Landwirtschaft Probstei: Hunderte Ehrenamtliche retten Rehkitze

Die Landwirte rufen an und sie kommen. Wie ein riesiges Einsatzkommando kommt es daher, wenn der Autokorso zu dem bestellten Feld aufbricht, um Rehkitze zu retten. Auch dieses Mal sind wieder Dutzende Helfer der Rehkitzrettung Probstei am Start. Die Rehkitzrettung Probstei, dahinter steht Kristin Scharnberg. Sie hat die Initiative vor zwei Jahren ins Leben gerufen. Nachdem Scharnberg selbst einmal bei einer Suchaktion geholfen hat, wollte sie das auch in der Probstei umsetzen. Angefangen habe es mit ein paar Freunden aus der Telefonliste, erzählt sie. Jetzt gibt es neben einer Facebookgruppe eine eigene Homepage. Über Whatsapp organisiert die 47-Jährige die Einsätze der über Hundert Gruppenmitglieder. "Es ist toll, dass das Bewusstsein dafür wächst", sagt die Schönbergerin. Großes Engagement: Treffpunkt ist für diese Runde ein Parkplatz in Wisch. Man erkennt sich an den Gummistiefeln, den Kindern an der Hand oder den Hunden an der Leine. Immer mehr Autos und auch Fahrradfahrer versammeln sich. Allein zu sehen, wie viele Menschen die Aktion anzieht und wie viel Engagement dahinter steckt, ist überwältigend. Bei gutem Wetter sind Scharnberg und ihre Mitstreiter manchmal jeden Tag unterwegs. Sechs Felder stehen an diesem Abend auf dem Programm. Die Landwirte wollen am nächsten Morgen mähen und haben sich für das Absuchen der Flächen nach Rehkitzen an die Rehkitzrettung Probstei gewandt. Die Saison beginnt im Mai und dauert bis Ende Juni. Etwa 15 Landwirte unterstützen die Rehkitzretter aktuell. Vergrämung hilft: Mit dem Auto geht es zu den Einsatzorten. An der ersten Wiese angekommen, stellen sich alle in eine Reihe auf, möglichst gleichmäßig mit einem Abstand von etwa eineinhalb bis zwei Metern. "Das hat jetzt nichts mit Corona zu tun", sagt Scharnberg und lacht. An guter Laune fehlt es hier nicht. Die Wahrscheinlichkeit eines Kitz-Fundes steigt natürlich. Und: "Wir kämmen die Wiesen durch, und hoffen, dass die Rehe ihre Kitze herausholen, weil es so furchtbar nach Mensch und Hund stinkt", motiviert Scharnberg die Gruppe. Die Tiere werden so von den Flächen vergrämt. Das heißt, auch wenn kein Kitz gefunden wird, hat der Marsch etwas gebracht. Ein Spaziergang ist es nicht. Das Gras reicht bis über die Knie, und man muss gut hinsehen und aufpassen, dass man nicht versehentlich auf ein Kitz tritt. Außerdem ist es wichtig, Schritt zu halten und die Abstände zu wahren - gar nicht so einfach, auf einer Wiese geradeaus zu laufen. Idyllische Umgebung: Es ist ruhig und die Abendsonne taucht die sattgrüne Wiese in warmes Licht, nur das Kinderlachen und die Unterhaltungen der Erwachsenen sind zu hören - einfach idyllisch. Dann wird es heiß: eine plattgedrückte kleine Fläche im Gras! Hier lag vielleicht mal ein Reh, aber jetzt ist nichts mehr zu sehen. Weiter geht's. "Ich falle immer wieder auf die Maulwurfshügel rein", kommentiert eine Helferin von weiter weg den Fehlalarm und lacht. "Der Aufwand ist entschädigt, wenn man die Bilder von den Kitzen sieht", meint Heike Deutschendorf. Die 58-jährige aus Neuschönberg läuft - wie die meisten hier - der Tiere wegen mit. Und für die Kinder ist es natürlich das Größte, wenn ein Kitz gesichtet wird. "Ich habe schon drei Rehe gefunden", erzählt die neunjährige Nila. "Die sind richtig niedlich. Manchmal können die schon laufen und laufen dann von selbst weg." Nicht anfassen! Für den Fall, dass sie das noch nicht können, hat Kristin Scharnberg eine Transporttasche dabei, um die Tiere vom Feld zu tragen. Sie werden mit ganz viel Gras auf den Händen angefasst, um keinen menschlichen Geruch am Wildtier zu hinterlassen. Während man so mit dem Nachbarn plaudert und die Augen die ganze Zeit über wachsam vor sich auf den Boden gerichtet hat, ist das Ende der Wiese schnell erreicht. Ein Rehkitz wurde nicht gefunden, aber es fühlt sich gut an, diese Fläche nun für Rehkitz-frei zu erklären. So geht es weiter bis zur letzten Fläche. Hier kommt der Landwirt mit dem Trecker vorbei und verteilt Gummibärchen an die Kinder. Björn Adam ist für die Unterstützung der Probsteier Rehkitzretter sehr dankbar: "Das ist toll", sagt er. "Vorher sind wir immer mit höchstens vier Leuten und unseren Hunden durchgelaufen - ein Riesenaufwand." Die Suche geht weiter: Es ist die dritte Saison für Scharnberg und ihre Mitstreiter, und die Schönbergerin ist noch lange nicht müde. Sie will einen Verein gründen und wünscht sich, dass bald jede Gemeinde in der Probstei ihre eigene Gruppe hat, "damit sie die Landwirte in direkter Nachbarschaft unterstützen können", so die 47-Jährige. Nach dem Absuchen aller Felder ist die Aktion ohne einen Rehkitzfund beendet. Trotzdem sind alle zufrieden. Am nächsten Morgen vor Sonnenaufgang steht noch die Drohnen-Suche an. Die Rehkitze werden per Wärmebildkamera aufgespürt. "Das ist die sicherste Methode", erklärt Scharnberg. Das will Meilin (12) nicht verpassen: "Da hat man noch einmal die Chance, Rehe von Nahem zu sehen", sagt die Zwölfjährige. Dafür nimmt sie das frühe Aufstehen in Kauf. Mehr aus dem Kreis Plön lesen Sie hier.

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