Laboe: Buddelschiff erzählt Geschichte vom Schiffsrennen durch die Welt

Karl-Christian Fleischfresser sammelt. Alles was mit der Schifffahrt zu tun hat. Ruderblätter, alte Logbücher und Seekarten, Anker, Navigationsinstrumente - die Liste ließe sich ewig fortführen. Sein Garten ist ein einziger Abenteuerspielplatz, der Eintritt in eine eigene kleine Welt, sein privates Museum, in das er auch Besucher hineinlässt. Seine Sammelleidenschaft kommt nicht von ungefähr. Sein Vater, der mittlerweile verstorben ist, war Kapitän. 1960 baute er im Garten der Familie eine kleine Hütte, die einen direkt auf hohe See entführen sollte, trat man nur hinein: Der Nachbau einer Kajüte, er steht noch heute. Weiter wandelt man an einem Steuerhaus eines alten Fischkutters vorbei, einem typischen Ruderboot vom Laboer Strand und einem "Fisker Huset". Buddelschiffe erzählen Geschichten: Doch das Hauptaugenmerk soll für diese Sammler-Folge auf den gut 50 Buddelschiffen liegen, zu denen Fleischfresser spannende Geschichten auf Lager hat. Eine soll erzählt werden. Wie kamen die Buddelschiffe überhaupt zu den Fleischfressers? "Mein Vater hatte einen alten Bootsmann an Bord, der hat sein Leben lang auf Schiffen gewohnt", berichtet der 63-Jährige, der selbst als Bankkaufmann arbeitete. In seiner Freizeit habe der Bootsmann Buddelschiffe gebaut. Bootsmann hauste im Garten der Familie: Als sein Vater 1964 mit der Seefahrt aufgehört habe und Hafenmeister in Laboe geworden sei, habe der Bootsmann bei der Familie bleiben sollen. Man habe ihm eine Hütte im Garten gebaut, wo er gelebt und weiter Buddelschiffe gebastelt haben soll. "Er war ein ganz bescheidener Mann, mein Ersatz-Opa sozusagen", erinnert sich Fleischfresser. Einige bedeutsame Buddelschiff-Exemplare habe er behalten. Auch von anderen Kapitänen habe er welche bekommen. Wettbewerb zur Segelolympiade 1972: Eine besondere Geschichte eines ebenso besonderen Buddelschiffs des alten Bootsmannes erzählt er. Sie spielt laut Fleischfresser zur Kieler Segelolympiade im Jahr 1972. Im Rahmen eines Wettbewerbs hätten Buddelschiff-Bauer aus ganz Deutschland ihre Buddelschiffe einreichen können, die in einer Ausstellung präsentiert worden seien. Seine Familie habe den Bootsmann überredet, auch eines seiner Schiffe einzureichen. Schließlich sei er mit seinem Modell "Taiping und Ariel" ins Rennen gegangen. Historische Relevanz : Die Flasche sieht zunächst relativ unspektakulär aus. Das Modell zeigt zwei große Handels-Segelschiffe vor den weißen Klippen von Dover (England). Doch das Besondere, so Fleischfresser, liege nicht in der Dekoration oder schmucken Gestaltung der Flasche, sondern in der historischen Relevanz eines Ereignisses am 5. September 1866. Lesen Sie auch: Annchristin Wimber hängt am Meerglas Die Taiping und die Ariel seien zur damaligen Zeit die schnellsten Segelschiffe der Welt gewesen. Sie hätten Tee von Indien nach Europa, genauer gesagt nach London, gebracht. Zum Ende der Teesaison seien beide Handelsschiffe am selben Tag in See gestochen, um Südafrika herum bis nach England. Ein Viertel Jahr seien sie unterwegs gewesen. Handelsschiffe kamen gleichzeitig in London an: "Beide Schiffe sind sich während der gesamten Fahrt nicht einmal wieder begegnet", berichtet Fleischfresser. Beide hätten als erster in London sein wollen, denn der Erste habe natürlich den besten Preis für den Tee verlangen können. Dann, an jenem Tag vor etwa 154 Jahren, seien beide Handelsschiffe doch tatsächlich am selben Tag an der Küste vor Dover angelangt - nach so langer Fahrt auf hoher See. Das habe die Jury, bestehend aus Kapitänen und Admiralen, gesehen - und wertgeschätzt, sagt Fleischfresser. Der alte Bootsmann habe für sein Buddelschiff den ersten Preis erhalten. Geschichten bewahren: Das ist es auch, was den Laboer an den Buddelschiffen fasziniert und warum er Dinge rund um die Schifffahrt sammelt. "Ich will diese Geschichten weitergeben und bewahren." Doch ihn interessieren nicht nur die Schiffe im Regal. Er selbst ist auch auf dem Wasser unterwegs. "Ich kann jedes Boot segeln", sagt er. Von klein auf sei er mit seinem Vater am Hafen gewesen und am Wasser groß geworden. Ein Teil in seiner Museumssammlung von dem er sich nicht trennen könnte? Besonders am Herzen liege dem 63-Jährigen das Modellschiff "Johannes", das sein Vater baute. "Es war das Schiff, mit dem mein Vater im Februar 1945 mit seiner Familie aus Wollin geflohen ist."