Heikdenorfer Buchautor fordert: "Jugend muss sich in Politik einmischen"

Natürlich hätte Knut Schröder auch einen Roman über seine bewegte Zeit auf hoher See oder später als Lotse zu Papier bringen können. Hat er aber nicht. Stattdessen schrieb sich der ehemalige Kapitän großer Frachtschiffe mit seiner Suche nach Antworten eine Last von der Seele: „Wann endlich reißen wir das Ruder rum?“, heißt das vor ein paar Wochen erschienene Buch des 71-Jährigen, das eigentlich eine Mahnung vor allem an die junge Generation ist, sich politisch und ökologisch zu engagieren und Fehlentwicklungen in Wirtschaft oder Natur nicht länger hinzunehmen. Was den Ruheständler bei seinem Buchprojekt antrieb, erfährt der Leser im Vorwort: ein schlechtes Gewissen. Viel zu viel gearbeitet habe er auf den Weltmeeren oder dem Nord-Ostseekanal („...bis zu 84 Wochenstunden“) – auch an Wochenenden oder Nachts und dabei viel zu wenig Zeit für Familie oder politisches Engagement erübrigt: „Dabei ist politisches Engagement das Gebot der Stunde und der Zukunft, wenn es für die nächsten Generationen eine Zukunft geben soll“, schreibt Knut Schröder seinen Lesern ins Gewissen. Schließlich ist das „Zwiegespräch zweier ehemaliger Kapitäne auf Kollisionskurs zur deutschen Politik“ seiner Familie sowie „allen anderen der jüngeren Generationen“ gewidmet. Zwei Jahre lang Fakten gesammelt : Die beiden Seebären Arthur Kramer und Willi Voss, die im Zwiegespräch unter anderem Klimakatastrophe, Banken, Rentenpolitik, Verkehr, Kirchen oder Schere zwischen Arm und Reich abhandeln, hat Knut Schröder zwar als erzählerisches Stilmittel erfunden. Nicht ausgedacht sind allerdings die von den erfundenen Protagonisten hin und her diskutierten Fakten. Die meisten davon hat der Heikendorfer den unzähligen Zeitungsartikeln entnommen, die er seit Eintritt in den Ruhestand 2010 sammelte. Mehr als zwei Jahre brauchte Knut Schröder, um Texte aus Spiegel, Welt, Zeit oder auch den Kieler Nachrichten zu sortieren und in vier knüppelvollen Ordnern abzulegen. Eine schöne Zeit sei das nicht gerade gewesen, berichtet Ehefrau Renate Schröder und seufzt: „Mein Mann hatte fast die ganze Zeit schlechte Laune, weil ihn die Themen so bedrückten.“ Als hätte Knut Schröder nur aufs Stichwort seiner Frau gewartet, ist er schon mittendrin in einem der Hauptthemen seines Buchs: der Schere zwischen Arm und Reich: zwölf Millionen Geringverdiener in Deutschland, jährlich um sechs Prozent steigende Altersarmut. „Wenn so einem Heer benachteiligter Menschen irgendwann jemand ein Stimme gibt mit scheinbar einfachen Lösungen, dann ist der Protest der Gelbwesten in Frankreich dagegen nur ein laues Lüftchen.“ "Brauchen zweite friedliche Revolution der schweigenden Mehrheit": Die Hoffnung, dass es die Politiker schon irgendwie richten, hat Knut Schröder inzwischen längst begraben. Sie seien zu schwach oder nicht willens, „die dafür notwendigen Schritte gegenüber dem Kapital durchzusetzen“. Deshalb sei das Engagement der Bürger umso wichtiger, eine „Art zweite friedliche Revolution der schweigenden Mehrheit“, um sozialen Frieden zu erhalten und die Klimakatastrophe zu verhindern. Der Autor und seine Frau haben ihre Konsequenzen bereits gezogen: Renate Schröder ist Mitglied bei Greenpeace, ihr Ehemann bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH) sowie bei den beiden nichtstaatlichen Polit-Organisationen „Campact“ und „Change.org“ . Fast kein Tag ohne politische Diskussion: Da wundert es wenig, dass die Politik im Alltag des Ehepaares ein ziemlich zentrale Rolle spielt. Nicht nur, weil Renate Schröder das Buch ihres Mannes Korrektur gelesen hat und dabei „nicht mit allem gleich einverstanden“ war. Die Diskussionen um Klima, Armut, Schummeldiesel oder Renten gehen gerne auch am Abendbrot-Tisch noch weiter. Doch irgendwann kommt dann für selbst für die politisch so interessierte Ehefrau der Punkt, an dem sie ihren Mann zur Ordnung ruft: „Knut, jetzt ist dann auch mal Schluss.“ Das Buch „Wann endlich reißen wir das Ruder rum?“ von Knut Schröder ist im Romeon-Verlag erschienen. Es hat 245 Seiten und kostet 20 Euro, ISBN: 978-3-96229-168-6 Weitere Nachrichten aus Kiel lesen Sie hier