Kurz vor dem 300. Jubiläum seiner Schützen-Totengilde flog er aus Serbien ein. Für elf Monate kümmert er sich um die Sicherheit der deutschen Botschaft in Belgrad. Der 57-Jährige bildet Mitarbeiter aus. Schreibt für sie Dienstpläne. Beobachtet, ob die deutschen Abgesandten auch den Sicherheitshinweisen folgen. Zuvor wachte er an den Botschaften in Peking und Washington, in Kasachstan oder Mauretanien.
Kleines Schwätzchen mit Steinmeier und Westerwelle
Manchmal kommt er bei dieser Gelegenheit auch den Mächtigen der Welt nahe. Ein „kleines Schwätzchen“ hielt er mit dem früheren Außenminister Guido Westerwelle, als der die Botschaft in Wien besuchte. Auch dessen späterer Amtskollege und heutige Bundespräsident Frank Walter Steinmeier ließ es sich nicht nehmen, in Kuwait auch ein paar Worte mit dem Bundespolizisten zu wechseln. In Washington sah er hin und wieder Donald Trump vorbeifahren. Die deutsche Botschaft liegt nahe des Machtzentrums Amerikas. Immerhin konnte Wauter das „Biest“ sehen. So nennen die Amerikaner die Limousine des US-Präsidenten.
Einsätze nicht gefährlicher als auf einem Bahnhof
Sieht er sich selbst als besonders gefährdete Person? „Die Einsätze sind nicht gefährlicher als die der Bundespolizei am Kieler Bahnhof.“ Eine Ausnahme gibt es aber. 2000 schickt ihn Deutschland als Freiwilligen ins frühere Jugoslawien, um dort Polizeiaufgaben zu erledigen. Der blutige Bürgerkrieg lag erst sechs Monate zurück. Er bemerkte die Spannungen und die ungute Stimmung in der Bevölkerung.
Die Aufgaben eines "Adjus"
Seinen zeitweiligen Job im Ausland verbindet er dennoch mit dem Gildeleben. Drei Heimreisen pro Jahr stehen ihm zu. Und eine davon legt er immer auf das Bürgervogelschießen. Als Adjutant oder kurz „Adju“ genannt unterstützt er beim formalen Führen der Gilde. Er achtet auf den korrekten Anzug der Gildebrüder und auf geputzte Schuhe. Er hilft bei der Proklamation der neuen Majestät. Wauter gibt mit kräftiger Stimme bekannt, wann die Pausen auf den Versammlungen zu Ende sind. Nicht immer zur Freude der Raucher. Beherztes Auftreten kann der Bundespolizist.
Tief verwurzelt in der Lütjenburger Gilde
Wauter sieht sich und seine Familie tief verwurzelt in der Lütjenburger Gilde, der er seit genau 20 Jahren angehört. Vater, Großvater und Onkel erklommen den Platz einer Majestät. Onkel Paul erhielt den Titel Ehren-Gildeoberst verliehen. Mehr Gilde geht in Lütjenburg nicht.
Was ihm an der 300 Jahre alten Vereinigung besonders gefällt, beantwortet Wauter im Bruchteil einer Sekunde: „Die Gemeinschaft“. Man gebe sich gegenseitig Beistand und helfe einander. Das Gildemotto „Füreinander und miteinander“ habe in Lütjenburg wirklich Bestand.
Gilde marschiert bei jedem Wetter
Am Pfingstsonnabend und -sonntag feiert die Gilde mit einem großen Umzug und Platzkonzerten ihr 300-jähriges Bestehen. „Freudig nervös“ sei er, bekennt „Adju“ Wauter, der den Tross mit 350 Gästen anführt. Als Wetter wünscht er sich einen bedeckten Himmel, aber kein Regen und ab und zu eine leichte Brise. Unter seinem schwarzen Gildefrack mit Säbel an der Seite, den er als einziger trägt, wird es bei Sonnenschein und langen Märschen heiß. Aber ob es regnet oder die Sonne brennt: Die Lütjenburger Gilde marschiert auf alle Fälle. Und ihr voran geht Andreas Wauter.