Plön: Marcussen-Orgel in der Johanniskirche hat einen besonderen Standort

Die Johanniskirche in Plön steht seit 1685 auf der kleinen Anhöhe unterhalb des Schlosses. Es ist das älteste Gotteshaus in Plön. Und im Vergleich zur großen Nikolaikirche am Markt ist sie geradezu winzig. Kantor Henrich Schwerk spielt am liebsten die große Orgel in der Nikolaikirche, „den Mercedes“, wie er selber sagt. 53 Jahre jung, gut gepflegt. Die Orgel in der Johanniskirche schätzt er aber auch – als besonders, als speziell und auf jeden Fall liebenswürdiger als die Orgeln in der Plöner Osterkirche oder in der Kirche Niederkleveez. „Das sind eher Arbeitspferde“, erklärt er salopp. Der Organist sitzt neben dem Instrument, nicht davor: Es ist eine Marcussen-Orgel, kommt also aus dem dänischen Apenrade. Das Familienunternehmen wurde 1806 gegründet. Und es hat auch die repräsentativen Instrumente für Schleswig, St. Nicolai in Kiel, Gettorf oder Segeberg gebaut. Schwerk erklärt eine Besonderheit der Johanniskirchen-Orgel: „Sie ist seitenspielig, der Organist sitzt neben der Orgel und nicht davor.“ Die Abstrakte, die den Tastendruck zu den Ventilen übertragen, werden mit Winkeln und Zügen einfach umgeleitet. Standort über dem Altar ist etwas Besonderes: „Auch der Standort über dem Altar ist besonders“, sagt er. In der Festschrift zum 325. Geburtstag der Johanniskirche heißt es, dass das in der Mitte des 18. Jahrhunderts in Schleswig-Holstein eine weit verbreitete Praxis war, es brachte „die Nähe von Sakrament und der Verkündung durch Wort und Musik zum Ausdruck“. „Das adelt die Musik“, erklärt auch Schwerk. Lesen Sie auch: Satter Klang im romantischen Stil Diesen Standort über dem Altar hatte schon die Vorgängerorgel in der Johanniskirche, die 1785 von Johann Daniel Busch gebaut wurde. Auch diese Orgel war nicht die erste in dem Gotteshaus. In Kirchenrechnungen von 1701 ist von einem Positiv (also einer kleinen Orgel) die Rede. 1781 bekam die Kirche auf Vermittlung von Johann David Busch dann ein kleines Positiv aus Kiel. Als Interimslösung, denn vier Jahre später folgte dann ja der Neubau von Busch. Der Vorgänger spielte hinterm Vorhang: 1845, 60 Jahre später, hielt dann die Marcussen-Orgel Einzug. Vermutlich, weil sich inzwischen der Musikgeschmack sehr verändert hatte. Was blieb, war der Standort über dem Altar. „Als ich 1994 nach Plön kam, habe ich erst mal den kleinen Vorhang an der Orgel abgeschraubt“, erzählt Schwerk. Sein Vorgänger hatte ihn offensichtlich angebracht, um vor den Blicken der Gemeinde geschützt zu sein. Seitdem wird der Organist wieder gesehen und kann die Kirche überblicken. Per Muskelkraft kam früher der Wind zu den Pfeifen: Die Orgel thront in Türkis über dem Altar. Sie hat sieben Register, 56 Tasten und etwa 500 bis 600 Pfeifen. Das Pedal ist angehängt, hat also keine eigenen Pfeifen. Der Organist sitzt auf einer Holzbank. Schwerk erklärt, dass alles andere als komplizierte Technik hier am Werk ist. „Es ist schlichte Technik, aber große Kunst des Orgelbauers.“ Mechanik ist das große Geheimnis. Wie bekommt man den Wind in die Pfeifen? Früher ging das per Muskelkraft. „Jemand musste die Bälge treten. Man fragt sich schon, wie das gewesen ist. Wer dazu wohl verdonnert wurde?“, überlegt der Kantor. Die alte Balgkammer gibt es noch. Die Windlade, Teile der Mechanik und wenige Pfeifen sind von früher erhalten. Demnächst muss die Orgel wieder generalüberholt werden: Einmal im Jahr wird die Orgel gestimmt. Alle 20 bis 25 Jahre braucht sie eine Generalüberholung. Die letzte war 1992. „Hier und da quietscht es“, sagt Schwerk, und die Staubschicht im Inneren der Orgel ist unschwer zu erkennen. Pro Register, so schätzt der Kantor, kostet die Restaurierung vielleicht 2500 Euro. „Dann wird alles auseinandergenommen“, sagt er. In ein oder zwei Jahren dürfte es wohl soweit sein. Lesen Sie auch: Eine Diva von nordischer Klarheit 1986 hatte übrigens ein Orgelsachverständiger der Orgel in ihrer Anlage Denkmalwürdigkeit bescheinigt. Im Dezember 2017 wurden Orgelbau und Orgelmusik als Immaterielles Kulturerbe der Menschheit anerkannt. Jetzt ist die Orgel Instrument des Jahres. Wenn Corona es wieder erlaubt, sind in Plön Veranstaltungen rund um die Orgeln geplant. In der Johanniskirche kammermusikalische Konzerte – „die Atmosphäre ist wichtig“, so Schwerk und greift in die schwarzen Tasten. Für seine besonderen Verdienste um die Kirchenmusik wurde er übrigens vor 15 Jahren zum Kirchenmusikdirektor ernannt. Seit 2017 ist Henrich Schwerk stellvertretender Landeskirchenmusikdirektor für Schleswig und Holstein.