Über die Weiße Brücke geht's ins Rathaus

Zum 18. Mai erklärt der 52-Jährige seinen Rücktritt vom Ehrenamt in der Gemeinde Rastorf. Gleichzeitig verabschiedet er sich aus seinem Beruf als Schulleiter in Altenholz, um im Juni als hauptamtlicher Verwaltungschef in Schwentinental die Nachfolge von Michael Stremlau anzutreten. Herr Haß, steigt schon die Aufregung oder sind Sie noch ganz cool? Thomas Haß: Ich bin ganz ruhig. Und freue mich auf meine Vereidigung. Mit dem Termin ging es ein bisschen hin und her, entweder am 18. Mai oder am 11. Juni. Das soll nun im Juni passieren. Das finde ich auch besser so, weil es eine Woche vor meinem Amtsantritt ist. Sonst sitzt man noch einen Monat herum, ist schon vereidigt und wartet dann auf den Amtsantritt. Lesen Sie auch: Wahl in Schwentinental - Thomas Haß ist neuer Bürgermeister Überwiegt die Vorfreude oder die Wehmut, Rastorf verlassen zu müssen? Eindeutig die Vorfreude. Wehmut kann ich nicht sagen. Ich gehe mit Freude und mit Stolz. Ich habe im Team hier einiges erreicht und mich zwölf Jahre eingesetzt, dann darf man sich auch mal beruflich verändern. Und wie ist es mit Ihrem Abschied von der Schule? Da muss ich schon manchmal schlucken. Aber wenn man 28 Jahre in der Schule tätig war, gibt es manchmal Dejà-vu-Momente, wo man sagt, das kommt dir bekannt vor. Vieles hat man doch schon mal gemacht. Nun ist die Zeit, etwas Neues zu beginnen. Aber das Thema Schule lässt mich ja nicht los. Wir haben in Schwentinental drei Schulen – und da weiß ich, worüber ich spreche. Warum haben Sie sich vor zwölf Jahren auf das Bürgermeisteramt in Rastorf beworben? Ich kam wie die Jungfrau zum Kind. Mein Vorgänger Wilfried Dibbern hatte nach 26 Jahren im Amt einen Nachfolger gesucht. Ich war damals nach Rastorf gezogen, und er hat mich überzeugt, mich hier einzubringen. Er hat gesagt, ich müsste entweder etwas für die Feuerwehr oder für die Gemeindevertretung machen, da habe ich mich für die Gemeindevertretung entschieden. Und schwupp, war ich Bürgermeister. Dabei hat er mich noch lange Zeit begleitet. Das ist natürlich toll, wenn man so jemanden an seiner Seite hat. Wie hat sich die Gemeinde seitdem entwickelt? Sie ist zusammengewachsen mit den drei Ortsteilen Rastorfer Passau, Rosenfeld und Wildenhorst. Früher gab es in den Ortsteilen einzelne Feste, jetzt feiern wir alle zwei Jahre ein Gemeindefest unter dem Motto „Rastorf ohne Grenzen“. Das bringt einen Schwung für die Gemeinde. Der Laternenumzug im Herbst zieht abwechselnd durch Rastorfer Passau, Wildenhorst und Rosenfeld. Auch die drei Vereine Feuerwehr, TSV und „Gemeinsam aktiv“ haben sich zusammengetan und bilden mit der Gemeinde ein schönes Quartett. Wir haben ein Leitbild erstellt und knackige 25 Punkte festgelegt unter dem Motto: Wo wollen wir hin? Es ist wichtig, dass man eine Zielvorstellung hat. Man muss Visionen haben. Die Gemeinde ist moderner und umweltgerechter geworden. Inwiefern? Für den Bereich Umwelt haben wir einen Bürgerwald angelegt, auf das Sportheim in Rastorfer Passau eine Photovoltaik-Anlage gesetzt und die Straßenlaternen mit LED-Lampen ausgerüstet. Moderner geworden sind wir in Sachen Breitband. Die letzten fünf Prozent sollen auch noch ans Glasfasernetz. Unser erklärtes Ziel ist es, alle anzuschließen. Wirtschaftlich stehen Sie mit der Gemeinde gut da... Ja, wir haben alle Kredite zurückgezahlt, seit vier Jahren ist die Gemeinde schuldenfrei. Wir haben eine halbe Million Euro Rücklage und immer einen ausgeglichenen Haushalt. Das ist auch mein Ziel für Schwentinental – also zumindest der ausgeglichene Haushalt (er lacht). Der Erfolg liegt unter anderem am Ehrenamt in der Gemeinde. Jeder Gemeindevertreter ist gleichzeitig Projektbetreuer. Bei elf Gemeindevertretern und sechs bürgerlichen Mitgliedern haben wir 17 Personen, die sich zum Beispiel um das Klärwerk, den Kindergarten oder den Bürgerwald kümmern. Was war Ihr größter Erfolg? Es gab mal eine große Diskussion um den neuen Standort der Feuerwehr in Rastorfer Passau, wir haben uns für den Mühlenberg entschieden. Dort