Kreis Plön: Sieben Wochen ohne Kaffee, Fleisch, Handy oder Zucker

„Ganz oder gar nicht“, ist das Motto von Meike Mithöfer aus Passade für ihr Fastenziel, sieben Wochen auf ihren täglichen Kaffee zu verzichten. Die Vorsitzende des 1. Kieler Wasserski-Club in Passade trinkt jeden Morgen und jeden Nachmittag zum Feierabend ihre Tasse Kaffee. „Ich finde die Idee gut, einfach mal auf ein Genussmittel zu verzichten“, sagt die 54-Jährige. „Kaffee ist ja ein Aufputschmittel. Ich bin gespannt, wie mein Körper auf den Verzicht reagiert.“ Ihr Ziel ist es, eine Gewohnheit zu durchbrechen und sich Selbstbestimmtheit zu beweisen. Gefastet hat sie bisher noch nie, es wird eine ganz neue Erfahrung für sie sein. Doch ihr Sportgeist ist bereits geweckt: „Es ist alles eine Frage des Wollens“, sagt sie motiviert. Verzicht auf Produkte mit industriellem Zucker: „Ich bin eine richtige Naschkatze“, gesteht René Hendricks aus Selent. Der 33-Jährige ist schlank, ernährt sich vegetarisch, dreht regelmäßig die Runde mit den drei Hunden, spielt Volleyball und geht mit seiner Frau Nehle zum Boogie-Woogie-Tanzen. Also ein gesunder Lebensstil – wenn da nicht die Aufbackbrötchen am Morgen, die Schokoriegel am Schreibtisch und die Chips auf dem Sofa wären. Deshalb hat Hendricks beschlossen, sieben Wochen lang auf alle Produkte mit industriell hergestelltem Zucker zu verzichten. Beim ersten Blick in den Küchenschrank war er doch erschrocken, wie viel Zucker überall drin steckt. Er hält die Himbeer-Vinaigrette hoch: „Zwölf Gramm auf 100 Milliliter“, liest er vor. Zucker werde fast überall zugesetzt, weil es besser schmecke, glücklich und damit süchtig mache. Diese Fertigprodukte sind ab sofort tabu. „Bei industriell hergestelltem Zucker gehen auch die Vitalstoffe verloren“, sagt Hendricks, der nach seiner dreijährigen Tätigkeit als Pressesprecher des Kreises Plön nun bei Tennet arbeitet. René Hendricks will ein gutes Vorbild sein: Da natürlicher Zucker aber ein wichtiger Energielieferant sei, wolle er Äpfel essen und seine Speisen mit Honig oder Agavendicksaft süßen. Nun ist er gespannt auf die Wirkung. „Es heißt, dass man Entzugserscheinungen und Heißhunger haben soll – aber wenn man durch das Tal durch ist, soll man mehr Energie haben.“ Er hoffe, dass er bei den anstehenden Geburtstagen in der Familie den Kuchen links liegen lassen könne. Der junge Familienvater – Tochter Heli kam vor einem Monat auf die Welt – will auch ein gutes Vorbild sei. „Schön, dass ich jetzt ein bisschen Druck habe“, gesteht er und lacht. Andrea Rudolph aus Wankendorf hat sich in Sachen „Sieben Wochen ohne“ für ein ungewöhnliches Vorhaben entschieden. Die 54-Jährige will bis Ostern keine negativen Gedanken in ihr Leben lassen. „Ich will die kommenden Wochen ohne Jammern und Klagen leben“, erklärt sie. Einen Aufruf der Wankendorfer Pastorin Ulrike Jenett hatte sie inspiriert, bei der Verzichts-Aktion mitzumachen. Andrea Rudolph verzichtet auf negative Gedanken: Die Idee, negativen Gedanken für eine festgelegte Zeit keinen Raum zu geben, entstand in einer persönlichen Krisensituation. Dabei erlebte sie eine Absage, die sie zunächst in ein tiefes Jammertal stürzte – sich aber letztlich als Segen erwies. Zur Begleitung und Stärkung will Andrea Rudolph ein Dank-Tagebuch führen. Gerade in der aktuellen Coronakrise ist so ein Tagebuch eine wichtige Stütze, sagt die gläubige Christin. „Über Corona wird ja viel gejammert. Ich schreibe aber nur die positiven Dinge und Erlebnisse auf und drücke darüber meinen Dank aus.