Pandemie im Kreis Plön: Welche Folgen hat die Corona-Krise, Herr Kalinka?

Werner Kalinka (68) ist CDU-Landtagsabgeordneter und Vorsitzender der CDU im Kreis Plön. Seine politische Arbeit begann 1971 mit der Wahl zum Kreisvorsitzenden und 1973 zum Landesvorsitzenden der Jungen Union. 1977 war er erstmals Landtagsabgeordneter. 2017 wurde er erneut in den Landtag gewählt. Kalinka wurde in Fiefbergen geboren, in Dobersdorf wohnt er seit mehr als 25 Jahren. Gegen die Auswirkungen der Corona-Krise kämpft er als Mitglied des Kreis- und des Landtages an zwei Fronten. Im Interview spricht Kalinka darüber, warum einige Mitarbeiter der Kreisverwaltung in Schwentinental arbeiten könnten und ob das Gymnasium in Heikendorf trotz der hohen Kosten trotzdem gebaut werden soll. Herr Kalinka, das Land hat dem Kreis Plön die Kreditaufnahme um 30 Millionen Euro gekürzt. Hat sich der Kreis übernommen? Das war ein ernster Warnschuss. Wir dürfen nicht über unsere Verhältnisse leben. Wir müssen auch die Auswirkungen für die nachfolgende Generation fest im Auge haben. Finanzpolitik muss wie auch andere Politik nachhaltig sein. Es sind ja nicht nur die Investitionen, die erheblich den Haushalt bestimmen. Seit 2008 haben sich die Personal- und Pensionskosten nahezu verdoppelt. Ausgaben für soziale Hilfen machen für den Kreis etwa ein Viertel des Haushaltes aus. Das wäre noch deutlich mehr, wenn es keine Erstattungen vom Land gäbe. Nachhaltig ist der Haushalt aber nur in Maßen. Er weist ein Defizit von mehr als sechs Millionen Euro aus und in der Vergangenheit hat der Kreis nicht einmal die Hälfte des Geldes, das er investieren wollte, auch verbaut. Das ist völlig richtig. Das im Haushalt veranschlagte Geld muss in der Regel auch in dem jeweiligen Jahr ausgegeben oder eingespart werden. Nicht zu vergessen, dass jahrelang Jahresabschlüsse des Kreises - mit Zustimmung des Kreistages - nicht zeitnah geprüft wurden beziehungsweise geprüft werden konnten. Für die Haushaltsklarheit sind genaue zeitnahe Abschlüsse besser. Bei Landrätin Stephanie Ladwig knallte der Warnschuss offenbar etwas leiser. Sie sagt, es sei gut möglich, dass der Kreis letztlich auf kein Investitionsvorhaben verzichten müsse. Teilen Sie die Hoffnung? Durch die Corona-Krise sind deutlich weniger Einnahmen zu erwarten. Die Verwaltung versucht derzeit, ein Konzept zu erstellen, das die Hinweise der Kommunalaufsicht berücksichtigt. Einschließlich des soeben erstellten Jahresabschlusses 2018 mit einem Plus von 4,6 Millionen Euro liegen die Rücklagen des Kreises bei rund 20 Millionen Euro. Selbst wenn diese und der für das Jahr 2019 auch noch zu erwartende Überschuss für 2020 und die nächsten Jahre eingeplant werden, wird es eng. Zumal auch der Abbau von Schulden nicht außerhalb des Blickfeldes geraten darf. Viele Aufgaben, wenig Einnahmen. Was halten Sie davon, die Kreisumlage zu erhöhen? Eine Erhöhung der Kreisumlage käme für mich nicht in Frage. Vielen Kommunen geht es schon jetzt nicht gut. Frau Ladwig sagt auch, die Sanierung des Gymnasiums in Heikendorf sei ausdrücklich auf Vorschlag der Selbstverwaltung beschlossen worden - also auch von Ihnen. Weil der schwarze Peter schon mal auf Ihrem Tisch liegt: Können Sie den Schülern, Eltern und Lehrern versprechen, dass das Gymnasium saniert wird? Es stimmt: Der Vorschlag zur Sanierung der Heinrich-Heine-Schule in Heikendorf kommt von der CDU-Kreistagsfraktion und hat im Kreistag eine breite Zustimmung gefunden. Wir hatten uns eigentlich etwas gewundert, dass er nicht schon vorher von der Verwaltung gekommen war. Zu der Sanierung gibt es keine Alternative. Wie notwendig sie ist, zeigt sich auch daran, dass die Kosten deutlich mehr als die bislang veranschlagten 14 Millionen Euro ausmachen dürften. Der nördliche Teil des Kreises - vor allem auch die sich hervorragend entwickelnde und stark wachsende Gemeinde Heikendorf - sind für Familien hoch attraktive Gemeinden. Die Nachfrage nach Bauplätzen und Wohnungen in der Region ist enorm. Lesen Sie auch: Alle Infos über die Heinrich-Heine-Schule Heikendorf Bleiben wir noch kurz im Klassenzimmer: Dürfen auch andere Schüler im Kreis Plön darauf hoffen, bald in neuen oder sanierten Klassenräumen zu lernen? Seit Langem hat eine gute Schulpolitik - der Kreis ist baulich für die Schulen zuständig, bei denen er Träger ist - für uns eine hohe Priorität. Dabei bleibt es. Investitionen in Schulen sind Investitionen in Bildung, sind Investitionen in die Zukunft. Besonders in Krisenzeiten ist es wichtig, dass Kommunen investieren. Schließlich sind es nicht selten die Handwerker und Betriebe aus der Region, die zum Beispiel eine neue Schule bauen. Ist der Warnschuss des Landes nicht das falsche Signal? Das Land selbst verzichtet keinesfalls auf öffentliche Investitionen. Im Gegenteil: Das Land