Die Spielregeln sind einfach. Moderator Björn Högsdal, der seit 2009 den Poetry Slam in Schleswig-Holstein etablierte, erklärt es. Nur eigene Texte. Keine Verkleidungen. Das Publikum entscheidet durch die Lautstärke seines Applaus, welcher Wortspieler gewonnen hat. Und der ideale Vortrag sehe so aus: „Der Text ist so gut, dass er auf dem Mond projeziert wird, damit die ganze Welt ihn lesen kann.“
Die Abenteuer einer Kassiererin an der Supermarkt-Kasse
Einer der Höhepunkte des Abends ist die Geschichte der späteren Siegerin Selina Seemann, die Beobachtungen aus der Zeit schildert, als sie aus Aushilfe bei Rewe an der Kasse saß. „Nichts davon ist ausgedacht.“ Eine Kundin regt sich enorm über einen angeblichen falschen Preis auf, der sich nach einer Prüfung doch als richtig entpuppt. Eine anderer Käuferin sinniert beim Bezahlen ansatzlos vor sich hin: „Napoleon, Hitler. Alle sind an Russland gescheitert.“ Eine christliche Sekte schiebt ihr einen Werbezettel zu mit der Anleitung zum Glücklichsein mit Gott. Sie sehe ja so schön aus, dass es eine Sünde wäre, wenn sie in die Hölle käme, sagen die überzeugten Gläubigen. Die Endrunde gewinnt sie mit einem nachdenklichen Text über den Rechtsruck in Deutschland. „Der Mantel des Schweigens ist drei Nummern zu groß.“ Einen Rassisten müsse man auch einen Rassisten nennen dürfen.
Eine Rede gegen die Neu-Rechten
In der Endrunde kommt Michel Kühn aus Kiel auf den zweiten Platz. In der Vorrunde glänzt der Student der Geo-Wissenschaften, der mit Slammen aber sein Geld verdient, mit der Geschichte „Gestein sein – eine Tragödie in drei Bruchstücken“. In der Endrunde widmet auch er sich der erstarkten Rechten und den Verschwörungstheoretikern. „Alles ist von denen da oben gefälscht“ - das sagten die, die nicht über ihren eigenen Tellerrand hinausschauen könnten. Wie schön wäre es, die Neu-Rechten in Deutschland in Otter zu verwandeln.