Fiefbergen: 81-jährige Ärztin im Corona-Einsatz

Diese Momente sind selten für die 81-Jährige: Dorothea Vagt sitzt auf ihrem Sessel in ihrem Haus in Fiefbergen, die Mopshündin auf dem Schoß, den dampfenden Tee in der Hand. Die Medizinerin hat zwei Tage frei, bevor es wieder nach Flensburg, Ellund oder Kiel zu einer der Corona-Teststationen geht. Dort arbeitet sie unter den verschiedensten Bedingungen seit Juni im Zweischicht-System, testet Freiwillige und Unfreiwillige auf Corona. Gründe für Corona-Tests sind unterschiedlich: „Ich habe schon alles erlebt, ich habe schon eine geklebt gekriegt, bin beschimpft worden, das Stäbchen wurde mir aus der Hand geschlagen, aber ich bin hart im Nehmen“, erzählt die Ärztin. Denn die Gründe der Menschen, sich auf das Virus testen zu lassen, seien sehr unterschiedlich, berichtet sie. Denn längst nicht alle Menschen lassen sich aus eigenem Antrieb testen. „Da gibt es unter anderem auch Arbeitgeber, die ihre ausländischen Mitarbeiter zwangsverpflichten, vor Arbeitsantritt einen Test machen zu lassen.“ Andere seien Reiserückkehrer, Menschen, die in den Urlaub reisen wollen, oder aber sich aus Sicherheitsgründen dem Test mit dem Stäbchen in Rachen und Nase unterziehen wollen. Schnelltests in vielen Fällen vorgeschrieben: Zu Beginn hatte sie bis zu 300 Tests je Schicht vorgenommen, doch seit der Test kostenpflichtig ist, sei die Zahl auf zwischen 30 und 40 gesunken, berichtet die Ärztin. Waren es zu Beginn ausschließlich die sogenannten PCR-Tests, deren Auswertung 24 bis 48 Stunden dauern konnte, greife man heute immer öfter auf Schnelltests zurück, die in vielen Fällen wie bei Reiserückkehrern oder Vorbereitungen auf einen Klinikaufenthalt vorgeschrieben seien. „Es gibt auch viele rührende Erlebnisse“, sagte Dorothea Vagt. Das ist letzten Endes auch immer wieder die Motivation zu helfen. Denn das ist für sie eine Selbstverständlichkeit – nicht erst seit Corona. „Ich bin glücklich, wenn ich helfen kann, wenn Not am Mann ist, bin ich da“, sagt sie. Das war so, als 1989 bis 1995 die Übersiedler aus dem Osten im heutigen Ferienzentrum Holm aufgenommen wurden, das war so, als die Notarztbörse Hilfe suchte, und das war so, als Flüchtlinge betreut werden mussten. Einsatz für geflüchtete Menschen: Fünf Jahre engagierte Dorothea Vagt sich für geflüchtete Menschen, am längsten war sie im Erstaufnahmelager Boostedt. Auch gesundheitspolitisch machte sie sich stark, war 22 Jahre Richterin am Sozialgericht für Kassenarztrecht. „Das habe ich von meinem Vater übernommen. Er hatte seinerzeit in Schönberg als Arzt und Geburtshelfer über 600 Kinder an das Licht der Welt geholt, die Mutter hatte in der Nachkriegszeit Sanitätshelferinnen ausgebildet. „All das hat mich geprägt“, sagt sie rückblickend. Lesen Sie auch: Besuchsverbot in der Klinik Preetz: Wie die Pastorin hilft Die aktuelle Corona-Situation fordert ihr nun erneut vollen Einsatz ab. „Aber ich kann hier nicht ruhig sitzen und die Hände in den Schoß legen“, sagt sie. Den Menschen möchte sie raten, die Lage durchaus ernst zu nehmen, doch ohne in Hysterie zu verfallen. Als Ärztin plädiert sie auch für das Impfen. „Ich hoffe sehr, dass der Impfstoff bald zur Verfügung steht. Impfen ist unsere einzige Chance.“ Allerdings würde sie die Priorität anders setzen, als es die Politik derzeit vorsieht. „Ich würde nicht mit den Alten anfangen, sondern mit dem medizinischen Personal und all denen, die im kommunikativen Bereich arbeiten, Kontakt mit vielen Menschen haben, zum Beispiel in Geschäften und Arztpraxen“, erklärt Vagt.