Kampf gegen Atomwaffen: Dafür riskiert Jan Birk sogar Gefängnis

Berufliche Konsequenzen soll das Verfahren für ihn nicht haben, da er kein Beamter, sondern Angestellter der Stadtverwaltung ist. Mit einem Seitenschneider durchtrennt Jan Birk am 30. April 2019 zusammen mit weiteren 16 Friedensaktivisten den Zaun rund um den Fliegerhorst Büchel in der Eifel. Fünf Teilnehmer bleiben hinter dem ersten Zaun stehen, zwölf weitere überwinden auch den zweiten. Sie werden von Soldaten umringt und drei Stunden festgehalten, dann hinausgetragen. Die Polizei nimmt die Personalien auf. Schon seit 1983 sei er in der Friedensbewegung aktiv, erzählt der 63-Jährige. Bei einer internationalen Friedensaktion in Brüssel habe er Menschen kennengelernt, die für den internationalen christlichen Friedensdienst Eirene tätig waren. Für diese Organisation habe er zwei Jahre lang im Niger in Afrika für den Entwicklungsdienst gearbeitet. 1990 sei er zur internationalen Friedenssteuerkonferenz geschickt worden. Auch in Deutschland gebe es ein bundesweites Netzwerk Friedenssteuer e.V., dessen Vorsitzender er sei. Lesen Sie auch: US-Truppenabzug stößt bei Deutschen überwiegend auf Zustimmung „Ein paar Leute aus dem Netzwerk haben mir erzählt, dass sie nach Büchel gehen wollen, um auf den Bundeswehr-Flugplatz einzubrechen, den Flugverkehr zu stören und mit den Soldaten zu reden“, erzählt er. Bei der Aktion gehe es darum, bekannt zu machen, dass dort Atomwaffen gelagert seien und dass die Bundeswehr diese im Notfall transportieren soll – das verstoße aber gegen den Atomwaffensperrvertrag, so Birk. Deshalb habe er spontan gesagt, dass er mitmachen wolle. „Es war eine ausgesprochen friedliche Veranstaltung, wir wollen niemandem Leid zufügen oder ausfallend werden, sondern nur auf das Problem hinweisen“, betont er. Friedensaktivisten erhielten Strafbefehl: Die Teilnehmer erhielten anschließend einen Strafbefehl. Jan Birk sollte 30 Tagessätze à 30 Euro zahlen. „Wenn ich das akzeptiert hätte, wäre jetzt alles vorbei und ich nicht vorbestraft“, erklärt er. Doch er legte Einspruch ein. „Weil wir uns moralisch im Recht sehen“, meint er. In seinem Prozess am Montag, 8. Februar, vor dem Amtsgericht Cochem will sich Jan Birk selbst verteidigen. „Es steht ja nicht im Vordergrund, unbestraft da herauszukommen“, sagt er. Vielmehr wolle er Aufmerksamkeit erzeugen. Die Friedensaktivisten seien der Meinung, dass der Transport der Atomwaffen Unrecht sei und gegen das Gesetz verstoße. „Davon wollen wir eben auch die Richter überzeugen – bisher hat das aber noch nicht geklappt“, gesteht er. Umfrage: Mehr anzeigen Wird die Umfrage nicht richtig dargestellt? Dann klicken Sie bitte hier. Umweltamtsleiter will freiwillig Ersatzfreiheitsstrafe antreten : Er rechne damit, dass die 30 Tagessätze nun nach seinem realen Einkommen bemessen würden oder er ersatzweise für 30 Tage eine Freiheitsstrafe antreten müsse. „Ich will in dem Fall ins Gefängnis gehen“, kündigt er an. Lesen Sie auch den Kommentar: Europäische Atomwaffen - ein fatales Signal Am Mittwoch, 10. Februar, folgt ein weiterer Prozess vor dem schleswig-holsteinischen Finanzgericht in Kiel. Die Mitglieder des Netzwerks Friedenssteuer träten dafür ein, dass niemand gegen sein Gewissen gezwungen werden dürfte, durch Steuern und Abgaben zur Finanzierung von Militär und Rüstung beizutragen, so Birk. Kampf gegen Steuer für den Rüstungshaushalt: Konkret möchte er erreichen, dass der Anteil seiner Steuern, der normalerweise in den Verteidigungsetat im Bundeshaushalt fließt, für zivile Aufgaben verwendet werde. Es sei gesetzlich geregelt, dass man Steuern aus besonderen Gründen erlassen könne, und zwar nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, argumentiert er. „Und im Grundgesetz steht die Gewissensfreiheit – die läuft hier aber ins Leere.“ Das Netzwerk Friedenssteuer habe ein Zivilsteuergesetz ausarbeiten lassen, wonach man in seiner Steuererklärung ankreuzen könne, ob das Geld für den Rüstungsetat oder zivile Friedenssicherung eingesetzt werden solle. In Italien sei das auch möglich, dort könne man zwischen Kultur und Soziales wählen, erklärt Birk. Lesen Sie auch: Was die Atomwaffendebatte bei AKK auslöst Ist es mit seinem Beruf als Angestellter einer Stadtverwaltung vereinbar, dass er gegen den Staat rebelliert? „Ich bin ja nicht gegen den Staat, die Polizei oder die Justiz“, betont er. „Meine Loyalität gegenüber dem Gemeinwesen steht nicht infrage.“ Aber er kämpfe mit zivilem Ungehorsam gegen das, was er für falsch halte. „Und ich stehe dafür ein.“ Seinen Arbeitgeber habe er bereits über den Prozess in Cochem informiert. Falls er die Ersatzfreiheitsstrafe antritt, will er dafür seinen Jahresurlaub nehmen. Prozess hat keine dienstrechtlichen Konsequenzen: Und wie sieht es mit beruflichen Folgen für Jan Birk aus? „Es hat keine dienstrechtlichen Konsequenzen“, erklärt Bürgermeister Björn Demmin. „Er hat mir erklärt, was er macht und seine Überzeugung geschildert, und ich respektiere seine private Einstellung. Das Verfahren hat aber keinerlei Bezüge zu seiner dienstlichen Tätigkeit.“ Als Friedensaktivist will Jan Birk weiterhin versuchen, etwas zu bewegen. So nehme er regelmäßig an den Demos am Fliegerhorst Jagel teil. Außerdem will er Flugblätter verteilen. „Am 21. Januar ist eine internationale Konvention für das Verbot von Atomwaffen in Kraft getreten, und wir wollen, dass Deutschland beitritt.“

Kampf gegen Atomwaffen - Dafür riskiert Jan Birk aus Preetz sogar Gefängnis