Postseefeldmark: Halbwilde Galloways zur Blutabnahme beim Rindertierarzt

Erst beim dritten Versuch an drei Tagen ist es Hans-Georg Becker gelungen, die Herde in das Fanggatter zu treiben. Eine echte Herausforderung, denn die halbwilden Galloways sind sehr sensibel und reagieren extrem auf fremde Menschen. Im engen Fanggatter werden sie schnell unruhig. Ein großer Ballen Silage diente als Lockmittel – jetzt stehen 48 schwarzgelockte Galloways huftief im Schlamm und beäugen misstrauisch das Geschehen. Becker betreut als Tiermanager seit 13 Jahren die Mutterkuhherde von Landwirt Christoph Donath-Totzke. Er ist der einzige, der sich zu den Robustrindern in das Fanggatter traut. Mitarbeiter vom Lindenhof stehen außerhalb der Gitter Wache, um die halbwilden Rinder zu beobachten, während Hans-Georg Becker innerhalb des Fanggatters aus Gittern eine Ecke abtrennt. Seine Gummistiefel versinken im Morast. Es hat tagelang geregnet. „So ist es leichter, sie einzeln zu fangen, um sie dann in den Behandlungsstand zu schieben“, erklärt der 69-jährige Tiermanager. Ohrmarken werden mit der Zange gesetzt: Das Wildniskonzept, auf einer großen, umzäunten Fläche die Robustrinder weitgehend ihrem Schicksal zu überlassen, ist unter den derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen in Deutschland nicht realisierbar. Als Haustiere obliegen die Rinder der Kennzeichnungspflicht. Für Becker bedeutet das während der Kalbungszeit zeitaufwendige Kontrollgänge auf dem 90 Hektar großen Gelände, denn nach sieben Lebenstagen muss er die Ohrmarken setzen. Manchmal gingen diese verloren, erklärt Becker, dann müsse er sie ersetzen. Er zeigt auf zwei Kühe, denen beide Ohrmarken fehlen. „Das ist die 589 und die 647, die kriegen heute neue.“ Wie er die vierbeinigen Rasenmäher unterscheiden kann? „Die sind alle Individuen“, sagt Becker und lacht. „Der Blick dafür ist mir angeboren.“ Wenn er später im Behandlungsstand die Ohrmarken mit der Zange setzt, muss er aufpassen. „Wenn ein Rind den Kopf hochschlägt, kann ich mir zwischen den Gittern leicht den Arm brechen.“ Der Tierarzt braucht nur zur vorgeschriebenen Blutentnahme einmal im Jahr zu kommen, denn die Weidetiere sind praktisch nie krank. BHV1 ist anzeigepflichtige Tierseuche: Fachtierarzt Dr. Lars Krüger erklärt: „Das Bovine Herpesvirus Typ 1 gehört zu den anzeigepflichtigen Tierseuchen. Deutschland gilt als frei von BHV1.“ Das Virus mache grippeartige Symptome, hohes Fieber und könne auf Atemwege und Lunge gehen. Es könne zum Verlust des Kalbes kommen. „Deshalb müssen Milchviehhalter und Mutterkuhhalter einmal im Jahr diese Routineuntersuchung über das Blut machen lassen“, so der Nortorfer, der auf die tierärztliche Betreuung von Rinderherden spezialisiert ist. „Denn würde das Herpesvirus wieder ausbrechen, müsse schnell gehandelt werden.“ Nach der BHV1-Verordnung dürfen Zucht- und Nutzrinder aus einem Bestand nur in einen anderen verbracht werden, wenn sie durch die amtstierärztliche Bescheinigung begleitet werden. Im Behandlungsstand muss es schnell gehen: Dann geht es los. Während Lukas Szprega vom Lindenhof mit dem Gitter die Gallowaykühe in die Enge treibt, schieben Becker und Krüger das erste Rind in den Behandlungsstand. Das hintere Tor fällt. Jetzt muss es schnell gehen. Mit der Spritze im Mund hebt der Fachtierarzt den Schwanz, um unter der Schwanzwurzel das Blut zu ziehen. Mutterkuhhalter Christoph Donath-Totzke gießt ein Mittel gegen Endo- und Ektoparasiten über den Rücken. „Gegen Nematoden, Läuse und Haarlinge“, erklärt er. Olaf Herbst öffnet das Vordertor und schon galoppiert das Rind in die Freiheit. Aber nicht alle der 58 Tiere dürfen zurück in die Weidelandschaft. „Wir müssen die 19 Kälber absetzen, das heißt, nach acht Monaten werden sie den Müttern weggenommen“, erklärt Hans-Georg Becker. „So können sich die Kühe auf das nächste zu erwartende Kalb vorbereiten.“ Gut zwei Stunden hat die Aktion im Fangstand gedauert. Die 19 Kälber werden mit einem Hänger in den Stall gebracht. „Würden wir sie auf eine andere Koppel stellen, wäre das Geschrei des Trennungsschmerzes so laut, dass die Mütter durch alle Zäune gehen würden.“ Nur ein Junges bleibt bei der Mutter, es ist erst sieben Monate alt. Die weiblichen Kälber bleiben zur Nachzucht, die Bullkälber gehen an einen Biobetrieb. Mehr aus dem Kreis Plön lesen Sie hier.

Preetzer Postseefeldmark - Halbwilde Galloways bei der Blutabnahme