ist eine Art Bürgerzentrum mit dem Sportheim entstanden. Aber wir wussten nicht, ob wir auf dem richtigen Dampfer sind. Bei der kurz darauf folgenden Kommunalwahl 2013 hat uns die Bevölkerung dann mit der absoluten Mehrheit für unsere Wählergemeinschaft klar gezeigt: Wir haben alles richtig gemacht. Der Standort ist ein Vorzeigeobjekt geworden. Und Ihre größte Niederlage? Hm, eine Niederlage war wohl, dass wir die erwarteten Zuschüsse vom Kreis für dieses Vorzeigeobjekt nicht bekommen haben. Wir standen ganz oben auf der Liste, aber das Land forderte ein Leuchtturmprojekt, und der Kreis entschied sich für die Schwimmhalle in Plön. Sonst fällt mir nichts ein. Wenn in der ersten Wahlperiode in der Gemeindevertretung mal etwas gegen uns entschieden wurde, habe ich das nie als persönliche Niederlage empfunden, sondern als Akt der Demokratie. Hätten Sie rückblickend irgendetwas anders gemacht? Ja! Als wir in der Gemeinde über Windenergie gesprochen haben. Die Fläche nördlich von Rastorfer Passau am Jorndiek hätte man von vornherein ausklammern müssen, weil sie trotz des 800-Meter-Abstands gefühlt zu dicht an der Bebauung gewesen wäre. Wir wollten das am Reißbrett entscheiden und haben zu wenig die Gefühlslage der Menschen vor Ort berücksichtigt. Das war ein Fehler. Was haben Sie nicht zu Ende gebracht? Ein neues Baugebiet in Rastorfer Passau, aber das ist im Fluss. Das zweite ist eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dibbern-Huus. Aber auch dieses Projekt soll umgesetzt werden. Was hat die Zusammenarbeit in Rastorf geprägt? Das Ehrenamt und das persönliche Miteinander. In einer Gemeinde mit knapp über 800 Einwohnern habe ich wirklich fast jeden kennengelernt. Das wird mir in Schwentinental wohl nicht gelingen. Das Miteinander in der Schwentinentaler Politik ist ja nicht gerade harmonisch. Was wollen Sie ändern? Vielleicht ein bisschen von dem, was wir hier in der kleinen Gemeinde machen, mit hinübernehmen. Mein Appell: Lasst uns sachlich auseinandersetzen, auch mit Leidenschaft, lasst uns mal kräftig streiten, aber nie persönlich anfeinden – und danach ein Bier zusammen trinken. Dann wäre schon viel gewonnen. Im Wahlkampf hatten Sie angekündigt, im Fall ihrer Wahl mit Ihrer Lebenspartnerin nach Schwentinental zu ziehen. Haben Sie etwas gefunden? Nein, haben wir noch nicht. Ach, es ist ein bisschen mühselig. Es gibt einige wenige Objekte, die zur Verfügung stehen, aber sie sind fast alle vom Energieverbrauch fast mittelalterlich. Mein jetziges Haus ist da deutlich besser mit der Brennwerttherme. Aber wir gucken weiter. Bis dahin werde ich erst mal mit dem Fahrrad zum Rathaus hinüber radeln. Das ist eine Strecke von nicht mal zehn Minuten. Was geben Sie ihrem Nachfolger in Rastorf, der am 19. Mai gewählt wird, mit auf den Weg? Den werde ich mir schnappen und ein paar Punkte mit ihm durchgehen. Ich werde ihm raten, offen mit allen umzugehen. Ich habe alle acht Wochen eine Mail an die Gemeindevertreter geschickt, damit sie immer informiert sind. Es hat sich als sinnvoll herausgestellt, wenn man transparent arbeitet. Ich wünsche ihm, dass die Leute sich weiterhin so für die Gemeinschaft engagieren. Und dass die Zahl der Kinder in der Gemeinde wieder steigt. Vor acht Jahren haben wir in Rosenfeld den Kindergarten mit 15 Plätzen eröffnet, die immer belegt sind. Aber man merkt, dass die Kinderzahl bröckelt. Hatten Sie Zeit, sich in die neuen Themen in Schwentinental schon etwas einzuarbeiten? Das war dienstlich sehr schwierig. Durch die Corona-Krise haben wir an der Schule richtig viel zu tun. Es gab zwar nicht so viel Unterricht, aber man muss immer darauf achten, dass alle Vorgaben erfüllt sind – das ist schon ein großer Aufwand. Das hatte ich mir eigentlich anders vorgestellt, das läuft momentan nur am Rande. Ich habe mit Bürgermeister Michael Stremlau verabredet, dass ich ihn in der Woche nach Pfingsten einen ganzen Tag begleite. Weitere Nachrichten aus dem Kreis Plön lesen Sie hier.

Interview mit Thomas Haß - Über die Weiße Brücke geht's ins Rathaus