Ladwig: "Wir können die Lage bewältigen"

Für die Bewältigung der Krise sei ein Verwaltungsstab eingerichtet worden, berichtet die Landrätin weiter. Frau Ladwig, sind Sie selbst auf das Coronavirus getestet worden? Stephanie Ladwig: Ja. Ich war in Tirol, das als Risikogebiet gilt. Insofern war ich dann als Reiserückkehrerin in häuslicher Quarantäne. In Abstimmung mit dem Gesundheitsamt sollte ich zur Sicherheit einen Test machen, bevor ich unsere sensible Steuerungszentrale, das Kreishaus, wieder betrete. Der Test war negativ, sodass ich am vergangenen Donnerstag wieder ins Büro konnte. War der Kreis auf diese Pandemie vorbereitet? Liegen für solche Fälle Pläne in den Schubladen? Wir haben das Glück, dass unser Leiter des Gesundheitsamtes, Dr. Josef Weigl, sich vorher schon viel mit Pandemien beschäftigt hat und Spezialist genau auf diesem Gebiet ist. Das Gesundheitsamt hat deshalb sehr vorausschauend reagiert und nach den Berichten aus China schon im Januar Gespräche mit Klinik und Rettungsdienst geführt, um vorbereitet zu sein. Pläne für eine Pandemie liegen vor: Solche Pandemiepläne, ja, die gibt es, die sollen immer für solche Zeiten vorgehalten werden. Insofern haben wir feste Strukturen, die den Handelnden dann auch Sicherheit geben. Wichtig ist es mir klarzustellen: Keine Panik – wir sind immer noch überzeugt, dass wir die Lage bewältigen können. Wie genau sieht die Umsetzung der Pläne aus? Wir haben noch vor meinem Urlaub besprochen, einen Verwaltungsstab einzurichten, der sich mit der Organisation beschäftigt, um die Bewältigung der Lage entsprechend steuern zu können. Das ist für uns nicht Neues, wir hatten schon bei der Geflügelpest ähnliche Strukturen aufgebaut. Der große Unterschied ist der, dass sich niemand vorstellen konnte, dass die Coronakrise so sehr in unser aller Leben eingreifen würde. Sonst wäre ich ja auch niemals in den Urlaub gefahren, wenn ich diese extrem dynamische Entwicklung auch nur ansatzweise geahnt hätte. Trotz sehr guter Vertretung bin ich vorzeitig zurückgereist, weil es mir keine Ruhe ließ. Wie ist der Verwaltungsstab zusammengesetzt? Es sollen alle wesentlichen Kapazitäten vertreten sein. Das fängt an mit unserer Leitenden Kreisverwaltungsdirektorin Dr. Yvonne-Maria Wiegner, die auch Fachbereichsleiterin für Sicherheit und Ordnung ist, außerdem sind das Gesundheits-, Personal- und Ordnungsamt, der Katastrophenschutz, natürlich die Pressestelle und bei Bedarf auch das Jugend- oder Schulamt dabei. Dazu kommen noch Vertreter der Klinik, des Rettungsdienstes und der Polizei. Landrätin bat die Bundeswehr dazu: Außerdem habe ich darum gebeten, dass wir die Bundeswehr dazu nehmen, weil wir nicht wissen, wie es mit unseren Kapazitäten aussieht und ob wir irgendwann in Zukunft die Hilfe der Bundeswehr benötigen. Das könnten zum Beispiel Sanitätseinheiten sein. Im Bedarfsfall ist es einfacher, etwas auf den Weg zu bringen, wenn man vorab über die Lage schon informiert war und die entscheidenden Personen kennt. Wie oft tagt dieses Gremium? Zweimal pro Woche. Wenn der Bedarf höher ist, dann auch häufiger. Ziel ist, nicht so oft zusammenzukommen, um Kontakte so gering wie möglich zu halten. Der Austausch über Telefon und Mail reißt aber den ganzen Tag nicht ab, das geht quasi im Minutentakt. Wenn wir uns treffen, achten wir auf große Sitzabstände, die bei uns nur im Kreistagssitzungssaal möglich sind. War es bisher so, dass Sie Erlasse des Landes umgesetzt haben, oder gab es auch eigene Beschlüsse für den Kreis Plön? Jeder Kreis hat die Vorgaben des Landes umzusetzen. Darüber hinaus muss bei den eigenen Allgemeinverfügungen entschieden werden, ob wir im Rahmen der Abwägung ergänzend eigene Regelungen treffen müssen, wie zum Beispiel bei der Zweitwohnung. Insofern ist da ein ständiger Austausch. Wir haben sehr viele Telefonkonferenzen gehabt, mit dem Ministerium, mit den Landräten untereinander. Wie geht man mit Situationen um, welche Probleme sieht man? Wir wollen gern gemeinsam vorgehen, weil es nichts Schlimmeres für die Bürger gibt, als wenn sie uneinheitliche Vorgaben bekommen. Welche Maßnahmen wurden im Kreishaus ergriffen? Zunächst ging es um die Steuerung der Kommunikation: Was wird an die Presse gegeben, wo sind Kommunen einzubinden, was muss innerhalb des