Stimmen aus Neumünsters Einzelhandel: Einkaufen vor dem möglichen Lockdown

Am frühen Sonnabendnachmittag bildet sich vor der Buchhandlung von Tina Krauskopf am Großflecken eine kleine Schlange. Für die Inhaberin schon ein gewohntes Bild. "Der Andrang wirkt geballter als früher. Da hat er sich über die Tage ganz gut verteilt", sagt Krauskopf. Sie habe schon das Gefühl, dass der drohende Lockdown einige Menschen jetzt ins Geschäft treibe. Ihre Mitarbeiter hätten in den vergangenen sieben Tagen "durchgearbeitet", sagt die Buchhändlerin. Sollte es zu einem Lockdown und der Schließung des Geschäfts kommen, hofft sie auf den kommenden Sonnabend, rechnet aber eher mit Mittwoch. Je früher die Politik die Geschäfte dicht macht, desto weniger erreicht sie ihr Ziel, ist Krauskopf überzeugt. Denn dann würde sich der Andrang an den wenigen verbleibenden Tagen noch stärker ballen. Ein weiteres Problem ginge auf eine eigentlich gute Entwicklung zurück. Im Lager stapeln sich die bestellten Bücher. Lieferung oder Online-Shop hatte die Buchhandlung schon vor Corona im Repertoire. "Das war aber in diesem Jahr natürlich viel stärker frequentiert", sagt Krauskopf. Sollte das Geschäft schon Anfang der Woche schließen müssen, wäre die Verteilung der bestellten Bücher eine "logistische Herausforderung". Über eine Abholstation zu arbeiten sei im ersten Lockdown nicht erlaubt worden, sagt Krauskopf. Trotz Corona sei man wirtschaftlich aber gut durchs Jahr gekommen. Keinen Mitarbeiter habe man in Kurzarbeit schicken müssen. Und dennoch täte ein weiterer Lockdown weh: "Der Einzelhandel macht eben im Dezember ein Viertel seines Jahresumsatzes", sagt Krauskopf. Lesen Sie auch: Letzter Shoppingbummel vor dem Lockdown? Auch im Spielwarenladen Kleiner Floh von Steffi Düffert-Mühlstädt ist der nahende Lockdown ein Thema. "Es ist schon sehr zu merken, dass die Leute losgehen und ihre letzten Besorgungen vor Weihnachten machen", sagt die Inhaberin. Einige verabschiedeten sich dann schonmal bis nächstes Jahr, ergänzt sie mit einem Augenzwinkern. Das Geschäft bleibe aber auch bei einer Schließung telefonisch erreichbar, Spiele oder Bücher könnten zugeschickt werden. Und auch bei Düffert-Mühlstädt gewinnt das Thema Online-Handel an Bedeutung. "Das Angebot haben wir schon länger. Und es war die letzten Wochen sehr gefragt", sagt sie. Lesen Sie auch: Geschäfte befürchten Lockdown ohne Entschädigung Das gilt auch für die Waren im Teeland. Svenja Schlüter steht gemeinsam mit ihrer Mutter Inga Kühl hinter dem Verkaufstresen und hat einen Andrang wie in den letzten Tagen "noch nicht erlebt". "Es wird auf Vorrat gekauft. Die Leute haben Angst, dass ab Montag geschlossen ist und man bis Weihnachten oder bis Mitte Januar nichts mehr bekommt", ergänzt Schlüter. Am Freitag gingen vor allem Geschenke über den Tresen, heute eher Lebensmittel, sagt Inga Kühl. Der Teeladen war als Lebensmittelgeschäft nicht vom ersten Lockdown betroffen. "Darauf hoffen wir auch dieses Mal", sagt Schlüter. Persönlich rechnet sie "spätestens am Mittwoch" mit einem Lockdown. Ein Lob haben alle drei Laden-Inhaberinnen für ihre Kunden parat. Abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen seien diese stets geduldig gewesen und hätten sich an die Vorgaben in oder vor den Läden gehalten. "Die sich nicht dran halten, kann man an einer Hand abzählen. Dann macht das Arbeiten auch Spaß", sagt Schlüter. Lesen Sie auch: Shoppen als wäre morgen Weihnachten Diszipliniert läuft der Weihnachtsbummel am Sonnabend auch bei einem Blick in die Holsten-Galerie und das Designer Outlet Center (DOC) in Neumünster ab. Der Hauptparkplatz vor Letzterem ist voll. Im schräg gegenüber liegenden Parkhaus parkt aber so gut wie niemand. Vor einigen Läden bilden sich Schlangen, weil die maximale Kundenanzahl bereits im Geschäft ist. Doch hektisches Gedränge ist auf dem Gelände nicht zu sehen. Ein ähnliches Bild zeichnet sich in der Holsten-Galerie ab. Ja, viele Menschen sind unterwegs. Sie laufen sich aber nicht über den Haufen. Der kurzfristigen Anfrage über das Einkaufsgeschehen am Sonnabend mitsamt Fotoaufnahmen zu berichten, hatten sowohl Holsten-Galerie als auch DOC eine Absage erteilt.