In Neumünster stehen viele Kleingärten leer

„Wir sind froh, dass wir das haben“, sagt Katja Rademacher. Sie steht in Shorts auf der Terrasse ihrer Laube, auf dem Vordach hat ihr Mann Marcel einen Rasensprenger befestigt. Der spritzt seine Tropfen im hohen Bogen über den Rasen, sehnsüchtig von Leon Rademacher und dessen Freund Johann Matties erwartet: Die Jungs genießen die nasse Erfrischung am heißen Sommertag. „Wir haben Schwimmbäder und Badeseen gemieden“, erklärt Katja Rademacher: In den Ferien war die Familie oft in ihrem Kleingarten am Westrand Neumünsters. Neuzugänge gleichen die Abwanderung gerade aus: „Ich kann machen und tun, was ich will“, dieser Vorteil eines Kleingartens gilt auch in Corona-Zeiten, betont Klaus-Dieter Freiberg. Er ist Gemeinschaftsleiter der Kolonie Frühlingslust und registriert: „Es gibt jetzt mehr Nachfragen.“ Aber Freiberg, Kleingärtner seit 1976, sieht dabei auch die „Gefahr: Wie lange bleiben die Pächter?“ Unterm Strich bleibt für seine Kolonie in diesem Jahr alles beim Alten: Vier Pächter haben ihre Parzelle aufgegeben, vier neue sind dazugekommen, der Leerstand liegt nach wie vor bei 20 Prozent: 16 der 80 Gärten in Frühlingslust stehen leer. 400 freie Kleingärten in Neumünster: In ganz Neumünster gibt es 400 freie Kleingärten, 1000 sind in den elf Kolonien verpachtet, erklärt Uwe Niels, der stellvertretende Vorsitzende des Kreisvereins Neumünster der Kleingärtner. Niels bestätigt, was Freiberg im Corona-Jahr beobachtet: mehr Bewegung als sonst, aber vor allem wechseln die Pächter, in der Summe bleibt die Zahl ungefähr gleich. Das Bild ist dabei unterschiedlich: Die Kolonien Haart und Ruthenbergskamp im Osten der Stadt sind voll belegt, in der Kolonie West bleiben 100 von 400 Gärten ungenutzt; die Kolonie Ostbahn ganz im Osten will der Kreisverein sogar leer laufen lassen: Gibt ein Pächter auf, wird die Parzelle nicht neu verpachtet. „Die haben registriert, dass so ein Garten viel Arbeit macht“: „Letztes und vorletztes Jahr war hier ein Kommen und Gehen“, hat Kleingärtner Georg Knörr in Frühlingslust beobachtet. Sein Verdacht: „Die haben registriert, dass so ein Garten viel Arbeit macht.“ Marcel Rademacher wollte genau das, als er vor vier Jahren den Pachtvertrag unterschrieb: „Wir haben uns extra einen Garten gesucht, der nicht so sauber war“. 16 Baumstümpfe hat er ausgebuddelt, erzählt er. Eigentlich wollte die Familie nur Grünfläche haben, aber dann entdeckten Rademachers die Freude am Gemüseanbau. Jetzt pflanzen sie Kartoffeln, Radieschen, Zucchini und Erdbeeren an, berichtet Katja Rademacher. „Und Knoblauch, aber der wird nix“, ergänzt ihr Mann. Je ein Drittel Erholung sowie Zier- und Nutzgarten: „Nur Rasen und mittendrin ein Swimmingpool, das geht nicht“, Vorstand Uwe Niels verweist auf die Regeln der Kleingärtner. Ein Drittel Obst und Gemüse, ein Drittel Garten, ein Drittel Erholung lautet die Standardformel für die Flächennutzung einer Parzelle. Ganz so streng wird das in der Praxis allerdings nicht gesehen: „Es fliegt keiner ’raus, der weniger als ein Drittel Gemüse hat“, stellt Gemeinschaftsleiter Klaus-Dieter Freiberg klar. Patrick Bublat und Fynn Lemke aus Brokstedt haben offenbar keine Scheu vor körperlicher Arbeit. Die jungen Männer bewirtschaften seit drei Wochen Parzelle 455, was bedeutet, dass sie vor allem aufräumen. Stolz zeigen sie ihre frisch blau und weiß gestrichene Laube. Gleich daneben steht eine Koniferen-Hecke: „Die nette Hecke muss ’raus“, sagt Bublat mit Bedauern: „Die entspricht nicht der Kleingartenpflanzen-Verordnung“. Die Eltern der beiden haben zwar große Gärten, aber hier „leben wir unsere Kreativität aus“, ohne vorher den Familienrat fragen zu müssen. „Wir wollen auf jeden Fall Kartoffeln pflanzen und im Gewächshaus Tomaten“, beschreibt er ihre Pläne. Sondermüll aus leerstehenden Gärten entfernt: Mehr als 300 Euro haben die beiden für ihren Garten bezahlt: Gut 200 Euro Jahrespacht und 115 Euro Strompauschale, fällig im Voraus. Klaus-Dieter Freiberg verweist auf einen weiteren Kostenfaktor: Die Gemeinschaft hat mehrere leere Gärten von Sondermüll wie Eternitplatten oder Ytong-Steinen gereinigt; dafür stellen die Kleingärtner Neupächtern dieser Parzellen zusätzlich 300 Euro in Rechnung. Da überlegt es sich so mancher, noch in diesem Jahr anzufangen, sagt Freiberg. Lieber wollten Interessenten die Jahrespacht für die verbleibenden zwei Monate Saison sparen. Newsletter der Kieler Nachrichten Kennen Sie schon die Post aus dem Newsroom? Den kostenfreien Newsletter über die aktuelle Lage in Schleswig-Holstein versenden wir Mo-Fr ab 17 Uhr. Hier können Sie sich für unser Mailing anmelden. Weiterer Newsletter: Kiel mittendrin. Über das Leben in der Landeshauptstadt. Verpassen Sie keine Neuigkeit mehr. Versand: Jeden Mittwoch. Hier geht es zur kostenfreien Anmeldung. Sie interessieren sich für Holstein Kiel? Dann melden Sie sich hier für den Newsletter " Holstein Kiel - Die Woche " kostenfrei an. Versand: jeden Freitag, 11.30 Uhr. 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