investiert seit 2018 mehr als in den Jahren zuvor. Nicht zu vergessen die vielen Fördermittel, mit denen Investitionen in den Kommunen begleitet oder gar erst ermöglicht werden. Auch im Kreis werden wir keinesfalls einen Stopp bei Investitionen haben. Das wäre falsch und würde zum Beispiel auch Architekten- und Ingenieursbüros mit ihren Arbeitsplätzen treffen. Es muss aber der Einklang mit dem Haushalt und der Schuldenbremse gegeben sein. Bislang haben wir nur darüber gesprochen, wofür Sie trotz der Warnung aus Kiel Geld ausgeben möchten. Bleibt die Frage: Welche Investitionen wollen Sie verschieben oder gar streichen? Wir sehen einen Verwaltungsanbau in Plön - jedenfalls in der von der Verwaltung angedachten Größenordnung von mehr als zehn Millionen Euro - als nicht realisierbar an. Es fragt sich ja auch, ob er nötig wäre. Homeoffice gibt es auch in der Kreisverwaltung schon seit Längerem. Die Corona-Krise zeigt, wie ausbaufähig und vorteilhaft das sein kann. Die Digitalisierung schreitet voran. Wenn jetzt nicht die Zeit ist, aus den Gesichtspunkten Homeoffice und Digitalisierung die Folgerungen zu ziehen, wann denn sonst? Dementsprechend wird es auch zu Veränderungen bei der Struktur der vorgehaltenen Arbeitsplätze kommen. Die Kreisverwaltung ist einer der am schnellsten wachsenden Arbeitgeber in Plön. Sie wuchs 2019 auf eine Rekordgröße, das hat auch die Politik gebilligt. Wo sollen die Mitarbeiter arbeiten wenn nicht im geplanten Anbau? Dem Kreis gehört die GTZ-Immobilie in Schwentinental. Dort könnten Teile der Verwaltung arbeiten, zumal im engen und erweiterten Radius viele Einwohner des Kreises wohnen. Zudem liegt Schwentinental verkehrsgünstig. Moderne Verwaltung muss offen sein für Neues. Lässt sich schon beziffern, welche finanziellen Folgen die Corona-Krise für den Kreis Plön hat? Genau lässt sich das derzeit nicht einschätzen. Sicher scheint mir aber, dass die Steuereinnahmen und damit auch die kommunalen Einnahmen vorerst sinken werden. Bei den nächsten Haushaltsplanungen ist Vorsicht geboten. Wichtig ist, dass wirtschaftliche Tätigkeit in Gang bleibt beziehungsweise wieder kommt. Dafür habe ich mich eingesetzt. Wirtschaftliche Schwerpunkte unseres Kreises sind der Tourismus, die Gastronomie, Dienstleistungen und Handwerk. Zudem haben wir natürlich viele Pendler, die vor allem in größeren Unternehmen außerhalb des Kreises oder selbständig arbeiten. Auch ein Teil dieser Betriebe kämpft mit Corona-Folgen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz will armen Kommunen die Altschulden erlassen. Was halten Sie von dem Vorschlag? Ich halte ihn nicht für zielführend, weil damit vor allem die Altschulden, die große Städte gemacht haben, abgetragen würden. Wir würden davon bei uns kaum profitieren. Und der entscheidende Punkt ist, dass die Länder es zur Hälfte finanzieren sollen. Schleswig-Holstein könnte das finanziell zusätzlich gar nicht stemmen. Ich finde es besonders kritikwürdig, dass ohne überhaupt mit den Ländern und Kommunen darüber zu sprechen, solch ein Vorschlag in die Welt gesetzt wird. Sicherlich auch ein Versuch, wenn ich an Nordrhein-Westfalen und die Landesvereinigung denke, für die SPD-Seele etwas zu tun. Denn dort sind ja häufiger auch große Städte, die sozialdemokratisch regiert werden. Kennen Sie schon die Post aus dem Newsroom? Den kostenfreien Newsletter der Kieler Nachrichten versenden wir Mo-Fr ab 17 Uhr. Hier können Sie sich für unser Mailing anmelden. Sie interessieren sich für Holstein Kiel? Dann melden Sie sich hier für den Newsletter " Holstein Kiel - Die Woche " kostenfrei an. Versand: jeden Freitag, 11.30 Uhr. Was schlagen Sie vor? Wenn der Bund mehr helfen sollte, dann müsste er strukturell mehr helfen. Er müsste künftige Leistungen dauerhaft übernehmen, nicht immer nur für zwei oder drei Jahre oder mit einem Topf von zwei bis drei Milliarden. Das hört sich dann immer großartig an, aber am Ende müssen dann immer die Kommunen einspringen. Bund und Länder einigten sich im März darauf, die Gesundheitsämter personell zu verstärken. Pro 20 000 Einwohner soll ein Team aus fünf Mitarbeitern bereitstehen, um Kontakte von Corona-Infizierten nachzuverfolgen. Zahlt der Bund genug dafür? Da ist noch nicht ausreichend Klarheit. Es sind ja seit März nach meiner Kenntnis eine Reihe von Mitarbeitern aus der Plöner Kreisverwaltung schon im Gesundheitsamt tätig gewesen, um Infektionswege zu erkennen. Mit gutem Erfolg. Für den Kreis Plön würde ein Verhältnis von 20 000 Einwohner zu fünf Beschäftigten mehr als 30 neue Mitarbeiter im Gesundheitsamt bedeuten. Wie lange? Ein Jahr? Woher bekommen wir neue Mitarbeiter? Wenn Bund und Land etwas veranlassen, sind sie auch für die Finanzierung zuständig. Mehr aus dem Kreis Plön lesen Sie hier. 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