Heikendorf: Eisdiele öffnet früher als sonst

Eigentlich wartet Luca Vettorel bis Ende Januar, bevor er mit seiner Frau Christin das Eiscafé in der Dorfstraße öffnet. Doch in diesem Jahr ist vieles anders. „Die Zeit ist doof. So haben die Leute jedenfalls ein bisschen Freude“, sagt der Italiener, dessen Heimat die Region um Venedig herum ist. Dort verbringt er mit seiner Familie normalerweise das Weihnachtsfest. In diesem Jahr blieben Luca und Christin Vettorel wegen der Corona-Pandemie allerdings in ihrer Heikendorfer Wohnung und hatten plötzlich mehr Zeit als sonst. Die Entscheidung, trotz der verschärften Lockdown-Maßnahmen und weniger Laufkundschaft in der Heikendorfer Ortsmitte, früher zu öffnen, fiel dem Italiener nicht schwer. „Du kannst ja nichts machen. Ob wir nun in unserer Wohnung sitzen oder im Eiscafé stehen, spielt keine Rolle.“ Der große Zuspruch ihrer Eiskunden hat das deutsch-italienische Paar nicht lange zögern lassen. „Die meisten freuen sich schon wieder auf das erste Eis“, weiß Christin Vettorel. Zudem hatten sie im vergangenen Frühjahr bereits mit dem Außer-Haus-Verkauf gute Erfahrungen sammeln können. „Unser Verkaufsfenster hat uns gerettet. Wir sind zufrieden.“ Eis mit Streuseln, Schokoüberzug oder Marshmallows in Heikendorf: Dass sich die Vettorels auf ihre Kunden im Norden bei Wind und Wetter verlassen können, wissen sie nach zahlreichen verregneten Saisons und stürmischen Wintertagen. Luca Vettorel betreibt mit zwei seiner Brüder in Norddeutschland drei Eiscafés. „Je weiter nördlich, desto mehr Eis wird gegessen“, sagt er. Selbst in der eigenen Heimat könne man nicht mit der norddeutschen Eis-Leidenschaft mithalten, so Vettorel. Davon zeuge allein die große Auswahl an Spaghetti-Eis-Varianten in seiner Heikendorfer Karte. Insgesamt zehn Sorten bietet das Eiscafé an. „Die Auswahl hier ist einfach größer. Auch gibt es in Italien nicht so viel Schickimicki mit Streuseln, Schokoüberzug oder Marshmallows“, hat Christin Vettorel festgestellt. Was die norddeutschen Eisesser aus Sicht von Luca Vettorel so besonders macht: Sie kommen auch mit Handschuhen und bestellen sich ihr Eis in der Waffel bei Minusgraden. „Selbst unsere Eisvertreter, die in ganz Deutschland unterwegs sind, staunen. So etwas haben sie noch nie gesehen.“ Lesen Sie auch: Jede Menge tote Seesterne angeschwemmt In Heikendorf kommen zur Saisonöffnung gleich mehrere Kinder mit Schal und Handschuhen, um der Kälte zu trotzen, und bestellen sich ihr Lieblingseis. Für Tine Koall (10) gibt es eine Kugel Zitrone. „Ich liebe es. Es ist sauer und lecker“, sagt sie. Ihre große Schwester Rosalie (13) liebt Eis mit Keks drin. Gemeinsam versüßen sie sich den Vormittag zwischen Homeschooling und Langeweile. „Wir haben jetzt viel Zeit, Eis zu essen.“ Auch Svenja Hartwig (26) und Justin Rackow (28) zählen zu den ersten Kunden, die sich in der Kälte ein Eis zum Mitnehmen abholen. „Wir essen zu Hause, da haben wir eine Heizung“, scherzt Justin Rackow. Beide arbeiten im Homeoffice und gönnen sich ein Spaghetti-Eis als Dessert zur Mittagszeit. „Für uns ist das ein kleines Highlight in dieser Zeit.“