Unterkünfte im Winter: Obdachlose: Noch reicht der Platz

„Die Zahl der obdachlosen Menschen im Straßenbild nimmt zu“, stellt Melanie Popp fest, Fachbereichsleitung Wohnungslosenhilfe in der Zentralen Beratungsstelle (ZBS) der Diakonie Altholstein in der Gasstraße in Neumünster. Im Auftrag der Stadt werden dort Wohnungslose und Obdachlose betreut und beraten. „Die Unterbringung ist eine kommunale Verpflichtung.“ Wir sind immer voll belegt: Obdachlose sind Menschen, die weder festen Wohnsitz noch Unterkunft haben. Wohnungslos sind dagegen Menschen ohne Mietvertrag oder Wohneigentum. „Das Dramatische ist: Wir sind jetzt immer voll belegt. Im Winter kommen noch die Obdachlosen dazu“, sagt Melanie Popp zur Lage in der ZBS. Im Sommer machen viele Obdachlose "Platte" – sie schlafen nachts im Freien. Sinken die Temperaturen, steigen in den Betreuungsstellen im Land die Anfragen nach wärmeren Übernachtungsplätzen. 25 Betten, sieben für Frauen, 18 für Männer, hält die ZBS vor. „Wir haben während der Coronaphase die Belegung der Räume verringert.“ In einem Männerschlafraum mit fünf Plätzen bleiben Betten frei. Bei Zimmervermietungen werden zusätzliche Schlafplätze gesucht. „Wir arbeiten eng mit der Stadt zusammen“. Die ZBS-Statistik zeigt einen deutlichen Trend: 4761 Übernachtungen gab es 2019, 202 Personen wurden untergebracht. 30 Tage blieben 2019 die wohnungslosen Männer im Schnitt, bevor sie mit Unterstützung der ZBS eine neue Unterbringung fanden – deutlich länger als 2018, dort lag die Aufenthaltszeit bei 23,6 Tagen. Es gibt eine große Dunkelziffer: Die Diakonie Rendsburg-Eckernförde in Rendsburg bietet im Auftrag der Stadt in der Materialhofstraße aktuell zehn Notschlafplätze an, berichtet Stefan Gloe von der Diakonie. Belegt werden die Plätze von Menschen, „die vor Ort ihre Wohnung verloren und immer schlechtere Chancen auf dem Wohnungsmarkt haben, eine neue Wohnung zu finden.“ Die Zahl der Durchreisenden, die ein Bett für eine Nacht brauchen, nehme dagegen ab. Stefan Gloe weiß: „Wir sehen nur die Spitze. Es gibt eine große Dunkelziffer, die bei Freunden und Bekannten unterkommt.“ Der coronabedingte Räumungsschutz „hat ein Stück geholfen.“ Langfristig sieht er als Folge der Coronapandemie eine Häufung der finanziellen und sozialen Notlagen voraus. „Es findet mit Zeitversatz statt.“ In Nortorf regelt das Ordnungsamt des Amtes Nortorfer Land die Belegung der aktuell 16 amtlichen Unterkünfte für Wohnungs- und Obdachlose. Nach der bevorstehenden Kündigung von drei Dauercampern auf einem Campingplatz im Amtsbereich hatte Amtsdirektor Dieter Staschewski den Amtsausschuss im Dezember alarmiert: „Demnächst brauchen wir Platz für drei Wohnungslose, wir haben keine Wohnungen mehr frei.“ Inzwischen hat sich die Lage beruhigt. „Bisher konnte immer eine Lösung gefunden werden“, erklärte Amtsrat Thorsten Manthey. Lesen Sie auch: Kieler Ratsversammlung: Linke fordern Lockerungen der Corona-Regeln für Obdachlose Sieben Plätze für Wohnungslose gibt es in einem Gebäude im Hofkamper Weg, fünf in Containern an der Großen Mühlenstraße. Drei der zehn Zimmer des „Alten Pastorats“ sind derzeit mit Wohnungslosen, sechs mit Asylsuchenden belegt. „Ein Zimmer wird für weitere Wohnungslose freigehalten“, sagte Thorsten Manthey. Platz in amtlichen Unterkünften: Die Situation auf dem Wohnungsmarkt ist eindeutig: „Die Zahl der Zwangsräumungen steigt“, sagt Thorsten Manthey. Der Ablauf: Von Inkrafttreten der Wohnungskündigung bis zur Räumung dauert es in der Regel vier bis sechs Wochen. Das Amtsgericht kündigt sie an. Mitarbeiter des Ordnungsamtes nehmen in diesem Zeitfenster Kontakt mit den Menschen auf. „Oftmals haben diese Personen selbstständig eine Unterbringung wie anderen Wohnraum oder einen Unterschlupf bei Familie oder Freunden gefunden.“ Bleibt die Eigeninitiative erfolglos, versucht das Ordnungsamt, Wohnraum zu finden oder den Gekündigten an andere Vermieter zu vermitteln. „Wenn auch das nicht zum Erfolg führt und eine Obdachlosigkeit droht, wird in den amtlichen Unterkünften Platz geschaffen. Zum Beispiel durch das Zusammenlegen von Bewohnern in Zimmern, die eine Zwei-Personen-Unterbringung zulassen.“