"Schraubstollen" war nur genagelt

In den Fußballschuhen war Walter Hauschildt aus Dersau ab 1947 auf dem Fußballplatz angetreten. Damals spielte er bei TSV Germania Ascheberg, weil es den Dersauer Sportverein noch nicht gab. Die Schuhe kaufte „Walli“, wie er überall genannt wurde, im Schuhgeschäft Joost in Ascheberg – ein Mitspieler aus der Mannschaft. Auf der Pritsche zu den Auswärtsspielen: Die Familie Hauschildt führte die einzige Mineralwasserfabrik im Kreis Plön. Mit dem Firmenlastwagen, der gleich nach dem zweiten Weltkrieg noch mit Holzkohle und später mit Gas angetrieben wurde, fuhr die Mannschaft hinten auf der Pritsche zu den Auswärtsspielen. 1957 musste Walli mit dem Sport aufhören, da er aus beruflichen Gründen keine Zeit mehr hatte. Von Montag bis Sonnabend wurden Cola, Limonade und Mineralwasser abgefüllt, die auch noch an die Gasthöfe und Kaufmannsläden rund um den Plöner See ausgeliefert werden mussten. "Die Fußballschuhe waren sein Heiligtum": Schweren Herzens hängte er die Fußballschuhe an den Nagel. Bis zu seinem Tod im vergangenen Jahr habe er sie stets geputzt, erzählt Wilfried Hauschildt. „Die Fußballschuhe waren sein Heiligtum.“ Die Leidenschaft für den Sport vermittelte er auch seinen Nachkommen. Wilfried Hauschildt war 1973 Mitgründer des ASV Dersau und viele Jahr als Vorsitzender tätig, sein Sohn Florian spielt noch heute in der Verbandsligamannschaft. Wilfried Hauschildt erinnerte sich nun an die Schuhe, als er den Bericht in den Kieler Nachrichten über Reimer Bünn als letzten Schuster von Preetz las, der Ende des Jahres aufhört. Denn dessen Vater Albert hatte damals den Schraubstollen erfunden. Das große Geld machte er mit seinem Patent im Gegensatz zu Adi Dassler allerdings nicht. Und es gab auch einen Unterschied: Bei Adidas ist die Schraube am Stollen und das Gewinde in der Sohle, bei Bünns Modell befindet sich das Gewinde im Stollen und die Schraube unter dem Schuh. Nun wollte Hauschildt zusammen mit seinem Sohn Florian den Schuster mit dem vermeintlichen Schraubstollenschuh überraschen. Auch Axel Langfeldt und Frauke Eggers vom Heimatmuseum Preetz waren anwesend. Doch dann die große Enttäuschung. „Der Stollen ist genagelt“, stellte Reimer Bünn fest. Und der schwarze Schuh mit roten Lederstreifen und roter Lasche war auch nicht von seinem Vater hergestellt worden. Spieler tauschten untereinander die Schuhe: Fußballschuhe waren damals teuer, berichtete Hauschildt. Den Preis, den sein Vater einst bezahlt hat, weiß er aber nicht mehr. Damals konnten sich nicht alle Fußballschuhe leisten, fügte Langfeldt hinzu. „Wenn ein Spieler ausgewechselt wurde, wurden auch oft die Schuhe getauscht.“ Dann betrachtete er das Modell genauer. „Der hat Stahlkappen vorne“, meinte er. „Das muss ganz schön wehgetan haben“, kommentierte Hauschildt. Wilfried und Florian Hauschildt übergaben die Fußballschuhe zusammen mit Kinderschuhen aus Leder in Größe 30/31, die Walter Hauschildt als Kind getragen hatte, als Leihgabe an das Heimatmuseum. Eine Verbindung zu Preetz gibt es doch noch: Das letzte Fußballspiel, bei dem Walter Hauschildt in seinen geliebten Schuhen antrat, war die Partie von Germania Ascheberg gegen die Freie Turnerschaft Preetz. Heimatverein sucht weiter nach den Original-Schraubstollen: Der Heimatverein will die Hoffnung noch nicht aufgeben. Und startet den Aufruf, sich unbedingt zu melden, wenn man noch einen Schraubstollenschuh von Albert Bünn findet.

Enttäuschung in Preetz - Vermeintlicher "Schraubstollen" war nur genagelt