kasperczyk. Damit sei klar gewesen, dass Dominik seinen Lehrern und Klassenkameraden zu Schulzeiten nicht mehr begegnen würde. Großes Verständnis für strenge Corona-Regeln: Für strenge Corona-Regeln habe er größtes Verständnis, sagt der Familienvater. Was er vermisse, seien klare Ansagen und ein ehrlicher Umgang mit der Situation. „Unser Bildungsministerium rühmt sich öffentlich mit der Stärkung von Schulabgängern. Gilt dieser Anspruch wirklich für alle?“, fragt Peter Kasperczyk. Nach den Erfahrungen der letzten Wochen verstärkt sich sein Eindruck, dass Förderschüler – also jene, die besondere Unterstützung brauchen, bei den Überlegungen, wie Prüfungen unter strengen Hygieneregeln stattfinden können, keine Rolle spielen. „Wenn sich Ministerin Prien frühzeitig an die Förderschüler gewandt hätte: ,Es tut uns leid, wir kriegen das nicht hin – das momentan geltende Betretungsverbot an Schleswig-Holsteins Schulen verbietet eine Abschlussprüfung für Förderschüler’, stünden wir als Eltern jetzt nicht vor dem großen Dilemma, unseren Kindern klar machen zu müssen, dass Abschlussprüfungen zwar wichtig für das weitere Fortkommen im Leben sind, Schüler mit Lernbehinderung jedoch nicht teilnehmen dürften.“ Für Peter Kasperczyk konterkariert das Verhalten des Bildungsministerium den Inklusionsgedanken. Kennen Sie schon die Post aus dem Newsroom? Den kostenfreien Newsletter der Kieler Nachrichten versenden wir Mo-Fr ab 17 Uhr. Hier können Sie sich für unser Mailing anmelden. Sie interessieren sich für Holstein Kiel? Dann melden Sie sich hier für den Newsletter " Holstein Kiel - Die Woche " kostenfrei an. Versand: jeden Freitag, 11.30 Uhr. Lesen Sie auch: Corona-Liveblog: So ist die aktuelle Lage in Schleswig-Holstein So viele bestätigte Corona-Fälle gibt es in Schleswig-Holstein Neue Lockerungen ab 4. Mai in Schleswig-Holstein Start der Maskenpflicht: Das sind die Probleme der Schleswig-Holsteiner Masken nähen: Welcher Stoff ist am besten geeignet? Fünf Tipps rund um die Maskenpflicht Corona-Krise schlägt hart auf den Arbeitsmarkt durch Rendsburg-Eckernförde: Kreis-Mitarbeiter mit Corona infiziert Corona: Geduld der Gastronomen ist am Ende Corona-Lockerungen: Diese Klassen dürfen demnächst zurück in die Schule Wann kommt Einkaufen auf großer Fläche in Schleswig-Holstein? Nach Lockerungen: Kieler gehen in der Innenstadt bewusster zum Einkaufen KN-Bühne: Auf diese Künstler können Sie sich in dieser Woche freuen Holstein Kiel: Mit Störche-Schutz durch die Corona-Zeit Diese Strafen sieht der Bußgeldkatalog in SH vor Schutz vor Corona: Diese Desinfektionsmittel wirken Weitere Informationen zum Coronavirus erhalten Sie auf unserer Themenseite. Mehr aus Neumünster lesen Sie hier.

Corona-Auflagen - Keine Anschlussprüfung für Förderschüler