Peter Krebs: Personalmangel trifft auch Verwaltungen

Dazu gehört auch der Fachkräftemangel. So soll die Digitalisierung helfen, fehlendes Personal zu ersetzen. Herr Krebs, Sie sind vor knapp zwei Jahren ins Amt Preetz-Land gewechselt. Was haben Sie als erstes angepackt? Die Prüfung der Kommunalaufsicht von 2015. Ich habe mir den Bericht angeschaut, weil wir 2020 erneut durch den Kreis geprüft wurden. So hatten wir noch mal zehn Monate Zeit, uns darauf vorzubereiten. Es ist natürlich wichtig, zunächst die Punkte der letzten Prüfung abgearbeitet zu haben, bevor die nächste ansteht. Das Amt Preetz-Land ist in seiner Form einmalig in Schleswig-Holstein. Was ist das Besondere? Uns gibt es tatsächlich so nicht noch einmal in Schleswig-Holstein. Das liegt an meinem Vorvorgänger Reinhard Gromke, der damals eine Organisationsentwicklung angestoßen hat. Denn 17 Gemeinden sind schon eine Menge für ein Amt. Das macht sehr viel Arbeit, allein durch die Protokolle. Zur Person: Peter Krebs (55), verheirateter Vater von zwei Kindern, war von 1986 bis 1997 als Soldat auf Zeit in Lütjenburg stationiert und dort in der Verwaltung tätig. 2001 machte er seinen Abschluss an der Verwaltungsfachhochschule in Altenholz und fing in Itzehoe an. Von 2002 bis 2015 arbeitete er in der Stadtverwaltung Preetz, bevor er als Bauamtsleiter nach Molfsee wechselte und 2019 als Amtsleiter für das Amt Preetz-Land nach Schellhorn kam. Zum Amt Preetz-Land gehören 17 Gemeinden mit rund 9300 Einwohnern. In manchen Gemeinden gab es fünf Ausschüsse, die betreut werden mussten. Also wurden für jede Gemeinde jeweils ein Strategie- und ein Projektausschuss gegründet, die alle Themen behandeln, die abschließend in der Gemeindevertretung landen. Auch hier im Amt haben wir zum Beispiel statt Haupt- oder Bauamt ein Strategie- und ein Projektteam sowie ein Bürgerteam. Es gibt auch keine Vorgesetzten... Nur mich. Hier arbeiten alle Mitarbeiter in Eigenverantwortung. Wenn einer die Schulen betreut, dann macht er alle Themen zu diesem Bereich. In die einzelnen Arbeitsabläufe greife ich nicht ein, um die Eigenverantwortung und die daraus entstehende Motivation aufrechtzuerhalten. Es wäre kontraproduktiv, wenn man als Chef zu sehr hineinwirken will. Da arbeite ich aber noch dran. Wie sehen Sie die Zusammenarbeit mit den Amtsgemeinden? Die läuft ganz toll. Dadurch, dass der Mitarbeiterschlüssel eher gering ist, müssen die amtsangehörigen Gemeinden weniger Amtsumlage zahlen. Dafür wird vieles durch das Ehrenamt aufgefangen. Bürgermeister investieren viel Zeit und Mühe: Die Bürgermeister sind vorbildlich ehrenamtlich tätig. Sie investieren viel Zeit und Mühe in ihre Arbeit – toll, dass sich in der heutigen Zeit noch solche Leute finden. Es ist ein Selbstverständnis, das aus dieser Organisationsentwicklung heraus geboren wurde. Als Beispiel: In anderen Ämtern gibt es einen Techniker, der die Straßen abgeht und die Schlaglöcher aufnimmt. Hier macht es der Bürgermeister oder ein Ehrenamtler und meldet die Schäden. Wo liegen die großen Herausforderungen? Wir sind in einem ganz großen Umbruch, was die Verwaltung anbelangt. Viele Verwaltungen haben schon den Schritt zum Doppik-Haushalt gemacht, den müssen wir auch bis 2024 gehen. Das ist natürlich ein langer Prozess, der über viele Jahre laufen wird. Lesen Sie auch: Amt Preetz-Land - Umbau der Amtsverwaltung größter Posten Wir müssen dafür Leute haben, die überhaupt Doppik können. Da war es gut, dass wir eine eigene Mitarbeiterin gefunden haben, die jetzt eine längere Fortbildung zur Bilanzbuchhalterin absolviert hat. Auf dem freien Markt ist es schwierig, einen Kämmerer mit Doppik-Erfahrung zu finden. Da merkt man den Fachkräftemangel schon deutlich. Ist der auch in den Verwaltungen spürbar? Ich habe dazu einen Artikel gelesen, der mich ein bisschen aufgeschreckt hat. Wir müssen durch die Digitalisierung Personal einsparen. Das führt aber nicht dazu, dass wir Leute auf die Straße setzen. Das Problem ist, dass wir in Deutschland immer weniger werden. Es gehen viele Menschen zu einem Zeitpunkt in Rente, zu dem nicht mehr so viele nachkommen. Das Personal heute kann man also nicht adäquat ersetzen. Wir werden zwangsläufig schrumpfen müssen – und brauchen die Digitalisierung, damit wir hoffentlich