Kreis Plön: Coronavirus sorgt für Puzzle-Fieber

An manchen Tagen, wenn Lutz-Oliver Wagner (29) von Wagner's Spiel- und Technikwelt in Schwentinental seinen Computer für neue Puzzle-Bestellungen hochfährt, braucht er gute Nerven. Dann kommt es nämlich vor, dass von den unzähligen Puzzle-Motiven in der besonders beliebten Kategorie mit 1000 Teilen nur eine Handvoll verfügbar ist. Für alle anderen Motive gilt: Liefertermin ohne Angabe. „Es ist momentan wirklich schwierig, Puzzles vom Händler zu bekommen. Wann die Bestellungen bei uns eintreffen, hängt davon ab, wie produziert und ausgeliefert wird“, sagt Lutz-Oliver Wagner. Und genau da liegt die Krux: Weil die Nachfrage so groß ist, kommen selbst Marktführer in der Puzzle-Produktion kaum noch hinterher. Denn mit so einem Hype hatte wohl niemand gerechnet. „Wir beobachten zwar schon länger einen kontinuierlichen Aufwärtstrend bei den Puzzles, aber mit der Corona-Pandemie gab es plötzlich diesen krassen Winkel nach oben.“ 40.000er-Puzzle ging online über die Theke: Lutz-Oliver Wagner selbst bekennt sich indes als einschlägiger Puzzle-Muffel, der auch im strengsten Lockdown nie Gefahr lief, sich von dem Fieber anzustecken. Er puzzelt lieber andere Dinge nach Anleitung. Lego beispielsweise. Was das Zusammensetzen von auf Pappe gedruckten Motiven betrifft, bleibt der Spielwarenprofi immun. Ganz anders als seine Kunden, die bei dem jahrhundertealten Geduldspiel kaum Grenzen kennen. „Im vergangenen Jahr haben wir sogar ein 40.000er-Puzzle online verkauft. Da kann man drauf wohnen“, meint Lutz-Oliver Wagner. Lesen Sie auch: Spieletipps gegen Lockdown-Langeweile Auch sogenannte Krypt-Puzzles ohne Motive, Krimi-Puzzles oder Escape-Puzzles, die das Prinzip eines Exit-Spiels kombinieren, sind beliebt. Doch auch die klassische Naturaufnahme lässt die Herzen noch immer höher schlagen. Karibikstrände, deutsches Berg-Panorama oder eine asiatische Felslandschaft. „Da möchte man doch einfach hin“, schwärmt der Spielexperte. Psychologin aus Preetz: Puzzle hat therapeutischen Effekt: Puzzeln bietet in der Corona-Pandemie, die uns am Reisen hindert und in die eigenen vier Wände zwängt, also nicht nur Beschäftigung, sondern auch ein Stück weit Träumerei. Wie wichtig das in der Krise sein kann, weiß Nancy Laurisch, Oberärztin an dem psychiatrisch-psychotherapeutischen Ameos Klinikum in Preetz. Sie arbeitet auf der gerontopsychiatrischen Station und wurde selbst schon lange vom Puzzle-Fieber gepackt. „Am liebsten die schwierigen Motive“, sagt sie selbst. Lesen Sie auch: Warum Schachspielen boomt Durch den Verlust von sozialen Kontakten in der Corona-Krise, so Laurisch, würden vermehrt Isolation und Depressionen entstehen, auch bei ihren Patienten der Klinik. Ein Puzzle, das die individuelle Frustrationstoleranz nicht zu sehr strapaziert, könne in dieser Situation durchaus einen positiven (therapeutischen) Effekt erzielen. „Dadurch, dass man sich auf eine Tätigkeit fokussiert, ein Ziel vor Augen hat und alles um sich herum ausblendet, bilden sich Glücksgefühle“, sagt Nancy Laurisch. Beim Puzzeln trainiere man seine Konzentrationsfähigkeit, die kognitive Leistungsfähigkeit, Geduld und Achtsamkeit. „Indem ich ganz im Hier und Jetzt bin und nicht schaue, was ich heute oder morgen erledigen muss, entschleunige ich“, so die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Das Puzzle mit dem Rand beginnen: Um die Nerven stets zu bewahren, auch wenn das Puzzle wie bei der Ärztin zu Hause mitunter 8000 Teile hat, hat die Expertin Tipps. Zunächst, so Laurisch, sei ein guter Lichteinfall wichtig. Dann sollte man mit dem Rand beginnen, sich die Puzzle-Teile nach Formen (und Farben) in verschiedene Schächtelchen sortieren und einzelne Elemente wie beispielsweise eine Kuh oder einen See zuerst puzzeln. Übrigens: Am Ende werden bei Nancy Laurisch alle fertigen Puzzles fixiert und in der Wohnung aufgehängt. Mittlerweile sind es aufgrund ihres chronischen Puzzle-Fiebers, das längst vor Corona da war, rund 100 Motive.