Supermarkt in der Corona-Krise: Vom Einkaufsparadies zur Schutzzone

Knapp 6000 Kundenkontakte täglich verbucht Jan Meifert zu Hochzeiten in seinen beiden Edeka Meyer’s Märkten. „Wenn sich das Wochenende nähert, sind die Parkplätze voll. In der 800 Quadratmeter großen Filiale am Hansaring drängen sich die Menschen ebenso wie im 2000 Quadratmeter großen Markt in der Goethestraße“, beschreibt der Inhaber des Familienunternehmens die Einkaufslage, wie sie sich vor der Corona-Krise darstellte. Sicherheitsabstand: 20 Quadratmeter für jeden Kunden: Seit Freitag letzter Woche hat Jan Meifert den Einlass konsequent reglementiert. Absperrgitter vor dem Eingang verhindern nun dichtes Gedränge vor der Tür, eine Mitarbeiterin lässt nur eine bestimmte Anzahl von Kunden in den Laden. „80 bis 90 Leute dürfen sich gleichzeitig in der Goethestraße aufhalten. Am Hansaring sind es entsprechend der Ladengröße 25 bis 30 Kunden“, erklärt Meifert. 20 Quadratmeter stehen jedem Kunden so zur Verfügung, ausreichend Platz für den behördlich empfohlenen Mindestabstand von 1,5 Metern. „Die Abstandsempfehlung gab es zwar bereits vor unseren Maßnahmen“, sagt der Unternehmer und ergänzt: „Viele Leute haben sich aber trotz der Warnschilder und Streifen auf dem Boden nicht an den Sicherheitsabstand gehalten.“ Ob aus Unvernunft oder Gewohnheit, spielte für ihn keine Rolle. Meifert beschloss, zu handeln. Kaum behördliche Regelungen für Supermärkte: „Überall gab es Regelungen vonseiten der Behörden, die Lebensmittelunternehmen des Einzelhandels wurden weitestgehend sich selbst überlassen“, so sein Eindruck. Diese Ungewissheit hielt Meifert für gefährlich und beschloss deshalb am Donnerstagmittag, selbst aktiv zu werden. Mithilfe befreundeter Unternehmen organisierte er Baumaterial und fertigte zusammen mit Handwerkern aus seinem Bekanntenkreis Schutzvorrichtungen für die Kassiererinnen in seinen Läden. „Abends um acht Uhr haben wir begonnen, Freitagmorgen um vier waren sämtliche Kassenarbeitsplätze an drei Seiten durch Plexiglasscheiben geschützt“, berichtet Jan Meifert. Manche Kunden wurden ausfallend: „Das war eine großartige Überraschung für uns“, sagt Silvia Kloth. Die Neumünsteranerin arbeitet seit fast zehn Jahren bei Meyer’s an der Kasse. „Die ersten beiden Tage, nachdem die Abstandsregelung vonseiten der Behörden empfohlen wurde, waren sehr anstrengend für uns Kassiererinnen“, erzählt Silvia Kloth. „Nahezu jeden Kunden mussten wir bitten, Abstand zu halten. Alle schienen gestresst, manche Kunden wurden sogar ausfallend, weil sie sich ihrer Freiheitsrechte beraubt fühlten“, beschreibt sie die Situation der vergangenen Woche. Den Kunden ist die Ansteckungsgefahr bewusster geworden: „Und wir Mitarbeiter hatten natürlich Sorge um unsere eigene Gesundheit. Das war ein ständiges Auf und Ab der Gefühle. Wenn mir jemand mit einem Husten zu nah kam, dachte ich sofort: ‚Oje!‘, um mich kurz darauf zu beruhigen: ‚Der wird schon kein Corona gehabt haben.“ Inzwischen habe sich die Situation deutlich entspannt. Den Leuten sei die Ansteckungsgefahr bewusster geworden, und durch reglementierte Kundenzahlen und die Schutzfenster an der Kasse fühle sie sich nun viel sicherer. Angst davor zur Arbeit zu gehen, habe sie nicht. Bei gefragten Artikeln gibt es Begrenzungen: Was ihr jedoch weh getan habe, seien die Hamsterkäufe Anfang der letzten Woche. „Wir fühlten uns regelrecht ausgeräubert“, erzählt die Kassiererin. Auch dieses Verhalten wurde inzwischen reglementiert. Einmal Klopapier, zweimal Mehl, zwei Pakete Zucker und zwei Brote pro Einkauf – größere Mengen der gefragten Artikel gibt es bei Meyer’s momentan nicht. „Aber auch das haben die Kunden nach anfänglichem Unverständnis inzwischen verstanden“, sagt Silvia Kloth. Newsletter der Kieler Nachrichten Kennen Sie schon die Post aus dem Newsroom? Den kostenfreien Newsletter der Kieler Nachrichten versenden wir Mo-Fr ab 17 Uhr. Hier können Sie sich für unser Mailing anmelden. Sie interessieren sich für Holstein Kiel? Dann melden Sie sich hier für den Newsletter " Holstein Kiel - Die Woche " kostenfrei an. Versand: jeden Freitag, 11.30 Uhr. Lesen Sie auch: Corona-Liveblog: So ist die aktuelle Lage in Schleswig-Holstein Corona: Die wichtigsten Telefonnummern für Schleswig-Holstein Experten raten: Hände waschen nach dem Bezahlen mit Bargeld Fragen und Antworten zum Kontaktverbot Corona: Polizei warnt vor miesen Maschen Regionale Kultur unterstützen - Teil 1: Jörg Jara auf der KN-Bühne Corona: Stolpe beklagt einen Toten - 90 Bewohner in Quarantäne Landesregierung: Nicht alle Zweitwohnungsbesitzer müssen abreisen Corona: Menschen strömen in die Baumärkte Corona: Kieler WG lebt in Quarantäne Kieler Helden liefern in der Corona-Krise Lebensmittel aus Kiel: Umzüge nur noch unter strikten Auflagen Diese Nachrichten machen Hoffnung Bildungsministerin will Abiprüfungen absagen So will die Polizei das Kontaktverbot überprüfen Keine Veranstaltungen, Zugangsbeschränkungen, kein Kino, uvm.: Das sieht der Erlass der Landesregierung vor Ämter und Behörden beschränken Zutritt für Besucher: Das müssen Sie wissen Forscher: Was hilft gegen die Angst vor einer Ansteckung? KN-Redakteure zeigen ihr Homeoffice Coronavirus: Kitas fünf Wochen geschlossen - Gebühren werden erstattet Betreuungsnot: Welche Rechte haben Arbeitnehmer? Wie gefährlich ist das Coronavirus? Experte im Interview Coronavirus: So können Sie Desinfektionsmittel selbst herstellen Coronavirus: Was passiert bei einer Quarantäne Coronavirus: Expertenrat empfiehlt Impfung gegen Pneumokokken Erste Grippe-Tote in Schleswig-Holstein Weitere Informationen zum Coronavirus erhalten Sie auf unserer Themenseite. Mehr aus der Region Neumünster lesen Sie hier.

Arbeiten im Supermarkt - Corona-Krise: Vom Einkaufsparadies zur Schutzzone