den Bedarf decken können. Wie könnte das aussehen? Bis 2022 sollen wir das Onlinezugangsgesetz umgesetzt haben. Das heißt, dass die Bürger alle Leistungen, die sie in einem Amt vor Ort bekommen, auch online bekommen müssen. Ich hoffe, dass man bis 2022 schon die eine oder andere Sache machen kann, zum Beispiel einen Hund anmelden. Der ITVSH – ein Verbund aus allen Gemeinden in Schleswig-Holstein inklusive Dataport – macht es für alle federführend. Sie bereiten alles vor und entwickeln eine Homepage, wo man sich dann einloggen kann. Einige Kommunen sind schon Vorreiter. Wir sind ein kleines Amt, das solche Projekte nicht so einfach begleiten kann. Wir haben noch nicht mal jemanden, der für die EDV/Digitalisierung zuständig ist. Das kriegen wir mit unseren 20 Mitarbeitern im Amt leider nicht hin. Die Einwohnerzahl im Amt ist in den vergangenen Jahren gesunken. Wie begegnen Sie dem demografischen Wandel? Wir als Amt können das sowieso nicht, wir haben da kaum Möglichkeiten. Das müssten die Gemeinden tun. Die Frage ist, in welchem Umfang sie das machen können oder wollen. Da gibt es Unterschiede von Amt zu Amt oder sogar innerhalb eines Amts. Einige wollen wachsen, andere nicht. Und wie viele Prognosen habe ich schon mitgemacht in meiner Zeit. Bei den drei letzten für Kiel und Umland hieß es, dass wir schrumpfen, dann wieder, dass wir Wohnraum ausgleichen müssen, weil Kiel zu wenig hat, und bei der dritten, dass alles passt, wie es ist. Ich glaube nicht, dass das Amt Preetz-Land stark schrumpfen wird, dafür sind wir zu dicht an Kiel dran. Ende 2014 hat sich der Schulverband Preetz-Stadt und -Land aufgelöst. Wie stehen die Schulen im Amt heute da? Wir haben nur zwei Schulen in Kirchbarkau und Schellhorn/Trent, das sind beides kleine Grundschulen. Die sind gut aufgestellt, vom Renovierungsstand sind wir gut davor. Die Digitalisierung – mit iPads, Whiteboards, Beamer oder WLAN – ist in der Mache. Da stehen viele Fördermittel zur Verfügung. Oft wird über zu wenig Busverbindungen auf dem Land geklagt. Wie sieht es im Amt Preetz-Land mit dem ÖPNV aus? Gibt es bereits Modelle zum Beispiel mit Dörpsmobilen? Nein. Die Frage ist, ob es überhaupt Bedarfe gibt. Momentan ist der ÖPNV kein großes Thema im Amt. Ein Ausbau lohnt sich auch nur dann aus Klimaschutzgründen, wenn die Familie, die zu Hause drei Autos stehen hat, tatsächlich in den Bus umsteigt, wenn er öfters fährt. Plant das Amt eigene Maßnahmen zum Klimaschutz? Wir haben zwei Ladestationen für E-Autos am Amtsgebäude in Schellhorn eingerichtet. Und wir wollen mit der Förde-Region ein Konzept für eine PV-Anlage auf dem Dach des Amtsgebäudes entwickeln. Zum Thema Klimaschutz haben wir einiges in den Gemeinden, zum Beispiel das Riesenprojekt in Pohnsdorf mit der geplanten Solarthermieanlage für die Wärmeversorgung von Preetz-Nord oder die Biogasanlage in Honigsee mit Nahwärmenetz. Das sind schon Vorzeigeprojekte. In Rastorfer Passau hat sich eine Genossenschaft für Nahwärme gegründet. Das geht aber von den Gemeinden aus, wir unterstützen sie dann unter anderem bei der Umsetzung oder der Suche nach Fördermitteln. Sie haben gerade Wohnungen gekündigt, die Sie für Flüchtlinge bereitgehalten hatten. Wie haben sich die Zahlen entwickelt und wie sehen Sie die Integration? Wir kriegen zurzeit kaum noch Flüchtlinge zugewiesen und konnten deshalb drei Wohnungen zurückgeben. Wie sich das entwickeln wird, kann ich nicht sagen. 2014/15 habe ich noch das Sozialamt in Preetz geleitet, Matratzen und Möbel gekauft und im Teamwork Wohnungen angemietet. Das war eine spannende Zeit, es hat unheimlich viel Spaß gemacht. Natürlich war es Stress, mal schnell 16 Leute unterzubringen und das alles auf die Beine zu stellen. Aber es war auch ein Erfolgserlebnis. Wir bekommen jetzt immer noch Integrationspauschalen für die ersten sechs Monate, aber unsere Geflüchteten sind ja alle schon mehrere Jahre hier. Ab und zu kommen noch einige hierher und werden für sechs Monate von uns betreut, aber danach wechseln sie zu den Jobcentern. Was wünschen Sie sich für das neue Jahr? Wieder ohne Maske arbeiten zu können. Und ich hoffe, dass wir endlich mal wieder unseren Urlaub genießen können, das wäre schön.

Interview mit Peter Krebs - Personalmangel trifft auch Verwaltungen