“ Raja Kohrt (7) möchte sieben Wochen lang aufs Zimmer-Aufräumen verzichten, ihre Schwester Edda (9) macht mit. Das erzählen die beiden Mädchen der KN-Reporterin – und fangen an zu lachen. Tatsächlich sind es ihre Eltern Carina (38) und Christoph Kohrt (50) aus Kossau (Gemeinde Lebrade), die wir in der Fastenzeit begleiten dürfen. „Sieben Wochen ohne“ machen die beiden Erzieher nicht zum ersten Mal mit. „Wir haben das mal mit Fernseh-Verzicht versucht. Da haben wir dann irgendwann geschummelt und eine DVD eingelegt“, erzählt Christoph Kohrt, der Kopf des Plöner Theaters Zeitgeist. Zusammen mit Carina steht er auch als „Theaterfimmel“ auf der Bühne. Sieben Wochen ohne Fleisch/ohne tierische Produkte: Carina ist Vegetarierin, schon seit ihrer Jugend. Christoph will es ihr sieben Wochen gleich tun. Er verzichtet auf Fleisch. Seine Frau legt einen drauf. „Ich ernähre mich dann sieben Wochen vegan“, sagt sie. Also eine Zeit ohne tierische Produkte – auch ohne Honig oder tierische Gelatine zum Beispiel. Inzwischen gibt es immer mehr Ersatzprodukte, sogar vegane Pizza. Und für den Kaffee habe sie jetzt Hafermilch entdeckt. Auf Fleisch zu verzichten werde ihm sicher nicht sehr schwerfallen, meint ihr Mann. „Ich esse ja nicht jeden Tag Fleisch. Und wenn es in die Pfanne kommt, dann ist es nicht vom Discounter. Wir achten darauf, wo das Fleisch herkommt“, sagt er. Ab heute achtet er darauf, dass gar kein Fleisch ins Haus kommt. Nun gut, Edda und Raja dürfen essen, was sie möchten. Mit einer Einschränkung. Edda ist strikt dagegen, dass etwas mit Palmöl aufgetischt wird. Nutella geht also gar nicht. Nicht nur sieben Wochen nicht. Franziska Stade trennt sich vom Smartphone: Einen für viele kaum vorstellbaren Verzicht will Franziska Stade von den Jungen Landfrauen Kreis Plön wagen: Für sieben Wochen wird sie sich von ihrem Smartphone trennen. „Das Handy ist immer präsent und bestimmt den Alltag. Mit dem Verzicht auf die ständige mobile Erreichbarkeit möchte ich erreichen, dass man sich wieder aufs Wesentliche im Leben konzentriert“, sagt die 28-Jährige. Über ihr Festnetztelefon sowie über Mails und Facebook will sie weiterhin mit der Außenwelt in Kontakt bleiben. Aber: „Mal eben schnell von unterwegs aus eine Whatsapp schreiben geht dann nicht mehr“, weiß sie. Doch das ist es gerade, wovon sie sich für einige Zeit lösen will, die schnelle und ständige Kommunikation über das Smartphone. „Ich möchte nach dieser Zeit sagen können: Ich bin vom Handy unabhängig, wenn ich das will.“ Gleichzeitig hat sie sich zum Ziel gesetzt, mit ihren weiter entfernt lebenden Freundinnen Briefe zu schreiben. Back to the roots also! Kein Kaffee, kein Zucker, keinen Kuchen: „Es bekommt mir sehr gut“, sagt Renate Bröckl. Die Rentnerin aus Hohenfelde macht seit 35 Jahren mit bei „Sieben Wochen ohne“ in der Fastenzeit. Sie verzichtet auf Kaffee und Süßigkeiten inklusive Kuchen. In der letzten Woche ernährt sich die 83-Jährige nur noch von einer sämigen Gemüsesuppe, die sie selbst kocht. Nichts anderes. „In der Zeit esse ich nicht ein Stück Brot.“ Ihre Geschwister bewundern sie für ihre Disziplin in der Fastenzeit. In den ersten Jahren wäre sie dabei schon fast einmal schwach geworden beim Anblick von Pralinen. Die stellt Renate Bröckl nämlich selbst her. Für sich (außerhalb des Fastens), Freunde und Verwandte. „Die sind sehr beliebt.“ Heute fällt ihr der Verzicht und das Durchhalten nicht mehr schwer. „Ich finde heute gar nichts dabei.“ Lesen Sie auch: Seltener Fluggast aus Amerika Wenn die „sieben Wochen ohne“ vorbei sind, startet die Seniorin vorsichtig wieder mit dem Essen. „Es kommt nicht gleich ein Schmorbraten auf den Tisch.“ Vielleicht etwas Haferschleim, um den Darm wieder anzuregen. Ein bisschen Pudding. „Ich mache das ganz langsam.“ Bröckl verzichtet auf einige Speisen, aber nicht auf Bewegung. Auch in der Fastenzeit übt sie sich in Yoga und Gymnastik. Gerade in der Corona-Zeit „muss man selber etwas machen“. Von Anja Rüstmann, Hans-Jürgen Schekahn, Nina Janssen, Silke Rönnau und Sven Tietgen