Hauses kommuniziert werden? Kreishaus für Publikumsverkehr geschlossen: Wir haben mit einer vorsichtigen Einschränkung im Publikumsverkehr angefangen und uns dann zur vollständigen Schließung des Kreishauses durchgerungen, um die Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren. Außerdem wurde ein rollierendes Drei-Tages-System eingeführt mit verschiedenen Teams, um die Arbeitsfähigkeit bei Quarantäne oder Erkrankung sicherzustellen. Bevölkerungsschutz, Feuerwehrwesen und Rettungsdienst sind alle in Bereitschaft. Wie leisten die Mitarbeiter ihre Arbeit? Sie arbeiten in allen Bereichen weiter, wenn auch eingeschränkt. Die Anzahl der Quarantänefälle nimmt zu. Wir sind dabei, den Homeoffice-Bereich weiter auszubauen, und haben dafür 100 Lizenzen zusätzlich bestellt. Wir haben ständige Rufbereitschaften, es gibt schon Bereiche, die sehr stark belastet sind: Gesundheitsbereich, EDV, Öffentlichkeitsarbeit. Die sind rund um die Uhr im Einsatz. Wir versuchen, Schutzmasken für die Mitarbeiter im Gesundheitswesen zu bekommen. Es wurden welche bestellt, sie sind aber noch nicht eingegangen. Wo können sich die Bürger informieren? Wir haben ein Bürgertelefon mit 26 Mitarbeitern eingerichtet. Weil ein immenses Informationsbedürfnis besteht und wir die Bürger nicht allein lassen wollen, werden zusätzliche Zeiten am Wochenende angeboten. Dazu gibt es noch die Bürger-Info-Mail, für die acht Mitarbeiter tätig sind. Gibt es etwas, das Sie aus der Krise gelernt haben und für die Zukunft mitnehmen? Wichtig ist: Jede Krise kommt unangemeldet, alle Prioritäten verschieben sich, alles wird auf den Kopf gestellt. Man muss in einer unglaublichen Schnelligkeit reagieren und teilweise unbürokratisch oder ohne Rechtssicherheit Entscheidungen treffen. "Man muss sich auch mal was trauen": Man muss sich lösungsorientiert auch mal was trauen. Es ist wichtig, frühzeitig Strukturen aus dem Krisenmanagement zu aktivieren, weil wir nur so die Kommunikation gewährleisten. Nur wenn alle auf einem Informationsstand sind, kann man handlungsfähig bleiben. Im Katastrophenschutz gibt es einen Spruch: Man muss immer vor der Lage bleiben und darf nicht von allem überrollt werden. Erst ganz am Ende ziehen wir ein Fazit. Es wird bestimmt Optimierungsmöglichkeiten geben, es gibt immer etwas, das man weiter verbessern kann. Sehen Sie auch positive Aspekte? Für unsere Verwaltung kann ich sagen, dass sich in solchen ungewöhnlichen Zeiten die wirkliche Schlagkraft zeigt. Ich bin richtig stolz, wie professionell und mit wie viel Engagement, geradezu aufopferungsvoll sich die Mitarbeiter über das normale Maß hinaus einsetzen. Gleiches gilt für die Mitarbeiter vor Ort in den Kommunen, die die Anordnungen vollziehen müssen und dadurch zum Teil Anfeindungen ausgesetzt sind. Es zeigt sich immer wieder in der Krise, wie groß die Unterstützung vieler Bürger ist. Es erreichen uns viele Angebote, die Bevölkerung zieht mit. Da fühle ich mich bestätigt: Im Kreis Plön lohnt es sich zu wohnen. Was machen Sie als Erstes, wenn alles wieder seinen „normalen“ Gang läuft? Ich werde ganz genussvoll mit Freunden essen gehen in einem schönen Restaurant mit Außenterrasse, schließlich wollen wir – wenn die Krise bewältigt ist – die heimische Wirtschaft unterstützen. Daten und Fakten: Stefanie Ladwig wurde 1966 in Schleswig geboren, wuchs in Hamburg auf und studierte nach dem Abitur 1986 Rechtswissenschaften. Von Oktober 1998 bis 2010 arbeitete sie als Juristin beim Kreis Nordfriesland. 2003 wurde sie dort stellvertretende Landrätin. Im Dezember 2010 wurde sie als parteilose Bewerberin vom Kreistag zur Landrätin im Kreis Plön gewählt. Das Amt trat sie am 5. Mai 2011 an. Das Bürgertelefon der Kreisverwaltung Plön ist montags bis freitags von 8 bis 16 Uhr, sonnabends von 9 bis 16 Uhr und sonntags von 9 bis 13 Uhr unter Tel. 04522/743743 erreichbar. Für weitere Anfragen wurde die E-Mail-Adresse buergerinfo@kreis-ploen.de eingerichtet. Hier werden Anfragen zu den aktuellen Allgemeinverfügungen und zum eingeschränkten Dienstleistungs- und Serviceangebot des Kreises beantwortet. Eine medizinische Beratung kann dort grundsätzlich nicht erfolgen. Bürger können sich dafür an ihre Hausarztpraxis oder Tel. 116117 wenden.

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